BMF, 26.6.2009, IV B 9 - S 7170/08/10009

 

1. Allgemeines

1

(1) Durch die Neuregelung des § 4 Nr. 14 UStG zum 1.1.2009 werden ambulante wie auch stationäre Leistungen, die der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln von Krankheiten oder anderen Gesundheitsstörungen dienen, in einer Befreiungsvorschrift zusammengefasst.

2

(2) Die bisherige Steuerbefreiung im § 4 Nr. 14 UStG wird – unter Übernahme der Terminologie des Artikels 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL – in dem neuen § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG für Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin im Rahmen der Ausübung einer heilberuflichen Tätigkeit fortgeführt. Unter Übernahme der Terminologie des Art. 132 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL fasst die neue Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG für Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen in Einrichtungen mit sozialer Zweckbestimmung die bisherigen Befreiungsvorschriften nach § 4 Nr. 16 Buchst. a bis c UStG zusammen und entwickelt sie weiter.

3

(3) Kriterium für die Abgrenzung der Anwendungsbereiche von § 4 Nr. 14 Buchst. a und Buchst. b UStG ist weniger die Art der Leistung als vielmehr der Ort ihrer Erbringung. Während Leistungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG aus einer Gesamtheit von ärztlichen Heilbehandlungen in Einrichtungen mit sozialer Zweckbestimmung bestehen, ist § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG auf Leistungen anzuwenden, die außerhalb von Krankenhäusern oder ähnlichen Einrichtungen im Rahmen eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Patienten und Behandelndem, z.B. in Praxisräumen des Behandelnden, in der Wohnung des Patienten oder an einem anderen Ort erbracht werden (vgl. EuGH-Urteil vom 6.11.2003, C-45/01, EuGHE 2003 I S. 12911).

4

(4) Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG zeichnen sich dadurch aus, dass sie in Einrichtungen mit sozialer Zweckbestimmung, wie der des Schutzes der menschlichen Gesundheit, erbracht werden. Krankenhausbehandlungen und ärztliche Heilbehandlungen umfassen in Anlehnung an die im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung) bzw. Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI – Soziale Pflegeversicherung) und im Strafvollzugsgesetz (StVollzG) definierten Leistungen u.a. Leistungen der Diagnostik, Befunderhebung, Vorsorge, Rehabilitation, Geburtshilfe und Hospizleistungen (siehe auch Rz. 37 ff.).

5

Umfang der Steuerbefreiung

(1) Unter Beachtung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind „ärztliche Heilbehandlungen” ebenso wie „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin” Tätigkeiten, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden. Die befreiten Leistungen müssen dem Schutz der Gesundheit des Betroffenen dienen (EuGH-Urteile vom 14.9.2000, C-384/98, EuGHE 2000 I S. 6795, vom 20.11.2003, C-212/01, EuGHE 2003 I S. 13859, und vom 20.11.2003, C-307/01, EuGHE 2003 I S. 13989). Dies gilt unabhängig davon, um welche konkrete heilberufliche Leistung es sich handelt (Untersuchung, Attest, Gutachten usw.), für wen sie erbracht wird (Patient, Gericht, Sozialversicherung o. a.) und wer sie erbringt (freiberuflicher oder angestellter Arzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut oder Unternehmer, der ähnliche heilberufliche Tätigkeiten ausübt, bzw. Krankenhäuser, Kliniken usw.). Heilberufliche Leistungen sind daher nur steuerfrei, wenn bei der Tätigkeit ein therapeutisches Ziel im Vordergrund steht.

6

(2) Danach sind z.B. folgende Tätigkeiten keine Heilbehandlungsleistungen:

  1. die schriftstellerische oder wissenschaftliche Tätigkeit, auch soweit es sich dabei um Berichte in einer ärztlichen Fachzeitschrift handelt;
  2. die Vortragstätigkeit, auch wenn der Vortrag vor Ärzten im Rahmen einer Fortbildung gehalten wird;
  3. die Lehrtätigkeit;
  4. die Lieferungen von Hilfsmitteln, z.B. Kontaktlinsen, Schuheinlagen;
  5. die entgeltliche Nutzungsüberlassung von medizinischen Großgeräten;
  6. die Erstellung von Alkohol-Gutachten, Zeugnissen oder Gutachten über das Sehvermögen, über Berufstauglichkeit oder in Versicherungsangelegenheiten (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 31.7.2007, V B 98/06, BStBl 2008 II S. 35 und BFH-Urteil vom 8.10.2008, V R 32/07), Einstellungsuntersuchungen, Untersuchungsleistungen wie z.B. Röntgenaufnahmen zur Erstellung eines umsatzsteuerpflichtigen Gutachtens (vgl. hierzu auch BMF-Schreiben vom 8.11.2001, BStBl 2001 I S. 826, BMF-Schreiben vom 4.5.2007, BStBl 2007 I S. 481 und EuGH-Urteil vom 20.11.2003, C-307/01, EuGHE 2003 I S. 13989);
  7. kosmetische Leistungen von Podologinnen/Podologen in der Fußpflege;
  8. ästhetisch-plastische Leistungen, soweit ein therapeutisches Ziel nicht im Vordergrund steht. Indiz hierfür kann sein, dass die Kosten regelmäßig nicht durch Krankenversicherungen übernommen werden (vgl. BFH-Urteil vom 17.5.2004, V R 27/03, BStBl 2004 II S. 862);
  9. Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe im Sinne des § 20 SGB V, die keinen unmittelbaren Krankheitsbezug haben, ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge