Leitsatz

1. Umsätze im Überweisungsverkehr liegen nur vor, wenn die betreffende Leistung im Großen und Ganzen eigenständig ist, eine Übertragung von Geldern bewirkt und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führt.

2. Hierzu reicht die Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung nicht aus.

3. Die Abgrenzung richtet sich danach, ob die Verantwortung des Leistenden sich nicht nur auf technische Aspekte, sondern auf die spezifischen und wesentlichen Elemente eines solchen Umsatzes erstreckt. Allein die Übertragung der Angaben auf den von den Banken übermittelten körperlichen Belegen für die EDV-mäßige Bearbeitung erfüllt die unter 1. genannten Voraussetzungen nicht.

4. Entscheidend ist die Art der Leistung; ob der Kunde oder die Bank Leistungsempfänger ist und wem gegenüber abgerechnet wird, ist ohne Bedeutung.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 8 Buchst. d UStG, Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Verschiedene Sparkassen hatten eine BGB-Gesellschaft gegründet. Zweck: Die technische Abwicklung im Zahlungsverkehr sowie weitere Dienstleistungen für ihre Gesellschafter und für Dritte. Zu den problematischen Details im Sachverhalt s.u. Das FA schloss sich der Auffassung, die betreffenden Leistungen seien nach § 4 Nr. 8 UStG steuerfrei, nicht an. Die Klage hatte Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Sache an das FG zurück, weil dessen Entscheidung zwar im Ausgangspunkt richtig, aber von seinen tatsächlichen Feststellungen nicht gedeckt war.

Das FG meinte, die Klägerin sei zu "inhaltlichen Korrekturen" berechtigt gewesen und habe deshalb mehr als nur technische Verantwortung gehabt. Welcher Art diese "inhaltlichen Korrekturen" hatten, hatte es so genau nicht erläutert. Entsprechendes galt für die ebenfalls nicht weiter erläuterte Feststellung des FG, "dafür" sei die Klägerin gegenüber den jeweiligen Sparkassen verantwortlich gewesen und die Verantwortung gehe über eine rein technische Verantwortung hinaus. Das FG hatte zwar festgestellt, die Datensätze führten aufgrund der vorgegebenen Struktur im Rahmen eines – nicht näher erläuterten – "Clearinglaufs" maschinell und technisch nicht beeinflussbare Wege und lösten "letztendlich" automatisch – vom Fall der Unterdeckung abgesehen – die erforderlichen Buchungen aus. Dagegen sprach schon die Feststellung des FG, das Rechenzentrum gebe fehlerhafte Vorgänge an die Klägerin zur Nachbearbeitung zurück. Den Geschäftsbesorgungsvertrag, aus dem sich Erhellendes zur Verantwortung der Klägerin ergeben hätte, hat das FA erst während des Revisionsverfahrens erwähnt. Das allerdings war zu spät.

 

Hinweis

§ 4 Nr. 8 Buchst. d UStG befreit die "Umsätze und die Vermittlung der Umsätze im Zahlungs- und Überweisungsverkehr".

Zu Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 3 der 6. EG-RL ("die Umsätze – einschließlich der Vermittlung – im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der Einziehung von Forderungen, ...") hatte der EuGH bereits im SDC-Urteil (Rs. C-2/95 vom 5.6.1997, UR 1998, 64) zu einem Sachverhalt, bei dem nicht nur die Bank, sondern aufgrund einer entsprechenden Ermächtigung der Bank auch deren Kunde unmittelbar eine – von der Bank gegenüber dem Kunden abgerechnete – Überweisung ausführen lassen konnte, präzisiert:

  • Die Befreiungsvorschrift ist eng auszulegen.
  • Die Dienstleistungen eines Rechenzentrums müssen ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes sein, das die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer der im Tatbestand beschriebenen Leistungen erfüllt.
  • Bezüglich eines "Umsatzes im Überweisungsverkehr" müssen die erbrachten Dienstleistungen daher eine Übertragung von Geldern bewirken und zu rechtlichen und finanziellen Änderungen führen.
  • Die Leistung muss von der Erbringung einer rein materiellen oder technischen Leistung (z.B. einer Bank wird ein EDV-System zur Verfügung gestellt) zu unterscheiden sein.
  • Es reicht nicht, dass ein Element für die Bewirkung eines befreiten Umsatzes unerlässlich sei (Rd.Nr. 65).

Das bedeutet: Allein die Übertragung der Angaben auf den von den Banken übermittelten körperlichen Belegen für die EDV-mäßige Bearbeitung des Auftrags reicht nicht aus. Die Befreiung setzt (so ausdrücklich im EuGH-Urteil vom 13.12.2001, Rs. C-235/00 – CSC –, Rd.Nr. 66) voraus, dass die Tätigkeit des Unternehmers die "Änderung der bestehenden rechtlichen und finanziellen Situation zwischen dem Auftragnehmer und dem Empfänger und zwischen diesen und ihren jeweiligen Banken auf der anderen Seite bewirkt" und "hierfür verantwortlich ist". Das erfordert auch die Verantwortlichkeit für Fehler, die dabei auftreten können. Nicht erforderlich ist dagegen, dass der Unternehmer dem Kontoinhaber selbst gegenüber verantwortlich ist (a.A. wohl BMF, Schreiben vom 30.5.2000).

Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, muss das nationale Gericht feststellen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.7.2006, V R 57/04

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge