Die wichtigsten Änderungen seit 1.7.2021 sind kurz gefasst folgende:

  • Erweiterung des OSS auf alle "grenzüberschreitenden" Dienstleistungen und innergemeinschaftliche Fernverkäufe.
  • Verlängerung der Frist zur Abgabe der OSS-Steuererklärung bis zum Ende des Monats, der auf den Steuerzeitraum folgt.
  • Ausweitung der o. g. Umsatzgrenze für Kleinstunternehmen (10.000 EUR netto) auf grenzüberschreitende Fernverkäufe innerhalb der EU.
  • Einführung eines vereinfachten Systems zur Erklärung der EUSt mit Verlagerung von Verantwortung auf die Postdienstleister bzw. Carrier für Fernverkäufe von Gegenständen mit einem Wert bis 150 EUR aus dem Drittland (= Einfuhrsendungen) mit Optionsmöglichkeit zur Nutzung des OSS bei gleichzeitiger Streichung der Steuerbefreiung für Importe von Kleinsendungen bis 22 EUR aus Drittstaaten (sog. Import-OSS).
  • Einbeziehung elektronischer Plattformen (Betreiber von elektronischen Marktplätzen) in die mehrwertsteuerliche Leistungskette.

1.2.1 Abschaffung der bisherigen sog. Versandhandelsregelung und Einführung neuer Fernverkaufsregelungen

Nach bisherigem Recht[1] galt eine besondere Bestimmung des Orts einer grenzüberschreitenden Lieferung innerhalb der EU für die Fälle, in denen der Lieferer Gegenstände – ausgenommen neue Fahrzeuge i. S. v. § 1b Abs. 2 und 3 UStG – in einen anderen EU-Mitgliedstaat befördert oder versendet und der Abnehmer einen innergemeinschaftlichen Erwerb nicht zu versteuern hatte (sog. Versandhandelsregelung). In diesen Fällen war die Lieferung in dem EU-Mitgliedstaat als ausgeführt zu behandeln, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands endet, wenn der Lieferer die maßgebende Lieferschwelle überschreitet oder auf deren Anwendung verzichtet.

Seit 1.7.2021 ist diese Versandhandelsregelung für grenzüberschreitende innergemeinschaftliche Versendungslieferungen an Nichtunternehmer, die bei Lieferumfängen oberhalb der von dem jeweiligen Bestimmungsmitgliedstaat festgelegten Lieferschwelle zur Verlagerung des Lieferorts in den Bestimmungsmitgliedstaat führte, entfallen. Sie wurde ersetzt durch eine neue sog. Fernverkaufsregelung in zweifacher Ausprägung:

  • Innergemeinschaftlicher Fernverkauf von Gegenständen (als Ersatz für die vorherige Versandhandelsregelung, d. h. zwar weiterhin mit der Verlagerung des Lieferorts in den Bestimmungsmitgliedstaat, abgesehen von der Sachwertregelung in Art. 33 Buchst. c MwStSystRL, jedoch  grds. unabhängig von den bisherigen Lieferschwellen un versehen mit einer neuen Schwellenwertregelung) und
  • Fernverkauf von aus Drittgebieten oder Drittländern eingeführten Gegenständen.

Nicht unter diese Fernverkaufsregelungen des Art. 33 MwStSystRL fallen (wie vorher auch für die Versandhandelsregelung ausgenommen) Lieferungen von Gebrauchtgegenständen, Kunstgegenständen, Sammlungsstücken und Antiquitäten, sowie die Lieferungen von Gebrauchtfahrzeugen, die den eigens für diese geltenden Differenzbesteuerungsregelungen unterliegen

[1] In Deutschland: § 3c UStG.

1.2.2 Innergemeinschaftlicher Fernverkauf von Gegenständen

Als innergemeinschaftlichen Fernverkauf von Gegenständen definiert Art. 14 Abs. 4 Nr. 1 MwStSystRL die Lieferung von Gegenständen, die durch den Lieferer oder für dessen Rechnung von einem anderen Mitgliedstaat als dem der Beendigung der Versendung oder Beförderung an den Erwerber aus versandt oder befördert werden, einschließlich jene (Gegenstände), an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist, wenn folgende Bedingungen kumulativ erfüllt sind:

  • die Lieferung der Gegenstände wird an einen Nichtunternehmer bewirkt
  • die gelieferten Gegenstände sind weder neue Fahrzeuge noch Gegenstände, die mit oder ohne probeweise Inbetriebnahme durch den Lieferer oder für dessen Rechnung montiert oder installiert geliefert werden.

Insoweit gleicht dies der vorherigen Versandhandelsregelung. Neu ist aber, dass die Fernverkaufsregelung auch für Lieferungen von Gegenständen gilt, an deren Beförderung oder Versendung der Lieferer indirekt beteiligt ist. Dies betrifft die Fälle, in denen ein anderer Unternehmer im Namen des eigentlich Liefernden befördert oder versendet, z. B. wenn der Betreiber einer Internet-Plattform, über die der liefernde Unternehmer seine Ware vertreibt, den Versand der Ware an den Privatkunden organisiert. Als umsatzsteuerlichen Lieferort des innergemeinschaftlicher Fernverkaufs von Gegenständen regelt Art. 33 Buchst. a MwStSystRL den Ort, an dem sich die Gegenstände bei Beendigung der Versendung oder Beförderung an den Erwerber befinden (der Ort der Lieferung liegt somit im Bestimmungsmitgliedstaat).

Auf die Überschreitung von Lieferschwellen im Bestimmungsmitgliedstaat kommt es seit 1.7.2021 nicht mehr an, d. h. der Ort genzüberschreitender Warenlieferungen innerhalb der EU an Nichtunternehmer (insbesondere Privatpersonen) liegt grundsätzlich im Bestimmungsmitgliedstaaat, mit der Folge dass der liefernde Unternehmer sich dort für MwSt-Zwecke erfassen lassen müsste. Allerdings wird dem Unternehmer seit 1.7.2021, wie vorher seit dem 1.1.2019 für E-Leistungen, auch für Fernverkäufe von Gegenständen die Möglichkeit eröffnet, den MOSS (seit 1.7.2021: OSS, da nun kein Mini-One-St...

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