BMF, 20.01.2000, IV B 4 - S 1320 - 1/00

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder gelten für die Amtshilfe, die sich in- und ausländische Finanzbehörden bei der Steuererhebung leisten, die nachfolgenden Grundsätze. Dieses Schreiben gilt nicht für die in die Zuständigkeit der Zollverwaltung fallenden Abgaben.

 

1. Allgemeines

 

1.1 Zwischenstaatliche Amtshilfe bei der Steuererhebung

Die deutschen Finanzbehörden beanspruchen und gewähren zwischenstaatliche Amtshilfe bei der Steuererhebung nach Maßgabe der in diesem Schreiben dargestellten Grundsätze.

 

1.2 Rechtsgrundlagen

 

1.2.1 Überblick

Regelungen über die zwischenstaatliche Amtshilfe bei der Steuererhebung enthalten völkerrechtliche Vereinbarungen mit zahlreichen Staaten sowie Europäisches Unionsrecht (vgl. § 117 Abs. 2 AO). Die völkerrechtlichen Vereinbarungen werden durch Zustimmungsgesetz innerstaatliches Recht (Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 GG). Rechtsgrundlage für die Gewährung, von Amtshilfe bei der Steuererhebung nach Europäischem Unionsrecht ist das EG-Beitreibungsgesetz (EG-BeitrG).

 

1.2.2 Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA)

Die DBA mit Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und den USA enthalten Vereinbarungen über die Amtshilfe bei der Steuererhebung. Die Amtshilfe erfasst die Steuern, für die das jeweilige DBA gilt, in der Regel also die Einkommen- und Körperschaftsteuer, zum Teil auch die Gewerbe-, Vermögen-, Nachlass-/Erbschaft-/ Schenkung- und Grundsteuer, ausnahmsweise auch die Kirchensteuer (Anlage 1).

 

1.2.3 Amts- und Rechtshilfeabkommen

Vereinbarungen über die Amtshilfe bei der Steuererhebung enthalten die Amts- und Rechtshilfeabkommen mit Finnland, Italien und Österreich. Der Anwendungsbereich dieser Abkommen geht – mit Ausnahme von Italien – über die in den DBA genannten Steuern hinaus (Anlage 1).

 

1.2.4 EG-Beitreibungsrichtlinie (EG-BeitrRL) und EG-Beitreibungsgesetz (EG-BeitrG)

Die Finanzbehörden der Mitgliedstaaten der EU (derzeitige Mitgliedstaaten vgl. Anlage 1) leisten sich gegenseitig Amtshilfe bei der Steuererhebung nach Maßgabe der EG-BeitrRL sowie den dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen der EG-Kommission (Anlagen 7, 8). Die deutschen Finanzbehörden gewähren Amtshilfe bei der Steuererhebung nach dem EG-BeitrG (Anlage 1). Die Amtshilfe erstreckt sich auf die Umsatzsteuer (ohne Verspätungszuschläge) und Abgaben, die von Bundesfinanzbehörden verwaltet werden.

 

1.3 Arten der Amtshilfeersuchen

Folgende Ersuchen kommen in Betracht:

  • Vollstreckungsersuchen ;
  • Ersuchen um Sicherungsmaßnahmen (einschließlich Ersuchen zur Vollziehung des dinglichen Arrests);
  • Auskunftsersuchen zu Vollstreckungszwecken;
  • Zustellungsersuchen.
 

1.4 Zuständigkeiten

 

1.4.1 Grundsatz

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat seine Zuständigkeit für die zwischenstaatliche Amtshilfe bei der Steuererhebung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 FVG durch Erlass vom 13.12.1976, Z C 3 – O 1755 – 59/76 (BStBI 1977 I S. 33) auf das Bundesamt für Finanzen (BfF) übertragen. Das BfF übermittelt inländische Ersuchen an die zuständige ausländische Behörde und nimmt entsprechende ausländische Ersuchen entgegen. Es führt darüber hinaus den zur Abwicklung eines Ersuchens notwendigen Schriftverkehr mit den zuständigen ausländischen Behörden.

Die Finanzämter führen den direkten Schriftverkehr mit dem BfF stets über die Oberfinanzdirektion, die insbesondere die Einhaltung der Formvorschriften prüft.

Die Gemeinden stellen ihre Ersuchen direkt an das BfF.

 

1.4.2 Ausnahmen

Nach Artikel 4 Abs. 1 des deutsch-österreichischen Vertrages über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabesachen vom 4.10.1954, BStBl 1955 I S. 434, sind für die Entgegennahme und Übermittlung von Amtshilfeersuchen die Oberfinanzdirektionen zuständig. In dringenden Fällen können die Finanzämter auch unmittelbar miteinander verkehren (Artikel 4 Abs. 2 i.V.m. Artikel 13).

 

1.5 Steuergeheimnis

Das Steuergeheimnis steht einem Ersuchen (Tz. 1.3) an eine ausländische Finanzbehörde nicht entgegen. Die mit dem Ersuchen verbundene notwendige Mitteilung steuerlicher Verhältnisse ist nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO zulässig. Ebenso wenig verbietet das Steuergeheimnis die Erledigung ausländischer Ersuchen, sofern die Mitteilung steuerlicher Verhältnisse an die ausländische Finanzbehörde durch völkerrechtliche Vereinbarungen oder das EG-BeitrG ausdrücklich zugelassen ist (§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO).

Alle Angaben, die den deutschen Finanzbehörden im Zusammenhang mit einem Ersuchen zugehen, unterliegen dem Steuergeheimnis. Außerdem unterliegen sie dem besonderen Geheimhaltungsschutz der völkerrechtlichen Vereinbarungen und der EG-BeitrRL.

 

1.6 Verjährungsfragen

Die Verjährung richtet sich ausschließlich nach dem Recht des Staates, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat. Maßnahmen einer ausländischen (ersuchten) Behörde haben für die Unterbrechung der Verjährung (§ 231 AO) die gleiche Wirkung wie entsprechende Maßnahmen einer deutschen Finanzbehörde.

 

1.7 ...

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