Leitsatz

Der aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft erzielte Erlös führt nicht zu Einkünften aus selbständiger Arbeit gemäß § 18 EStG, wenn die Beteiligung nicht zum Betriebsvermögen der freiberuflichen Tätigkeit gehört.

 

Normenkette

§ 17 Abs. 1 Satz 1, § 18 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 EStG, § 39 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 AO

 

Sachverhalt

Der Kläger gründete mit der Klägerin und der gemeinsamen Tochter im Jahr 2007 eine GbR, um sich an einer Holding zu beteiligen. Der Kläger war zu 57 %, die Klägerin und die Tochter waren jeweils zu 21,5 % an der GbR beteiligt. Die GbR erwarb insgesamt 4 % der Anteile an der Holding und leistete eine Einlage. Im selben Jahr schloss der Kläger mit der Holding einen Beratervertrag. Danach sollte der Kläger die Holding in allen relevanten Bereichen der operativen Geschäftsführung sowie der Entwicklung der Holding und der mit dieser verbundenen Unternehmen strategisch beraten. Zugleich übernahm der Kläger in der Holding die Positionen eines Geschäftsführers sowie eines Beirats und in einer GmbH der Holding die Position eines Aufsichtsrats. Im Jahr 2010 veräußerte die GbR ihre Anteile an der Holding. Die Veräußerung wurde im Jahr 2011 vollzogen. Die Auszahlung des Kaufpreises erfolgte u.a. in den Streitjahren 2011 und 2012.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2011 erklärte der Kläger einen anteiligen Erlös aus der Veräußerung der Anteile der GbR an der Holding nach § 17 EStG sowie laufende Einkünfte aus seiner selbstständigen Beratertätigkeit gemäß § 18 EStG. Den anteiligen Veräußerungserlös der Klägerin behandelten die Kläger als nicht steuerbar. Nach einer Steuerfahndungsprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, dass die aufgrund des Anteilsverkaufs geleisteten Zahlungen in den Streitjahren 2011 und 2012 als Vergütung für die Beratertätigkeit des Klägers anzusehen seien. Das FG gab der hiergegen erhobenen Klage statt (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.6.2017, 8 K 4018/14, Haufe-Index 11588027). Das FG war der Auffassung, der vom Kläger erzielte Veräußerungserlös sei zwar durch die selbstständige Tätigkeit veranlasst gewesen, jedoch unter Anwendung des Teileinkünfteverfahrens zu ermitteln und insgesamt im Jahr 2011 erzielt worden. Die Besteuerung der Kaufpreisrate im Jahr 2012 sei daher rechtswidrig. Die Veräußerung habe bei der Klägerin zu nicht steuerbaren Einkünften geführt.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Bei einer freiberuflichen Tätigkeit sind sog. Geldgeschäfte, wie die Beteiligung an einer GmbH oder an einer AG, nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen betrieblich veranlasst. Erforderlich ist, dass die Tätigkeit der Kapitalgesellschaft die freiberufliche Tätigkeit ergänzt oder eine auf die Vergabe von Aufträgen gerichtete Geschäftsbeziehung geschaffen werden soll. Nicht durch die Einkünfte i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG betrieblich veranlasst sind Beteiligungen, wenn sie gegenüber der freiberuflichen Tätigkeit ein eigenes wirtschaftliches Gewicht besitzen. Dies hat der BFH im vorliegenden Fall bejaht, da die Beteiligung an der Holding zum Marktpreis erworben und veräußert wurde und der Kläger das volle Verlustrisiko aus der Beteiligung getragen hat. Zudem sah der Beratungsvertrag keinen Anspruch auf Erwerb der Beteiligung oder einen anteiligen "Exit"-Erlös als Gegenleistung für die Beratungstätigkeit vor.

2. Es lagen auch keine Einkünfte i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG vor. Zwar war der Kläger Beteiligter der vermögensverwaltenden GbR, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an der Holding bestand. Der Veräußerungserlös stellte jedoch keine Vergütung für Leistungen des Klägers zur Förderung des Gesellschaftszwecks i.S.d. Vorschrift dar. Bei der dem Kläger zugeflossenen Zahlung handelte es sich um den auf seine Beteiligungsquote entfallenden (anteiligen) Veräußerungserlös und damit um seinen regulären Gewinnanteil.

3. Bei dem vom Kläger erzielten Erlös handelt es sich jedoch um einen Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG. Der Kläger war im maßgebenden Zeitraum wesentlich an der Holding beteiligt, da ihm gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO die Beteiligung der GbR an der Holding anteilig, nämlich i.H.v. 2,28 % (4 % × 57 %), zuzurechnen war. Dementsprechend war auch die Übertragung der Anteile durch die GbR als anteilige Veräußerung der Anteile durch den Kläger zu behandeln. Der Kläger war auch wirtschaftlicher Eigentümer i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO. Die bei dem Erwerb der Holding-Anteile vereinbarten Verfügungsbeschränkungen waren nicht darauf gerichtet, den Kläger und die anderen Gesellschafter als zivilrechtliche Anteilsinhaber für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf die Anteilsrechte wirtschaftlich auszuschließen.

4. Das FG hat den Veräußerungsgewinn der Höhe nach zutreffend ermittelt. Der Veräußerungsgewinn ist bei der Besteuerung nach § 17 EStG nicht nach dem Zuflussprinzip i.S.d. § 11 EStG, sondern nach einer Stichtagsbewertung auf den Zeitpunkt de...

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