Unabhängig von der Kreditwürdigkeit setzt die Gewährung eines Kredits die Kreditfähigkeit des Kreditsuchenden voraus. Dabei ist unter Kreditfähigkeit die Fähigkeit des Kreditnehmers zu verstehen, rechtsgültig Kreditverträge abzuschließen, d. h. sich in rechtswirksamer Weise gegenüber dem Kreditinstitut verpflichten zu können. Kreditfähig sind

  • voll geschäftsfähige natürliche Personen,
  • juristische Personen des privaten (AG, GmbH) und öffentlichen Rechts (Körperschaften, Anstalten) und
  • Personengesellschaften.

Beschränkt Geschäftsfähige, insbesondere Minderjährige, können alleine keinen Kredit aufnehmen. Zur Aufnahme eines Kredits benötigen sie die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, der wiederum die Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes einholen muss. Die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bedeutet dabei nicht Mitverpflichtung. Schuldner ist allein der beschränkt Geschäftsfähige, also z. B. der Minderjährige.

Juristische Personen besitzen kraft Gesetzes die Fähigkeit, selbstständig Rechte zu erwerben und Verpflichtungen einzugehen. Zur Beurteilung der Kreditfähigkeit einer juristischen Person muss die Bank prüfen, wer in welchem Umfang die Institution rechtswirksam vertreten kann, also zur Kreditaufnahme rechtlich oder vertraglich befugt ist. Über diesen Sachverhalt geben grundsätzlich die relevanten gesetzlichen Bestimmungen (AktG, GmbHG, BGB, HGB), die Satzung und öffentliche Register Auskunft.

Kreditwürdig sind Personen oder Unternehmen, die so eingeschätzt werden, dass sie die persönliche und sachliche Fähigkeit und den Willen besitzen, den Verpflichtungen aus einem Kreditgeschäft in der vereinbarten Höhe und zu den vereinbarten Zeitpunkten nachzukommen. Die persönliche Kreditwürdigkeit äußert sich in subjektiv-persönlichen Eigenschaften, wie z. B. dem Charakterbild, der persönlichen sowie der unternehmerischen Situation des Kreditsuchenden und seinem beruflichen Werdegang. Die sachliche Kreditwürdigkeit hängt von der Vermögens- und Finanzlage sowie der Einkommens- bzw. Ertragslage des Kreditsuchenden ab.

Traditionell sind Kreditwürdigkeitsprüfungen darauf ausgerichtet, die Entscheidung für bzw. gegen eine Kreditgewährung zu fundieren. Inzwischen werden sie ergänzend dafür eingesetzt, die Qualität des Kreditsuchenden festzustellen und ihn in eine Risikoklasse (Bonitätsstufe) einzuordnen. Im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung kann zwischen logisch-deduktiven (z. B. Jahresabschlussanalyse) und empirisch-induktiven Verfahren (z. B. Rating) unterschieden werden. Während logisch-deduktive Verfahren versuchen, einen Begründungszusammenhang zwischen der künftigen Situation eines Kreditnehmers und den Determinanten, die diese Situation beeinflussen, herbeizuführen, knüpfen empirisch-induktive Verfahren an Merkmalsausprägungen und Indikatoren anderer Kredite und Kreditnehmer in der Vergangenheit an.[1] Das Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung beeinflusst ferner zum einen die Höhe des gewährten Kredits.[2] Zum anderen ergibt sich daraus, welche Hierarchiestufen in der kreditgewährenden Bank in den Kreditvergabeprozess einzubeziehen sind. Die Entscheidung zur Gewährung eines Kredits darf aufgrund bankaufsichtsrechtlicher Vorgaben in der Regel nicht nur von einer Person getroffen werden.[3]

[1] Vgl. Schierenbeck et al. (2014), S. 312f.
[2] Vgl. Brakensiek (1991), S. 54.
[3] Vgl. Mindestanforderungen an das Risikomanagement, TZ BTO 1.1.

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