3.1 Strategische Überlegungen zur Krisenbewältigung

Viele Controller und Entscheidungsträger des oberen Managements in krisenbetroffenen Unternehmen setzen die Wörter Krise und Kostenmanagement häufig gleich mit Kosteneinsparung. Obwohl sie damit wohl erst einmal nicht grundsätzlich Unrecht haben, kommt es natürlich auf die Art der Krise an.

Für die derzeitige Corona-Krise würden wir auf jeden Fall zustimmen, dass die besonders stark betroffenen Unternehmen ihre Produktion bzw. wertschöpfenden Tätigkeiten auf das erforderliche Mindestmaß reduzieren. In personalintensiven Industrien sollten die Möglichkeiten der Heim- und Kurzarbeit voll ausgeschöpft werden. Überschüssiger Urlaub oder Überstunden müssen ebenfalls abgebaut werden.[1] Befindet sich ein Unternehmen bspw. aufgrund eines schwachen Produktportfolios oder falschen Investitionen in einer Krise, würden wir von diesen Einsparungsmaßnahmen jedoch zunächst abraten. Selbstverständlich sollten Aktivitäten und Bereiche, die nicht zur Erhaltung des Kerngeschäfts beitragen, reduziert werden; es wäre jedoch verfehlt, Personal in der Produktion freizusetzen oder gar ganze Produktionsstätten zu schließen.

Unternehmen mit ähnlichen Krisen sollten sich zunächst die Fragen stellen und bewerten:

  1. Was ist mein Kerngeschäft?
  2. Was ist meine strategische Position im Markt?

Unabhängig von der Krisenursache ist es ratsam, sich auf das bestehende Kerngeschäft zu fokussieren. Gleichzeitig sollten unprofitable Nebenaktivitäten eingedämmt werden. Auch wenn es zunächst widersprüchlich erscheint, sollten sowohl Expansions- als auch Wachstumsmöglichkeiten sorgfältig geprüft werden. Es könnten bspw. neue Märkte oder Kunden durch Skalierung oder Internationalisierung erschlossen werden. Auch Desinvestitionen können dazu beitragen, notwendig werdende Geldmittel zu generieren.[2]

Diese Maßnahmen dienen der Wertschaffung in der Krise. Sofern das Kerngeschäft jedoch durch den Krisenumstand zu stark beeinträchtigt und damit gefährdet ist, in seiner Gesamtheit verloren zu gehen, sollte eine strategische Neuausrichtung geprüft werden. Wir empfehlen, dass gerade ab dem Punkt einer strategischen Neuausrichtung spätestens scharfe Einsparungsmaßnahmen vorgenommen werden müssen, um die wertschöpfenden Aktivitäten und damit das Überleben des Unternehmens zu gewährleisten.

[1] Vgl. Gleich, 2020.
[2] Vgl. The Boston Consulting Group, 2017.

3.2 Kurzfristige Maßnahmen zur Verbesserung der Kosten- und Liquiditätssituation

Sind die Kernbereiche des Unternehmens, die es zu erhalten gilt, definiert, können Maßnahmen für eine kurzfristige Verbesserung der Kosten- und Liquiditätssituation ergriffen werden (s. Abb. 3).

Abb. 3: Optimierungs- und Einsparungsmöglichkeiten in der Krise

Zunächst könnte versucht werden, Einsparungspotenziale im Vertrieb und Marketing zu erzielen. Auch wenn häufig gefordert wird, dass es in Krisenzeiten bspw. mehr Vertriebsmitarbeiter benötigt als vorher – und dies im Kern stimmt – ist die Kundensituation in einer Krise häufig angespannt. Das bedeutet, dass Kunden entweder wegfallen oder ihre Betreuung zusammengelegt werden kann.

Anders sehen die sofortigen Möglichkeiten in der Produktionsplanung aus. Man möchte möglichst niedrige Stückkosten (durch große Produktionsmengen) erreichen, aber gleichzeitig das Lager so gering wie möglich halten, während den Kunden eine kurzzeitige Lieferfähigkeit zugesichert wird. Diese Herausforderung stellt den Controller in der Krise vor einen schwierigen Balanceakt. In einer Krise verändern sich möglicherweise Bestellmengen, weil Kunden von ihren gewöhnlichen Bestellmustern abweichen oder sich gar auf günstigere Produkte konzentrieren. Hier ist es ratsam, frühzeitig den Kontakt zu (Schlüssel-)Kunden zu suchen, um die Produktions- und Lagerkosten niedrig zu halten und gleichzeitig eine schnelle Lieferverfügbarkeit anbieten zu können.

In diesem Zusammenhang sollte abschließend geprüft werden, ob Lieferzeiten angepasst werden können, um bspw. Lieferungen zusammenzulegen oder Routen zu optimieren. Auch eine kurzfristige Reduzierung des hauseigenen Fuhrparks sollte in Betracht gezogen werden. Nicht genutzte Fahrzeuge könnten abgemeldet werden; damit reduzieren sich die Fixkosten des Fuhrparks.

Ein geeignetes Working Capital Management kann in der Krise entscheidend dazu beitragen, die Liquidität des Unternehmens zu sichern.[1] Illiquidität ist ein zwingender Insolvenzgrund und sollte daher vermieden werden. Zur Kontrolle über das Working Capital eignet sich der Cash Conversion Cycle (CCC Time) als Kennzahl. Dieser misst den Liquiditätskreislauf in Tagen und hilft dabei, die Kapitalbindung zu reduzieren und Liquidität freizusetzen. Gleichzeitig gibt die Kennzahl Auskunft über die Machtverhältnisse entlang der unternehmenseigenen Supply Chain.

CCC Time = DSO (days sales outstanding) + DOH (days on hand) – DPO (days payables outstanding)

Ziel der Optimierung sollte immer eine möglichst geringe Dauer sein, da dies bedeutet, dass das Unternehmen Zahlungen von Kunden früher erhält als es Zahlungen an Lieferanten leisten muss. Die Formel zeigt an, dass in 3 Bereichen des Unternehmens Maßnahmen zur Ve...

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