Das Reihengeschäft ist in einem neuen Art. 36a MwStSystRL (als spezifische Regelung nahe den Ortsregelungen für Lieferungen), ohne eine Verknüpfung mit dem Institut des Zertifzierten Steuerpflichtigen, definiert worden. Art. 36a MwStSystRL enthält eine erstmalige EU-einheitliche Definition des Reihengeschäfts bzw. die Bestimmung, welcher Lieferung in der Kette die Warenbewegung zugeordnet wird. Die Regelung gilt aber (wie bereits nach dem Kommisionsvorschlag) nur für innergemeinschaftliche Reihengeschäfte, d. h. bei Reihengeschäften, bei denen der Abgangsort der Ware in einem EU-Mitgliedstaat und der Bestimmungsort der Ware in einem anderen EU-Mitgliedstaat liegt. Dies ergibt sich aus Art. 36a Abs. 1 MwStSystRL.

Werden dieselben Gegenstände nacheinander geliefert und werden diese Gegenstände aus einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat unmittelbar vom ersten Lieferer bis zum letzten Erwerber in der Reihe versandt oder befördert, so wird die Versendung oder Beförderung (grds.) nur der Lieferung an den Zwischenhändler zugeschrieben. Dies bedeutet, dass die warenbewegte Lieferung grundsätzlich die Lieferung an den (ersten) Zwischenhändler ist.

Davon abweichend wird nach Art. 36a Abs. 2 MwStSystRL die Versendung oder Beförderung (nur) der Lieferung durch den Zwischenhändler zugeschrieben, wenn der Zwischenhändler seinem Lieferer die USt-IdNr. mitgeteilt hat, die ihm vom Mitgliedstaat, aus dem die Gegenstände versandt oder befördert werden (Abgangsmitgliedstaat), erteilt wurde.

Als Zwischenhändler für Zwecke der Reihengeschäftsregelung gilt nach Art. 36a Abs. 3 MwStSystRL ein Lieferer innerhalb der Kette (mit Ausnahme des ersten Lieferers), der die Gegenstände selbst oder auf seine Rechnung durch einen Dritten versendet oder befördert.

Art. 36a MwStSystRL regelt somit hinsichtlich der Zuordnung der Warenbewegung explizit nur den Fall, dass ein Zwischenhändler für den Warentransport verantwortlich ist und gleichzeitig mit der USt-IdNr. des Abgangsmitgliedstaates auftritt.

Wird der Transport vom ersten Lieferer in der Kette oder vom letzten Abnehmer veranlasst, ergibt sich im Zusammenwirken der Bestimmungen von Art. 36a MwStSystRL und der Steuerbefreiungsregelung für innergemeinschaftliche Lieferungen in Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL, dass es für die Zuordnung der Warenbewegung ebenfalls auf diese Transportveranlassungen ankommt. Denn Art. 36a MwStSystRL stellt auf die Transportveranlassung durch einen Zwischenhändler ab und Art. 138 Abs. 1 MwStSystRL setzt für die Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung eine Transportveranlassung durch einen der beiden an dem Liefergeschäft Beteiligten voraus. Nach der Definition einer innergemeinschaftlichhen Lieferung in Art. 138 MwStSystRL ist es nicht möglich, dass bei einer bilateralen Lieferbeziehung der Transport durch eine dritte Person (ohne Auftrag von einer der beiden Lieferparteien) veranlasst wird. Somit kann eine Transportveranlassung durch den ersten Lieferer oder durch den letzten Abnehmer in einem Reihengeschäft nicht anders beurteilt werden als in einem entsprechenden bilateralen Liefergeschäft. Dies führt dazu, dass die Behandlung von innergemeinschaftlichen Reihengeschäften nahezu identisch ist mit der bis 31.12.2019 in Deutschland bestehenden Rechtslage, wie sie in Abschn. 3.14. UStAE skizziert ist. Die Reihengeschäftsregelung ist in Deutschland zum 1.1.2020 in § 3 Abs. 6a UStG umgesetzt worden.

 
Praxis-Beispiel

3 Lieferungen zwischen 4 Lieferparteien (A, B, C und D), ansässig in 4 Mitgliedstaaten (MS)

In einem Reihengeschäft zwischen den Unternehmern A (erster Lieferer), B (Zwischenhändler I), C (Zwischenhändler II) und D (Endabnehmer) wird ein und derselbe Gegenstand verkauft. A ist in DE ansässig, B in BE, C in FR und D in ES. Der Liefergegenstand gelangt unmittelbar von DE nach ES. C veranlasst den Warentransport.

Alternative a: C verwendet gegenüber B eine ihm von ES erteilte USt-IdNr.

In diesem Fall ist die warenbewegte Lieferung die Lieferung von B an C, steuerbar in DE (dort Beginn der Beförderung/Versendung, Art. 32 MwStSystRL), die unter den Voraussetzungen von Art. 138 MwStSystRL (bzw. § 6a UStG) als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei ist. C hat in ES einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern (Art. 40 MwStSystRL). Die Lieferung von A an B ist steuerbar und steuerpflichtig in DE (Art. 31 MwStSystRL, ruhende Lieferung). Die Lieferung von C an D ist steuerbar und steuerpflichtig in ES (Art. 31 MwStSystRL, ruhende Lieferung).

Alternative b: C verwendet gegenüber B eine ihm durch DE erteilte USt-IdNr.

In diesem Fall ist die warenbewegte Lieferung die Lieferung von C an D (Art. 36a, steuerbar in DE, da dort der Beginn der Beförderung/Versendung ist, Art. 32 MwStSystRL), die unter den Voraussetzungen von Art. 138 MwStSystRL (bzw. § 6a UStG) als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei ist. D hat in ES einen innergemeinschaftlichen Erwerb zu versteuern (Art. 40 MwStSystRL). Die Lieferung von A an B ist steuerbar und steuerpf...

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