Mit Preissystemen legt der Anbieter fest, welche Erlösarten zu welcher Zeit von welcher Quelle in welcher Höhe bezogen werden. Nach Stoppel/Roth (2017) kann man Preissysteme anhand ihrer Bezugsgröße unterscheiden. Die Bezugsgröße produktzentrierter Preissysteme ist auf das Produkt oder auf den Zugriff zu einer Ressource ausgerichtet. Kundenzentrierte Preissysteme, die vor dem Hintergrund der Digitalisierung vermehrt Anwendung finden, beziehen sich auf die Wertkreation der Kunden. Der Fokus liegt also nicht mehr auf dem Wert des Produktes, sondern dem Wert, den der Kunde bei der Nutzung kreiert.

Die Idee, das Preissystem mit Hilfe einer alternativen Bezugsgröße am Value-in-use auszurichten, ist nicht neu. Jedoch hat die Bedeutung der Bezugsgrößenwahl bisher wenig Beachtung gefunden. James Watt (1736–1819) hat bereits zu seiner Zeit die Auswirkungen der Bezugsgrößenwahl auf die Value Proposition, das Preissystem und die Preisdifferenzierung gezeigt:

"Wir werden Ihnen kostenlos eine Dampfmaschine überlassen. Wir werden diese installieren und für fünf Jahre den Kundendienst übernehmen. Wir garantieren Ihnen, dass die Kohle für die Maschine weniger kostet, als Sie gegenwärtig an Futter für die Pferde aufwenden müssen, die die gleiche Arbeit tun. Und alles, was wir von Ihnen verlangen, ist, dass Sie uns ein Drittel des Geldes geben, das Sie sparen."[1]

Als Bezugsgröße verwendet Watt die Steigerung der Prozesseffizienz anstelle des Produktes "Dampfmaschine". Eine solche Value Proposition ist viel stärker am Kunden und seiner Wertschöpfung orientiert und weist auch eine ganz andere Gestalt auf. Eine solche Bezugsgröße impliziert die Bereitstellung der dafür notwendigen Dienstleistungen, Produkte und weiterer Ressourcen. So übernimmt Watt neben der Dampfmaschine auch die Installation, die Instandhaltung und den Kundendienst. Diese Komponenten sind hierbei lediglich Distributionsmechanismen[2] des eigentlich erbrachten Service: Die Steigerung der Prozesseffizienz. Dies ist auch die Bezugsgröße und genau dafür zahlt der Kunde das Entgelt.

Mit der Änderung der Bezugsgröße geht auch die Änderung des Preissystems einher. Statt des Verkaufs eines Produktes zu einem im Vorhinein festgelegten Preis, wird die Kostenreduktion als die Messgröße der Prozesseffizienz zur Preisbildung herangezogen. In Watts Überlegung ist der Dampfmaschine kein Wert inhärent, sondern entsteht erst durch die Nutzung dieser. Das neue Preissystem erfasst diesen Wert adäquater und teilt ihn unter den Partnern auf.

Im Folgenden werden die vier Typen kundenzentrierter Preissysteme präsentiert und ausgearbeitet, wie die Wahl der Bezugsgröße die Gestaltung der Value Proposition beeinflusst. Die Wahl der Bezugsgröße determiniert das Preissystem und seine Anreizwirkungen. Auf dieser Grundlage wird die Allokation von Aufgaben und Risiken definiert und die Value Proposition erweitert.

In Tab. 1 sind die Preissysteme diesbezüglich in aufsteigender Reihenfolge angeordnet. In der dritten Spalte "Value Proposition" werden nur zusätzliche Aspekte aufgeführt, die bei vorhergehenden Preissystemen nicht enthalten sind.

 
Preissystem Art der Bezugsgröße Value Proposition

Verfügbarkeitsabhängig

(Bsp.: Pay-for-availability, Fixed-fee Pricing)

Performance Level Verfügbarkeit

(Bsp.: Einhaltung max. Output/h, Einhaltung von Toleranzen)

(a) Leistungsintegration

(b) Kapitalkostensenkung

(c) Investitionsrisiko

(d) Verfügbarkeitsrisiko

(e) Qualitätsrisiko

Nutzungsabhängig

(Bsp.: Pay-per-use, Pay-per-hour)

Nutzungsintensität

(Bsp.: Nutzungshäufigkeit, Nutzungszeit)

(f) Marktrisiko

(g) Kapazitätsrisiko

(h) Prozessrisiko

Ergebnisabhängig

(Bsp.: Pay-per-unit, Pay-on-production)

Outcome

(Bsp. Anzahl produzierter Einheiten, Anzahl nutzbarer Einheiten)

(i) Effizienz/Effektivität

(j) Revamping

Erfolgsabhängig

(Bsp.: Kostenersparnis, Gewinnbeteiligung)

Ökonomische Größen

(Bsp.: Kosten, Gewinn)
(k) Wertrisiko

Tab. 1: Die 4 Grundtypen kundenzentrierter Preissysteme (in Anlehnung an Stoppel/Roth, 2017)

[1] Zitiert nach Schultz et al., 2001, S. 46.
[2] Vargo/Lush, 2004.

2.1 Verfügbarkeitsabhängige Preissysteme

Bei verfügbarkeitsabhängigen Preissystemen wird eine Leistungsbereitschaft verkauft. Kunden zahlen regelmäßig einen Betrag für die Verfügbarkeit einer Infrastruktur, die vereinbarten Qualitäts- und Leistungsstandards genügt, ohne die physischen Güter zu erwerben. So nutzt Hilti beim Angebot der "Hilti Fleet Solution" ein verfügbarkeitsabhängiges Preissystem und formuliert dabei eine radikal neue Value Proposition:

"With Hilti Fleet Management, a fixed monthly charge covers all tool, service and repair costs. This greatly simplifies your financial planning and takes a load of administrative work off your shoulders. There are no hidden costs. All tools in the programme are replaced at regular intervals with latest generation tools, helping to avoid costly downtime and ensuring compliance with the latest safety standards."

Hilti verbessert die Produktivität der Kunden durch Abnahme aller technischen und administrativen Tätigkeiten, die mit dem Fuhrpark...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge