Rz. 49

Durch das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 8.7.2006 wurden der Lagebericht sowie der Konzernlagebericht um einen weiteren Bestandteil ergänzt. Der zunächst in § 289 Abs. 4 HGB kodifizierte Bestandteil kann als Übernahmebericht bezeichnet werden. Zweck der zusätzlichen Informationen dieses Berichtselements ist es, dem potenziellen Unternehmenserwerber eine Einschätzung der Übernahmesituation der Zielgesellschaft zu ermöglichen. Seit dem CSR-RL-UG 2017 ist die Regelung nach § 289a Abs. 1 HGB verschoben worden. Mit Einführung der Regelungen der zweiten Aktionärsrechterichtlinie 2020 wurde Abs. 2 des § 289a HGB gestrichen und in § 162 AktG neu formuliert. Nunmehr ist der § 289a HGB ohne weitere Absätze.[1]

 

Rz. 50

Die Pflicht zur Integration des Übernahmeberichts in den bisherigen Lagebericht ist jedoch ausschließlich für Aktiengesellschaften bzw. Kommanditgesellschaften auf Aktien gegeben, die einen organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 7 des WpÜG durch von ihnen ausgegebene stimmberechtigte Aktien in Anspruch nehmen. Die Angabepflichten im Lagebericht entstehen dabei unabhängig vom Bestehen eines tatsächlichen Übernahmeangebots. Unternehmen, die lediglich Schuldverschreibungen oder Genussscheine ausgegeben haben, sind hingegen nicht zu den Angaben des Übernahmeberichts verpflichtet. Gleiches gilt, mangels Zirkulationsfähigkeit der Wertpapiere, für GmbH-Anteile oder Beteiligungen an einer Kommanditgesellschaft als Komplementär.

 

Rz. 51

Der Übernahmebericht hat folgende Angaben zu beinhalten:[2]

  • die Zusammensetzung des gezeichneten Kapitals, ggf. nach Aktiengattungen i. S. d. § 11 AktG, soweit die Angaben nicht im Anhang zu machen sind, z. B. Stammaktien, stimmrechtslose/stimmberechtigte Vorzugsaktien, Aktien mit Nebenpflichten;
  • jede Beschränkung bezüglich der Stimmrechte und Übertragung von Wertpapieren, bspw. Beschränkungen des Wertpapierbesitzes oder Erfordernisse der Genehmigung zur Übertragung wie z. B. bei vinkulierten Namensaktien nach § 68 Abs. 2 AktG;
  • bedeutende direkte oder indirekte Beteiligungen, die 10 % der Stimmrechte überschreiten, soweit die Angaben nicht im Anhang zu machen sind;
  • die namentliche Bezeichnung der Inhaber von Aktien mit Sonderrechten wie besondere Kontrollrechte sowie eine Beschreibung dieser Rechte, bspw. Entsendungsrechte in den Aufsichtsrat nach § 101 Abs. 2 AktG;
  • die Art der Stimmrechtskontrolle bei einer Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer, sofern ihre Kontrollrechte von ihnen nicht unmittelbar ausgeübt werden, z. B. bei einem gemeinsamen Vertreter;
  • die gesetzlichen Vorschriften, z. B. §§ 84, 85 AktG, und Bestimmungen der Satzung über die Ernennung und Abberufung der Mitglieder des Vorstands und über Änderungen der Satzung, z. B. §§ 133, 179, 181 AktG;
  • die Befugnisse des Vorstands, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit der Aktienausgabe bzw. des Aktienrückkaufs (dabei liegt der Schwerpunkt grundsätzlich auf dispositiven konkreten Ermächtigungen wie z. B. §§ 71 Abs. 1 Nrn. 6–8 AktG, 202 ff. AktG anstatt auf allgemeinen gesetzlichen Aufgaben und Befugnissen);
  • wesentliche Vereinbarungen der Gesellschaft, die bei einem Kontrollwechsel in der Gesellschaft infolge eines Übernahmeangebots wirksam werden, sich ändern oder enden, und eine Beschreibung der Wirkungen z. B. bezogen auf Finanzierungsverträge oder Einkaufsverträge etc. (die Angabe kann unterbleiben, sofern durch diese der Gesellschaft ein erheblicher Nachteil zugefügt würde);
  • Entschädigungsvereinbarungen der Gesellschaft mit den Vorstandsmitgliedern oder Arbeitnehmern für den Fall der Übernahme, soweit die Angaben nicht im Anhang zu machen sind. Beispiele sind die sog. "golden Handshakes" oder "golden Parachutes", die zu einer hohen Abfindungssumme für bestehende Vorstandsmitglieder/Arbeitnehmer im Falle der Übernahme führen würden, soweit die Angaben nicht im Anhang zu machen sind.

Erfolgen bestimmte Angaben (§ 289 Satz 1 Nrn. 1, 3 u. 9 HGB) im Anhang, ist nach § 289a Satz 2 HGB im Lagebericht darauf zu verweisen.

 

Rz. 51a

Anzumerken ist darüber hinaus, dass Aktiengesellschaften, die keine kleinen Kapitalgesellschaften oder Kleinstkapitalgesellschaften sind, weitere kapitalbezogene Angaben zudem innerhalb des Anhangs nach § 160 Abs. 1 AktG angeben müssen, wobei eine zusammenfassende Darstellung innerhalb des Anhangs oder des Lageberichts unzulässig ist.[3]

Beispielsweise sind dort folgende Angaben vorzunehmen:

  • Bestand und Zugang an Aktien, die ein Aktionär für Rechnung des Unternehmens hält (Nr. 1);
  • Bestand an eigenen Aktien, die die Gesellschaft selbst oder ein abhängiges Unternehmen für sie hält (Nr. 2);
  • Zahl und ggf. Nennbetrag der Aktien jeder Gattung, sofern die Angabe nicht aus der Bilanz ersichtlich ist (Nr. 3);
  • Genehmigtes Kapital (Nr. 4);
  • Zahl der Bezugsrechte nach § 192 Abs. 2 Nr. 3 AktG an Arbeitnehmer oder Mitglieder der Geschäftsführung im Rahmen einer bedingten Kapitalerhöhung (Nr. 5);
  • Bestehen wechselseitiger Beteiligungen unter Angabe des Unternehmens (Nr. 7);
  • Bestehen von Beteiligungen nach § 20 A...

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