Entscheidungsstichwort (Thema)

Freistellung von der Arbeitspflicht. Lohnzahlungspflicht. Leistungsverweigerungsrecht. Annahmeverzug. Gläubigerstellung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Arbeitgeber kann die Lohnzahlung eines von ihm freigestellten Arbeitnehmers nicht mit der fehlenden Auskunft über Zwischenverdienst verweigern. Eine Verpflichtung zur Offenlegung eines Zwischenverdienstes besteht, wenn der Arbeitnehmer seinen Entgeltanspruch aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs geltend macht.

2. Annahmeverzug setzt voraus, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber noch eine Arbeitsleistung schuldet. Daran fehlt es, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtswirksam von seiner Arbeitspflicht freigestellt hat. Mangels Arbeitspflicht des Arbeitnehmers fehlt dem Arbeitgeber aufgrund der Freistellungserklärung die Gläubigerstellung.

3. Eine Anrechnung von Zwischenverdienst im Falle der rechtswirksamen Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht durch den Insolvenzverwalter kommt nur dann in Betracht, wenn sie ausdrücklich vorbehalten wurde.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 615 Sätze 1-2; SGB X § 115; InsO § 55 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 30.06.2004; Aktenzeichen 8 Ca 4030/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 06.09.2006; Aktenzeichen 5 AZR 703/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.06.2004 – 8 Ca 4030/04 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und der Urteilsspruch aus Gründen der Klarstellung wie folgt neu gefasst:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger zu 1) 18.789,96 EUR brutto nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basissatz seit 08.06.2004 zu zahlen.
  2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger zu 2) 13.300,– EUR brutto abzüglich 219,60 EUR netto nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basissatz auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 08.06.2004 zu zahlen.

II. Die Kosten der Berufungsinstanz trägt der Beklagte.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger waren Mitarbeiter der Firma T. xxx GmbH, über deren Vermögen am 01.01.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestimmt. Er kündigte beiden Klägern zum 29.02.2004. Die Parteien einigten sich in anschließenden Kündigungsstreitverfahren darauf, dass die Arbeitsverhältnisse zum 30.04.2004 endeten. Der Beklagte hatte die Kläger zuvor mit den vom 05.01.2004 datierten Kündigungsschreiben „mit dem Ablauf des 15.01.2004 von der weiteren Mitarbeit freigestellt”. Mit ihrer Klage fordern die Kläger Vergütung für die Zeit vom 16.01. bis 30.04.2004. Der Kläger zu 1) beansprucht auf der Grundlage einer monatlichen

Bruttovergütung i. H. von 5.368,56 EUR die Zahlung von 18.789,96 EUR nebst Verzugszinsen, der Kläger zu 2) auf der Grundlage einer monatlichen Vergütung i. H. von 3.800,– EUR – ebenfalls nebst Verzugszinsen – 13.300,– EUR brutto.

Der Kläger zu 1) hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger zu 1. 18.789,96 EUR brutto nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger zu 2) hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger zu 2. 13.300,00 EUR brutto

nebst jährlichen Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz

seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er gehe davon aus, dass beide Kläger in der hier fraglichen Zeit Arbeitslosengeld bezogen hätten. Von daher seien sie jedenfalls in Höhe eines überwiegenden Teils der Klageforderungen nicht mehr aktivlegitimiert.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 30.06.2004 stattgegeben. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er ist der Auffassung, ihm stehe ein Leistungsverweigerungsrecht zu, bis er seitens der Kläger Auskunft darüber erhalte, welche Bezüge sie in der fraglichen Zeit anderweitig erhalten hätten, etwa durch die – streitlose – Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab dem 20.01.2004. Insoweit sei auch aufgrund des seitens der Bundesagentur für Arbeit gezahlten Überbrückungsgeldes ein Anspruchsübergang auf die Arbeitsverwaltung erfolgt und die Kläger insoweit nicht mehr aktivlegitimiert. Jedenfalls habe der Kläger zu 2) für die Zeit vom 16.01. bis zum 19.01.2004 Arbeitslosengeld in Höhe von 219,60 EUR bezogen. In Höhe dieses Betrages zuzüglich seitens der Arbeitsverwaltung geleisteten Sozialversicherungsbeiträge sei der Kläger zu 2) nicht mehr aktivlegitimiert.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 30.06.2004 – 8 Ca 4030/04 – abzuändern und die Klagen abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Beklagten ist zum weitaus überwiegenden Teil unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht der Klage des Klägers zu 1) in vollem Umfang stattgegeben. Auch die vom...

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