1.1 Allgemeines

Latente Steuern zeigen in der Handelsbilanz künftige Änderungen der Ertragsteuern, die sich aus den Differenzen zwischen den handelsrechtlichen und den steuerlichen Werten von Bilanzposten ergeben.

Sie werden auf Unterschiedsbeträge zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz gebildet, wenn die Differenzen temporär oder quasi-permanent sind. Darüber hinaus können aktive latente Steuern auf Verlustvorträge gebildet werden, wenn diese innerhalb der kommenden 5 Jahre erwartungsgemäß verrechenbar sind.

1.2 Temporäre Differenzen

Temporäre Differenzen sind Differenzen zwischen dem Wert eines Vermögensgegenstands oder einer Schuld laut Handelsbilanz und Steuerbilanz, die sich künftig wieder umkehren lässt, d. h. sie sind zeitlich begrenzt.

 
Praxis-Beispiel

Drohverlustrückstellung

Eine Drohverlustrückstellung führt zu einer temporären Differenz zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz, weil es steuerlich ein Ansatzverbot für Drohverlustrückstellung gem. § 5 Abs. 4a EStG gibt. Bei Verbrauch der handelsrechtlichen Rückstellung in den Folgejahren kehrt sich die Differenz zwischen dem Wertansatz laut Handelsbilanz und Steuerbilanz um. Die Differenz ist also temporär, weil sie sich im Zeitablauf wieder ausgleicht.

1.3 Permanente Differenzen

Permanente Differenzen kehren sich im Gegensatz zu temporären Differenzen künftig nie mehr um. Dieser Effekt ist einmalig. Typische Beispiele hierfür sind steuerlich nicht abzugsfähige Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 EStG, angemessene und nachgewiesene Bewirtungskosten in Höhe von 30 % oder unangemessene Repräsentationsaufwendungen, aber auch steuerfreie Erträge wie z. B. steuerfreie Dividenden.

1.4 Quasi-permanente Differenzen

Bei Quasi-permanenten Differenzen handelt es sich um Unterschiedsbeträge, die zwar zeitlich begrenzt sind, deren Abbau jedoch von den Dispositionen des Unternehmens abhängig ist bzw. erst bei Liquidation des Unternehmens erfolgt. Kurz gesagt, quasi-permanente Differenzen kehren sich erst am Ende der Lebenszeit eines Unternehmens oder durch unvorhersehbare Umstände um; die Umkehrung ist also nicht zwangsläufig gegeben.

 
Praxis-Beispiel

Quasi-permanente Differenzen

In der Handelsbilanz der U-GmbH ist ein unbebautes Grundstück aktiviert. Der Buchwert beträgt 300.000 EUR. Durch die Außenprüfung wurde der Buchwert auf 370.000 EUR in der Steuerbilanz erhöht.

Es liegt eine quasi-permanente Differenz vor. Die unterschiedliche Bewertung in der Handelsbilanz und in der Steuerbilanz löst sich nicht von selbst aus. Ebenso wenig ist mit einer Auflösung in absehbarer Zeit zu rechnen. Die temporäre Differenz löst sich in der Regel erst bei Veräußerung des Grundstücks auf.

1.5 Ermittlung und Ausweis aktiver und passiver latenter Steuern

Aktive latente Steuern ergeben sich,

  • wenn der handelsrechtliche Wert bei Vermögensgegenständen kleiner ist als der steuerliche Wert oder
  • wenn der Wert der Verbindlichkeiten und Rückstellungen laut Handelsbilanz größer ist als der steuerliche Wertansatz.

Passive latente Steuern entstehen hingegen,

  • wenn der handelsrechtliche Wertansatz bei Vermögensgegenständen größer ist als der steuerliche Wertansatz oder
  • wenn der Wert für Verbindlichkeiten und Rückstellungen laut Handelsbilanz kleiner ist als der steuerliche Wert.

     
      Aktive latente Steuern Passive latente Steuern
    Aktivposten (Vermögensgegenstände) HB < steuerlicher Wert HB > steuerlicher Wert
    Passivposten (Verbindlichkeiten/Rückstellungen) HB > steuerlicher Wert HB < steuerlicher Wert
    Ansatz in der Bilanz (Wahlrecht bzgl. Saldierung) Aktivierungswahlrecht Passivierungspflicht

Für aktive latente Steuern besteht ein Aktivierungswahlrecht, für passive latente Steuern besteht eine Passivierungspflicht.

 
Praxis-Beispiel

Berechnung latente Steuern

In der Handelsbilanz wurde ein Drohverlustrückstellung i. H. v. 10.000 EUR gebildet. In der Steuerbilanz ist der Ansatz nach § 5 Abs. 4a EStG verboten. Es liegt eine temporäre Differenz vor, welche zu aktiven latenten Steuern führt, da der Passivposten "Drohverlustrückstellung" mit 10.000 EUR größer ist als der Wert in der Steuerbilanz von 0 EUR. Die aktiven latenten Steuern berechnen sich auf 10.000 EUR mit dem (Gewerbe-)Steuersatz der Personengesellschaft von beispielsweise 14 %. Damit belaufen sich die aktiven latenten Steuern auf 1.400 EUR (= 10.000 EUR x 14 %). Bei aktiven latenten Steuern besteht ein Aktivierungswahlrecht. Diese können wahlweise in der Bilanz gezeigt werden.

Es kann ein Wahlrecht bezüglich der Saldierung ausgeübt werden.

 
Praxis-Beispiel

Saldierungsmöglichkeiten von aktiven und passiven latenten Steuern

Eine GmbH berechnet aktive latente Steuer von 55.000 EUR sowie passive latente Steuern von 30.000 EUR. Damit besteht ein Aktivüberhang von 25.000 EUR. Ein Ausweis kann in diesem Beispielfall durch die nachfolgenden 4 Möglichkeiten dargestellt werden:

  1. Ausübung Aktivierungswahlrecht (saldiert): Ausweis aktive latente Steuern von 25.000 EUR (= Passive latente Steuern von 55.000 EUR abzüglich aktive latente Steuern von 30.000 EUR).
  2. Ausübung Aktivierungswahlrecht (unsaldiert): Ausweis aktive latente Steuern von 55.000 EUR und passive latente Steuern von 30.000 EUR.
  3. Keine Ausübung Aktivierungswahlrecht: weder Au...

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