Servicegrad misst Logistikservice/-leistung

Nun gibt es unterschiedliche Definitionen, wie Logistikservice in Form von Servicegradkennzahlen ermittelt bzw. berechnet werden kann. Czenskowsky/Pointek beziehen beispielsweise den Servicegrad (einschränkend) auf die Relation zwischen dem befriedigten und dem angeforderten Transportvolumen. Umfassender werden die Hauptziele der Logistik – konkret die Sicherstellung der Absatzmarktversorgung sowie der Produktion wie auch die Optimierung der Logistikosten – von Piontek ebenso zweigeteilt gesehen in einer Versorgungs-, also Servicekomponente und einer Kostenkomponente.[1] Daraus abgeleitet werden in diesem Beitrag die Begriffe Logistikservice, Logistikleistung und (Logistik-)Servicegrad – wobei letzterer die Kennzahl zur Messung der beiden ersten Begriffe darstellt – gleichgesetzt und darunter folgende Einzelfaktoren summiert:[2]

  • Lieferzeit als Zeitraum zwischen dem Eingang des Kundenauftrags (Bestellung) und der Bedürfnisbefriedigung des Kunden (Auslieferung oder Abnahme). Je kürzer die Lieferzeit, desto kleiner können die Bestände sein und desto größer wird die Flexibilität (kurzfristige Dispositionsmöglichkeit) bei den Kunden.[3]
  • Lieferfähigkeit (Lieferbereitschaft) ist ein Maß für die Übereinstimmung von gewünschten und bestätigten Lieferterminen. Aus Sicht der Praxis ist eine hohe Lieferfähigkeit für den Einzelhandel unabdingbar, da zumeist bei mehrmaliger Nichtlieferfähigkeit die Produkte ausgelistet werden.
  • Liefertreue (Lieferzuverlässigkeit) ist ein Maß für die Übereinstimmung von bestätigten und tatsächlichen Lieferterminen.
  • Wunschtermintreue ist ein Maß für die Übereinstimmung von gewünschten und tatsächlichen Lieferterminen. In der Praxis wird diese Kennzahl in zahlreichen Unternehmen als Schlüsselkennzahl verwendet, obwohl rechtlich die Liefertreue von Relevanz ist. In angloamerikanischen Unternehmen ist diese Kennzahl als OTIF (on time in full) bekannt.
  • Lieferflexibilität: Wenn der Kundenwunschtermin vor der vereinbarten Regellieferzeit liegt, beispielsweise definiert durch Service Level Agreements (im Folgenden kurz: SLA), bedeutet dies für das Unternehmen eine entsprechende Flexibilitätsanforderung. Der Erfüllungsgrad in Relation zu den gesamt angefragten verkürzten Lieferterminen entspricht der Lieferflexibilität. In der Praxis soll diese Kennzahl einen eher moderaten Erfüllungsgrad aufweisen, da ansonsten von den Kunden eine generell verkürzte Regellieferzeit vorausgesetzt wird.
  • Lieferqualität (Lieferbeschaffenheit) beinhaltet jene Aspekte, die hier im Rahmen eines Kundenserviceindex – etwa Customer Service Index (CSI) oder auch OTIFIC[4] (on time in full invoiced correctly) – gemessen werden. Dazu zählen sämtliche Fehler[5] (wie etwa Beschädigungen, Mengenfehler, Transportfehler, aber auch Qualitätsfehler), die in der Unternehmenspraxis in Relation zur Gesamtauftragszahl bzw. zu den Auftragspositionszeilen gesetzt werden.

Kriterien zur Messung des Logistikservice

Diese Kennzahlen müssen aber noch zu einem Kennzahlensystem zusammengeführt werden. Zur Performancesteuerung der Logistikleistung bzw. des Logistikservice (unter Ausklammerung der Logistikkosten, s. o.) ist eine Kennzahl zur Planung, Kontrolle und Steuerung des (Logistik-)Servicegrads sinnvoll, wird doch dadurch über den Kundennutzen indirekt die Kundenzufriedenheit angesprochen. Dies ermöglicht beispielsweise einen Vergleich mehrerer Unternehmen in einem Konzern, einer Branche oder branchenübergreifend, wenn für den Vergleich die Verwendung derselben Daten und dieselbe Berechnungsmethodik sichergestellt werden kann.[6]

Mögliches Benchmarking zwischen Unternehmen(-steilen)

Geht es letztlich darum, Maßnahmen für das eigene Unternehmen abzuleiten, müssen die einzelnen Detailkennzahlen und Analysen betrachtet werden. Hierfür werden 2 Gruppen gebildet: Die 1. Gruppe beinhaltet jene Kennzahlen, die sich auf die Liefertermine[7] beziehen – konkret wie oben dargestellt Lieferfähigkeit, Liefertreue und Wunschtermintreue. Die 2. Gruppe dient der Messung der Lieferqualität, hier explizit bezogen auf den Kundenservice, ohne die Kennzahlen aus der 1. Gruppe.[8]

Die Lieferflexibilität wird in der Berechnung der Logistikservicekennzahl nicht berücksichtigt wegen der oben bereits beschriebenen Problematik der dauerhaften Nivellierung der Service Level Agreements auf das Niveau der Sonder- bzw. Flexibilitätswünsche der Kunden. Die 1. und die 2. Kennzahlengruppe werden nachfolgend beschrieben und hinsichtlich ihrer Praxisrelevanz für das Logistikcontrolling erläutert.

[1] Vgl. Piontek, 2007, S. 163, teilweise im Widerspruch zu Czenskowksy/Piontek, 2012, S. 250.
[2] Vgl. Brunner/Hanusch, 2014, S. 8 f., oder Zsifkovits, 2013, S. 52.
[3] Vgl. Schulte, 2009, S. 7.
[4] LaFarge, 2013, vorgestellt vom Zementhersteller LaFarge im Rahmen einer Logistikcontrolling-Tagung in Graz am 26.11.2013.
[5] Vgl. etwa Schulte, 2009, S. 9, der unter dem Begriff Lieferqualität die Liefergenauigkeit nach Art des Produkts, der Menge und de...

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