Ist das Unternehmen in der Situation, dass die Nachfrage groß genug ist, um kostengünstige Abläufe zu installieren, bringt dies erhebliche Vorteile. Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen haben in der Regel nachgewiesen, dass effiziente Abläufe Nachteile wie z. B. höhere Lagerbestände kompensieren. Große Mengen werden produziert, um die lästigen Rüstkosten zu minimieren. Auch hier werden Lagerbestände in Kauf genommen, da sie sich schnell wieder abbauen.

Leerkosten bauen sich durch die Beibehaltung dieser Abläufe in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf. Hier gilt es, alle vorhandenen Abläufe zu untersuchen und Gemeinkosten, die von großen Mengen abhängig sind, zu finden. Die Abläufe im Unternehmen müssen so verändert werden, dass sie zu den neuen Kapazitätsanforderungen passen. Optimal ist es, wenn sie sich den Veränderungen, die zu erwarten sind, von allein anpassen.

 

Flexible Disposition

Ein weit verbreitetes Beispiel für solche Veränderungen ist die Disposition, mit deren Hilfe der Einkauf seine Materialien und Handelswaren bestellt oder die Fertigung ihre Losgrößen plant. Im Normalfall werden Bestellungen ausgelöst, wenn bestimmte Lagerbestände unterschritten sind. Die Meldebestände, also die Bestände, die eine Bestellung auslösen, sind fix. Sie wurden einmalig berechnet und sind so konzipiert, dass sie die Nachfrage nach den Materialien und Produkten über die zu erwartende Lieferzeit decken können. Meist wird noch ein Sicherheitsbestand dazugerechnet.

Der Einfachheit halber berechnet man diese Werte einmalig und hinterlegt sie beispielsweise im IT-System. Die Praxis zeigt, dass eine Anpassung nur dann erfolgt, wenn es Lieferprobleme gegeben hat, also die Mengen zu gering waren. Sinkt nun die Nachfrage, lösen die Meldebestände Bestellungen aus, obwohl noch genügend Bestand auf Lager ist. Damit steigt der Lagerbestand auf ein unnötig hohes Niveau.

Bei einem Bedarf von 100 Stück pro Woche und einer Lieferzeit von 5 Wochen beträgt der Meldebestand 750 Stück, wenn ein Sicherheitsbestand von 250 Stück zugrunde gelegt wird (5 Wochen × 100 Stk./Woche + 250 Stk.). Damit deckt der Meldebestand 7,5 Wochen ab (750 Stk./100 Stk. pro Woche). Sinkt die Nachfrage von 100 Stück pro Woche auf 75 Stück pro Woche, reicht der Meldebestand für 10 Wochen aus. Die Bestellung wird 2,5 Wochen zu früh ausgelöst. Der Meldebestand muss also angepasst werden.

Optimal ist es, den Meldebestand nicht als feste Menge einzugeben, sondern bei der Disposition jeweils neu zu berechnen. Dabei wird der Meldebestand auf die Lieferzeit (5 Wochen) plus die Sicherheitszeit (2,5 Wochen) festgesetzt. Im Zeitpunkt der Disposition wird die Zeitangabe (7,5 Wochen) mit dem aktuellen durchschnittlichen Bedarf (75 Stück pro Woche) multipliziert. Dabei entsteht im aktuellen Fall eine Meldemenge von 563 Stück. Wird die Disposition in einigen Tagen neu durchgeführt und hat sich der Bedarf verändert, verändert sich auch automatisch die Meldemenge.

Solche Abläufe sind, wie im Beispiel gesehen, komplex und lassen sich häufig nur mit guter IT-Unterstützung durchführen. Hinzu kommt, dass die Kontrolle durch den verantwortlichen Mitarbeiter schwieriger wird. Er kann die Reaktionen des Systems nur mit mehr Aufwand kontrollieren. Daher wird oft auf einfachere Abläufe zurückgegriffen, für Zeiten ohne Leerkosten ein probates Mittel. Um Leerkosten zu reduzieren, muss jedoch ein solcher Aufwand betrieben werden.

 

Industrie 4.0

Mit Industrie 4.0 werden in der gesamten Lieferkette Informationen über Bestände und Kapazitäten zusammengeführt, auch über Unternehmensgrenzen hinaus. Das verbessert die Information zum Zeitpunkt der Disposition erheblich. Dadurch können Sicherheitszeiten und Zuschläge reduziert werden. Die Bestände sinken, die Disposition passt sich den aktuellen Entwicklungen an. Die Leerkosten aus überzogenen Beständen sinken.

Weitere Abläufe, die durch eine Umstellung schnell eine Anpassung der Leerkosten bewirken, finden sich z. B. bei der Planung der Fertigungsmengen. Auch hier plant man größere Mengen, um den Produktionsaufwand zu verringern. Eine Veränderung hin zu kleineren Mengen und zu einer optimalen Produktionssteuerung bringt erhebliche Vorteile.

Zu einem großen Anteil an den Leerkosten tragen die Personalkosten in der Fertigung bei. Dies ist meistbedingt durch die starren Arbeitszeitregeln, die durch Tages-, Wochen- und Jahresarbeitszeitmodelle dafür sorgen, dass die Arbeitskräfte oft dann zur Verfügung stehen, wenn sie nicht benötigt werden. In der Praxis setzen sich immer mehr flexible Arbeitszeitmodelle durch, die durch unterschiedliche Arbeitszeiten an unterschiedlichen Tagen oder auch in unterschiedlichen Monaten eine wesentlich flexiblere Nutzung des Produktionsfaktors Arbeit ermöglichen. Arbeitszeitkonten, Freizeitausgleich oder Teilzeitarbeit können gerade in Zeiten sinkender Nachfrage oder auch als Reaktion auf eine Rationalisierung die Leerkosten erheblich reduzieren.

 

Flexible Arbeitszeiten nicht nur in der Fertigung

Flexible Arbeitszeiten können auch i...

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