Nach der grundsätzlichen Systematik des Umsatzsteuerrechts ist auch bei Be- oder Verarbeitungsleistungen, bei denen die Gegenstände im Anschluss daran in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet werden, zunächst über die Steuerbarkeit dieser Leistungen zu entscheiden. Hierfür ist maßgebend, wo sich der Leistungsort befindet.

Ist der Auftraggeber ein im Inland ansässiger Unternehmer, befindet sich der Leistungsort gem. § 3a Abs. 2 UStG immer im Inland. Die Leistung kann dann analog der Systematik einer Ausfuhrlieferung steuerfrei gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG abgerechnet werden, wenn

  • bei einer Bearbeitung oder Verarbeitung eines Gegenstands der Auftraggeber den Gegenstand zum Zweck der Bearbeitung oder Verarbeitung in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt oder zu diesem Zweck im Gemeinschaftsgebiet erworben hat und
  • der bearbeitete oder verarbeitete Gegenstand vom inländischen Auftragnehmer in das Drittlandsgebiet befördert oder versendet wurde.[1]

Ist der Auftraggeber ein im Ausland ansässiger Unternehmer, befindet sich der Leistungsort immer an dem Ort, an dem dieser sein Unternehmen betreibt. Insofern kann die Leistung immer ohne Ausweis von deutscher Umsatzsteuer abgerechnet werden. Maßgebend ist die Anwendbarkeit einer Steuerbefreiung nach dem Umsatzsteuerrecht des Ansässigkeitsstaats des Auftraggebers nur noch für die Frage des Ausschlusses der Steuerschuldumkehr auf den Auftraggeber (Reverse-Charge-Verfahren).

Ist der Auftraggeber ein Nichtunternehmer, richtet sich die Steuerbarkeit des Umsatzes zunächst danach, wo die Arbeiten an dem (beweglichen) Gegenstand tatsächlich ausgeführt werden, bzw. wo sich der Gegenstand im Zeitpunkt seiner Verarbeitung befindet. Liegt der Ort des Umsatzes danach im Inland, kommt eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i. V. m. § 7 Abs. 1 UStG in Betracht.

 
Praxis-Beispiel

Lohnveredelungsleistungen an Nichtunternehmer

Rentner R mit Wohnsitz in Basel (Schweiz) bringt seinen alten PKW zur Reparatur zu KFZ-Meister U nach Konstanz. Es werden nur einfache Reparaturarbeiten ausgeführt, für die U ausschließlich Nebensachen (Schrauben etc.) verwendet. Nach Ausführung der Reparaturarbeiten fährt R mit dem Wagen zurück in die Schweiz.

Es liegt eine Werkleistung des U an R vor. Da R den Wagen in die Werkstatt des U nach Konstanz verbracht hat, ist die Werkleistung in Deutschland steuerbar.[2]

Da es sich bei R mit ausschließlichem Wohnsitz in der Schweiz zudem um einen ausländischen Abnehmer handelt und R den Wagen auf eigener Achse wieder zurück in die Schweiz befördert, ist die Leistung des U nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG steuerbefreit.

Wäre U hingegen zu R nach Basel gefahren und hätte die Raparaturen dort vor Ort vorgenommen, wäre die Leistung schon nicht in Deutschland steuerbar. Die Frage nach einer etwaigen Steuerpflicht in Deutschland wäre dann entbehrlich.[3]

Vor der endgültigen Versendung in das Drittlandsgebiet kann der Gegenstand des Auftraggebers mehrere Stufen der Be- oder Verarbeitung unterschiedlicher Auftragnehmer in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten durchlaufen haben. Auch für deren Dienstleistungen kann die Steuerbefreiung in Anspruch genommen werden, wenn die Beförderung oder Versendung der be- oder verarbeiteten Gegenstände in das Drittlandsgebiet durch den "letzten" Auftragnehmer im Unionsgebiet oder den ausländischen Auftraggeber belegmäßig nachzuweisen ist.

 
Wichtig

Keine Steuerbefreiung bei Versendungsauftrag durch inländischen Auftraggeber

Wie es auch die Systematik für Ausfuhrlieferungen vorsieht, ist die Steuerbefreiung bei Lohnveredelungen an Gegenständen der Ausfuhr ausgeschlossen, wenn ein im Inland ansässiger Auftraggeber den Versendungsauftrag für die bearbeiteten Gegenstände in das Drittlandsgebiet erteilt. Es gilt die Grundregel: Steuerbefreiung nur, wenn Lohnveredler oder ausländischer Auftraggeber die Warenbewegung über die Grenze zum Drittlandsgebiet veranlassen bzw. selbst ausführen. Jegliche Steuerbefreiung ist anhand von Belegen nachzuweisen, wobei in den Fällen der steuerfreien Lohnveredelungsleistung die Vorschriften für Ausfuhrlieferungen sinngemäß heranzuziehen sind.

Die hier zu erläuternde Steuerbefreiungsvorschrift ist im Inland nur von Bedeutung, wenn Lohnveredelungsleistungen an inländische Auftraggeber erbracht werden.

 
Praxis-Beispiel

Versendungsauftrag durch inländischen oder ausländischen Auftraggeber

  • Lohnveredler Kaiser erhält von der in Deutschland ansässigen A-GmbH den Auftrag, Schnittholz zu imprägnieren und im Anschluss daran an den Kunden der A-GmbH in die Schweiz zu versenden.

    Die Leistung von Kaiser ist gem. § 3a Abs. 2 UStG im Inland steuerbar, aber gem. § 4 Nr. 1 Buchst. a UStG steuerfrei, weil die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG erfüllt sind. Die Steuerbefreiung könnte nicht gewährt werden, wenn die A-GmbH den Auftrag zur Versendung in die Schweiz erteilt hätte, weil in diesem Fall ein inlän­discher und kein ausländischer Auftraggeber den Transportauftrag auslöst.[4]

  • Ein in China ...

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