Leitsatz

1. Beruht die Entscheidung zur Neugründung eines Gewerbebetriebs im Wesentlichen auf den persönlichen Interessen und Neigungen des Steuerpflichtigen, so sind die entstehenden Verluste nur dann für die Dauer einer betriebspezifischen Anlaufphase steuerlich zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige zu Beginn seiner Tätigkeit ein schlüssiges Betriebskonzept erstellt hat, das ihn zu der Annahme veranlassen durfte, durch die gewerbliche Tätigkeit werde er insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielen können.

2. Als betriebsspezifische Anlaufzeit bis zum Erforderlichwerden größerer Korrektur- und Umstrukturierungsmaßnahmen wird ein Zeitraum von weniger als fünf Jahren nur im Ausnahmefall in Betracht kommen.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Absatz 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger ist Arzt. Er verfügte in den Streitjahren (1996 bis 1999) über nicht unerhebliches Kapital- und Immobilienvermögen. 1993 gründete er einen Verlag, aus dem er von Beginn an bis zum Jahr 2001 nur Verluste erzielte. Während längerer Aufenthalte im fernen Ausland lernte er einen deutschstämmigen Romanschriftsteller kennen, dessen drei in den Jahren 1994, 1996 und 1998 veröffentlichten Romane er ausschließlich verlegte.

Das FA ging ab 1996 von Liebhaberei aus und erkannte deshalb die vom Kläger erzielten Verluste nicht mehr an. Das FG bestätigte die Verwaltungsentscheidung (EFG 2005, 192).

 

Entscheidung

Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Das FG werde im zweiten Rechtsgang insbesondere aufzuklären haben, welche Vorstellungen den Kläger zur Gründung des Verlags bewogen hätten.

Sollte es dem Kläger nicht gelingen, den früher von ihm hervorgerufenen Eindruck einer engen und langjährigen Freundschaft mit dem Schriftsteller zu entkräften, so liege die Vermutung nahe, dass das persönliche Interesse des Klägers an der Pflege dieser freundschaftlichen Bindung den entscheidenden Ausschlag für den Entschluss zur Aufnahme der verlegerischen Tätigkeit gegeben habe.

Der Kläger werde dann näher erläutern müssen, inwiefern er seiner Entscheidung eine objektiv nachvollziehbare Marktanalyse zugrunde gelegt habe, die ihn zu der begründeten Annahme habe veranlassen können, der Betrieb werde in einem überschaubaren Zeitraum auch tatsächlich mit Gewinn arbeiten können.

Ließen sich derartige persönliche Interessen und Neigungen hingegen ausschließen oder könne der Kläger den Nachweis führen, im Zeitpunkt der Verlagsgründung ein schlüssiges und Gewinn versprechendes Betriebskonzept erstellt zu haben, so würden zumindest die in der Anlaufphase des Unternehmens erwirtschafteten Verluste auch ohne durchgreifende Änderung der Betriebsführung steuerlich zu berücksichtigen sein.

Als betriebsspezifische Anlaufphase werde ein Zeitraum von weniger als fünf Jahren nur im Ausnahmefall in Betracht kommen.

Daneben sei die Dauer der Anlaufphase vor allem vom Gegenstand und von der Art des jeweiligen Betriebs abhängig.

 

Hinweis

1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH lässt bei Tätigkeiten, die nicht typischerweise dazu bestimmt und geeignet sind, der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre zu dienen, allein das Erzielen langjähriger Verluste noch keinen zwingenden Schluss auf das Nichtvorliegen der inneren Tatsache "Gewinnerzielungsabsicht" zu. Vielmehr muss bei längeren Verlustperioden aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sein, dass der Steuerpflichtige die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausübt (vgl. BFH, Beschluss vom 25.6.1984, GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, unter C.IV.3.c bb [1]; BFH, Urteil vom 21.7.2004, X R 33/03, BFH-PR 2005, 6).

Übt der Steuerpflichtige eine gewerbliche Tätigkeit aus, die nicht typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist, so können im Fall einer längeren Verlustperiode die Reaktionen auf die Verluste die Bedeutung wichtiger äußerer Beweisanzeichen erlangen (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 2.6.1999, X R 149/95, BFH/NV 2000, 23, unter II.1.). Ein Rückschluss von dem Fehlen solcher Reaktionen und dem unveränderten Fortführen einer verlustbringenden Tätigkeit auf das Nichtvorhandensein der Gewinnerzielungsabsicht setzt freilich grundsätzlich voraus, dass sich die negativen Betriebsergebnisse bereits über einen längeren Zeitraum verstetigt haben. Dieser Zeitraum muss so bemessen sein, dass er sich auch begrifflich mit dem Schlagwort der "langjährigen Verluste" in Einklang bringen lässt.

2. Als betriebsspezifische Anlaufzeit bis zum Erforderlichwerden größerer Korrektur- und Umstrukturierungsmaßnahmen wird ein Zeitraum von weniger als fünf Jahren nur ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 15.11.1984, IV R 139/81, BStBl II 1985, 205, unter 2.). Daneben ist die Dauer der Anlaufphase vor allem vom Gegenstand und von der Art des jeweiligen Betriebs abhängig.

Im vorliegenden Fall hatte das FG ...

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