BMF, 23.5.2016, III C 3 - S 7279/10/10006

In Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zu Ihrer Frage wie folgt Stellung:

Ausgehend von dem von Ihnen geschilderten Fall ist es fraglich, ob die Voraussetzungen der Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 UStG dann vorliegen, wenn ein Unternehmer Schrott an einen anderen Unternehmer veräußert und als Folge des Preisverfalls des Schrotts bei einzelnen Schrottsorten nicht einen „positiven Kaufpreis” vereinnahmt, sondern eine Zuzahlung bei der Übergabe der Waren (sog. „negativer Schrottpreis”) erforderlich ist. Sie bitten um Klärung der Frage, ob auch in einer solchen Fallkonstellation die Voraussetzungen des sog. „Reverse-Charge-Verfahrens” nach § 13b Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 UStG erfüllt sind oder ob in dieser Fallkonstellation eine selbständige Dienstleistung des Empfängers der Schrottmaterialien (Entsorgungsleistung von Abfällen) zu sehen ist, mit der Folge, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Umkehr der Steuerschuldnerschaft nach § 13b Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 UStG nicht vorliegen.

Die Voraussetzungen für die Umkehr der Steuerschuldnerschaft sind bei der Lieferung von Schrott in § 13b Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 UStG klar geregelt. Der Wortlaut der Norm verlangt für die Umkehr der Steuerschuldnerschaft die Lieferung von in der Anlage 3 zum UStG abschließend aufgeführten Waren an einen Unternehmer. Dazu muss ein steuerpflichtiger Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG vorliegen, der eine Lieferung gegen ein Entgelt voraussetzt. Erfolgt die Abgabe von Schrottmaterial ohne eine gesonderte Zahlung des Entsorgungsunternehmens, dann liegen die Voraussetzungen einer Lieferung gegen Entgelt nur dann vor, wenn ein tauschähnlicher Umsatz (ggf. mit Baraufgabe) gegeben ist. Dieser liegt wiederum vor, wenn nach den übereinstimmenden Vorstellungen der Vertragspartner der überlassene Abfall die Höhe der Barvergütung für die Entsorgungsleistung beeinflusst hat (Abschn. 3.16 Abs. 1 Satz 2 UStAE). Eine zum tauschähnlichen Umsatz führende Beeinflussung der Barvergütung durch den überlassenen Abfall ist gemäß Abschn. 3.16 Abs. 3 UStAE grundsätzlich nur anzunehmen,

  • wenn die Beteiligten ausdrücklich hierauf gerichtete Vereinbarungen getroffen haben, also neben dem Entsorgungsentgelt einen bestimmten Wert für eine bestimmte Menge der überlassenen Abfälle vereinbart haben, oder
  • die wechselseitige Beeinflussung auf Grund der getroffenen Vereinbarungen offensichtlich ist; hierzu verweise ich auf die in Abschn. 3.16 Abs. 3 Nr. 2 UStAE genannten Beispiele.

Ungeachtet einer etwaigen offensichtlich wechselseitigen Beeinflussung ist das Vorliegen eines tauschähnlichen Umsatzes bei Unterschreitung der Bagatellgrenzen des Abschn. 3.16 Abs. 4 UStAE aus Vereinfachungsgründen nicht zu prüfen.

Die Bemessungsgrundlage für die Lieferung des Schrotts ist in den Fällen des tauschähnlichen Umsatzes mit Baraufgabe der Wert der Gegenleistung (Entsorgungsleistung) abzüglich der zu leistenden Baraufgabe. Für die erbrachte Entsorgungsleistung ist die Umsatzsteuer nach dem Wert des hingegebenen Abfalls zu bemessen, wobei die Baraufgabe dabei Entgelt erhöhend zu berücksichtigen ist (siehe Abschn. 3.16 Abs. 7 UStAE). Dabei sind die in Abschn. 13b.4 Abs. 2 Satz 3 UStAE geregelten Vorgaben zu beachten.

Der Entsorger ist demnach gemäß § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG Steuerschuldner für die von ihm erbrachte Entsorgungsleistung sowie nach § 13b Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 UStG für die an ihn erbrachte Lieferung des werthaltigen Schrotts.

Sind die Voraussetzungen für die Annahme eines tauschähnlichen Umsatzes nicht erfüllt, erbringt lediglich der entsorgende Unternehmer eine Entsorgungsleistung an den Unternehmer, der den Schrott abgibt. Der vereinbarte „negative Kaufpreis” ist dann das Entgelt für die erbrachte Entsorgungsleistung, für die der Entsorger die Steuer nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG schuldet. Die Steuerschuldumkehr nach § 13b Abs. 2 Nr. 7 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 UStG kommt in diesem Fall mangels einer steuerbaren Lieferung von Schrott nicht in Betracht.

 

Normenkette

UStG § 13b Abs. 2 Nr. 7

UStG § 13b Abs. 5 Satz 1

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