Leitsatz

Pauschale Zuschläge können nach § 3b EStG steuerfrei sein, wenn sie als Abschlagszahlungen oder Vorschüsse auf Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntagsarbeit, Feiertagsarbeit oder Nachtarbeit gezahlt werden. Der fehlende Nachweis tatsächlich erbrachter Arbeitsleistungen kann nicht durch eine Modellrechnung ersetzt werden.

 

Normenkette

§ 3b EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger beschäftigt u.a. Arbeitnehmer als Betreuer von Kleingruppen als Hilfe zur Erziehung in familienähnlichen und sonstigen betreuten Wohnformen. Die Betreuer leben mit bis zu sieben Betreuten – zumeist aus schwierigen sozialen Verhältnissen entstammenden oder straffällig gewordenen Kindern und Jugendlichen – in einer Wohnung zusammen.

Neben anderen ist auch die Betreuerin S als Erzieherin beim Kläger angestellt, nach deren formularmäßigem "Dienstvertrag" eine pauschale Abgeltungsregelung über Nachtarbeitszuschläge für 80 Stunden/Monat, Sonntagszuschläge für 16 Stunden/Monat sowie Feiertagszuschläge für 4 Stunden/Monat getroffen wurde. Grundlage dieser pauschalen Abgeltungsregelung bildet eine kalkulatorische Modellrechnung des Klägers, wonach die Betreuer 650 Stunden Nachtarbeit, 656 Stunden Sonntagsarbeit sowie 120 Stunden Feiertagsarbeit pro Jahr zu erbringen haben.

Auf dieser Grundlage zahlte der Kläger im Streitjahr 1998 an S – neben dem Gehalt – einen steuerfreien Zuschlag in dreizehn gleichen Monatsbeträgen, ohne dass insoweit Aufzeichnungen über tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gefertigt oder Schicht- und Dienstpläne geführt wurden. Das FA verneinte die Steuerfreiheit der Zuschläge und nahm den Kläger gem. § 42d EStG in Haftung.

Der dagegen erhobenen Sprungklage gab das FG mit der Begründung statt, die im Regelfall erforderlichen Einzelaufzeichnungen könnten auch durch eine schlüssige Modellrechnung ersetzt werden. Dagegen richtet sich die Revision des FA.

 

Entscheidung

Der BFH hat wie das FA die Steuerfreiheit der gezahlten Zuschläge nach § 3b EStG verneint und die Inanspruchnahme des Klägers als ermessensfehlerfrei bestätigt, weil das FA dem Kläger bereits im Jahr 1993 mitgeteilt habe, dass ohne Einzelaufzeichnungen der tatsächlich geleisteten Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit eine Steuerfreistellung nicht möglich sei.

 

Hinweis

1. Nach § 3b EStG sind neben dem Grundlohn gewährte Zuschläge nur dann steuerfrei, wenn sie für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt worden sind (vgl. BFH, Urteil vom 26.10.1984, VI R 199/80, BStBl II 1985, 57) und dies durch Einzelaufstellungen der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden zu den begünstigten Zeiten nachgewiesen wird (BFH, Urteil vom 28.11.1990, VI R 90/87, BStBl II 1991, 293). Demgegenüber können pauschale Zuschläge, die dem Arbeitnehmer ohne Rücksicht auf die Höhe der tatsächlich erbrachten Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden, dann steuerfrei sein, wenn und soweit sie nach dem übereinstimmenden Willen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber als bloße Abschlagszahlungen oder Vorschüsse auf später einzeln abzurechnende Zuschläge geleistet werden (BFH, Urteil vom 23.10.1992, VI R 55/91, BStBl II 1993, 314).

2. Fehlen diese Voraussetzungen für eine Pauschalierung – wie im Streitfall –, kann der notwendige Einzelnachweis der (begünstigten) Arbeitsstunden durch eine Schätzung – wie hier aufgrund einer Modellrechnung – nicht ersetzt werden. Denn eine modellhafte Betrachtung vermag regelmäßig nicht auszuschließen, dass Zuschläge über die tatsächlich geleistete Arbeit hinaus steuerfrei gestellt werden. Die deshalb unvermeidliche Einzelnachweisung durch Anschreibungen der Arbeitszeiten ist nach Auffassung auch nicht unzumutbar.

Abgesehen davon können die Arbeitsvertragsparteien nach dem BFH, Urteil vom 28.11.1990, VI R 56/90 (BStBl II 1991, 298) von vornherein eine bestimmte monatliche Stundenzahl für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit sowie eines darauf bezogenen pauschalen Zuschlags vereinbaren und damit die Nachweisanforderungen problemlos und ohne Aufwand erfüllten.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.5.2005, IX R 72/02

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge