Leitsatz

Übt ein in Niedersachsen ausgebildeter und nach dortigem Landesrecht anerkannter medizinischer Fußpfleger seine Tätigkeit in Nordrhein-Westfalen aus, das entsprechende Bestimmungen nicht kennt, so ist der Fußpfleger – jedenfalls mangels einer Überwachung durch die staatlichen Gesundheitsämter – gewerblich tätig.

 

Normenkette

§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 2 Abs. 1 GewStG

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte eine zweijährige Ausbildung an der Fachschule für medizinische Fußpflege des Zentralverbands der Fußpfleger Deutschlands e.V. erfolgreich abgeschlossen. Anschließend war er 1985 in Niedersachsen als medizinischer Fußpfleger staatlich anerkannt worden. 1986 ließ er sich in Nordrhein-Westfalen als Fußpfleger nieder. Das FA erkannte ihn nicht als Freiberufler an. Klage und Revision gegen die Gewerbesteuer-Messbescheide hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH hielt die Tätigkeit eines medizinischen Fußpflegers für keinen dem Heilpraktiker oder Krankengymnasten i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ähnlichen Beruf, weil es an der staatlichen Erlaubnis und Überwachung durch die Gesundheitsämter fehle. Dies gelte jedenfalls für den in Nordrhein-Westfalen tätigen Kläger, auch wenn er nach dem Recht des Landes Niedersachsen dort staatlich anerkannt worden sei.

 

Hinweis

1. Durch die Einführung der Tarifkappung für gewerbliche Einkünfte nach § 32c EStG a.F. im Jahr 1994 und die GewSt-Anrechnung nach § 35 EStG im Jahr 2001 ist die Benachteiligung gewerblicher Einkünfte durch die GewSt-Pflicht zwar reduziert worden. Eine vollständige Beseitigung würde nur die Abschaffung der GewSt bewirken. Deshalb besteht weiter ein Interesse daran, nicht als Gewerbetreibender, sondern als Freiberufler behandelt zu werden. Für neue Berufe ist dies allerdings schwierig, weil diese nur dann als freie Berufe anerkannt werden, wenn sie den sog. Katalogberufen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ähnlich sind. Dazu verlangt der BFH:

  • Mit dem Katalogberuf vergleichbare Ausbildung,
  • Nachweis der für den neuen Beruf erforderlichen Kenntnisse,
  • Tätigkeit, die von den berufstypischen Tätigkeitsmerkmalen geprägt ist,
  • Zulassung und Überwachung der Berufstätigkeit, soweit dies auch für den Katalogberuf gilt.

2. Die in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aufgeführten Heilberufe und Heilhilfsberufe zeichnen sich sämtlich durch ein Zulassungserfordernis und die Überwachung durch die Gesundheitsbehörden aus. Deshalb wird eine nicht zulassungsbedürftige und überwachte Tätigkeit vom BFH nicht als ähnlicher freier Beruf anerkannt.

Der Beruf des medizinischen Fußpflegers ist derzeit noch nicht bundesweit als zulassungspflichtiger und überwachter Heilhilfsberuf anerkannt. Es befindet sich allerdings ein Gesetzentwurf für eine bundeseinheitliche Regelung des sog. "Podologen" im Gesetzgebungsverfahren (BT-Drucks. 14/5593). Sollte ein entsprechendes Gesetz verabschiedet werden, wären Podologen künftig wohl als Freiberufler anzuerkennen.

Zurzeit besteht allerdings die merkwürdige Konstellation, dass der Beruf des medizinischen Fußpflegers nur in einigen Bundesländern gesetzlich geregelt ist und dort einer Zulassung bedarf und der Gesundheitsüberwachung unterliegt. In einem solchen Land (Niedersachsen) hatte der Kläger seine Ausbildung absolviert und war anerkannt worden. Der BFH wäre in Argumentationsschwierigkeiten geraten, wenn sich der Kläger auch in Niedersachsen niedergelassen hätte. Denn bezogen auf das Land wäre der Beruf mit dem des Krankengymnasten wohl vergleichbar gewesen. Weil der Kläger aber in einem anderen Bundesland praktizierte, in dem eine solche Regelung nicht galt und in dem er keiner Überwachung unterlag, fehlte es an einer mit dem Krankengymnasten vergleichbaren Tätigkeit. Damit brauchte der BFH nicht zu der bisher ungeklärten Frage Stellung zu nehmen, ob ein Beruf in einem Bundesland als freier Beruf anerkannt werden kann.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.11.2001, IV R 65/00

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