Leitsatz

1. Zu den Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG können auch Aufwendungen für eine Zweitgrabstätte gehören, wenn die erste Grabstätte nur als vorübergehende Ruhestätte des Verstorbenen bestimmt war.

2. Die Angemessenheit eines Grabdenkmals richtet sich neben dem Umfang des Nachlasses nach der Lebensstellung des Erblassers. Entscheidend ist, was nach den in den Kreisen des Erblassers herrschenden Auffassungen und Gebräuchen zu einer würdigen Bestattung gehört.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 3, Abs. 5 Nrn. 1, 2 und 3 Satz 1 ErbStG, § 662, § 669, § 670, § 1968 BGB

 

Sachverhalt

Der Kläger ist aufgrund gesetzlicher Erbfolge der Alleinerbe seines im Jahr 2017 verstorbenen Bruders. Beide sind muslimischen Glaubens. Der Erblasser wurde im Februar 2017 bestattet. Die vom Kläger getragenen Kosten für das Grabdenkmal dieser Bestattung betrugen 9.300 EUR.

Das FA ließ bei der Berechnung der ErbSt diese Kosten als Nachlassverbindlichkeit zum Abzug zu. Den vom Kläger unter Vorlage eines Bauvertrags vom 21.3.2019 zusätzlich begehrten Abzug der Kosten für die Errichtung eines Mausoleums i.H.v. 420.000 EUR lehnte das FA ab. Die Klage blieb erfolglos (FG München, Gerichtsbescheid vom 23.3.2020, 4 K 2077/19, Haufe-Index 13881141, EFG 2020, 1319).

 

Entscheidung

Auf die Revision des Klägers verwies der BFH die Sache an das FG zurück. Das FG habe zwar zu Recht erkannt, dass sich aus dem vom Kläger erst ca. zwei Jahre nach dem Tod des Erblassers abgeschlossenen Vertrag zur Errichtung des Mausoleums keine Verpflichtung i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG ergebe. Ebenso habe das FG zu Recht entschieden, dass eine Auflage i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG mangels rechtlicher Verpflichtung des Klägers durch Testament nicht bestanden habe. Zu Unrecht sei das FG aber davon ausgegangen, dass in jedem Fall nur die Kosten für das zeitlich zuerst errichtete Grabdenkmal nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG zum Abzug zuzulassen seien. Für die Entscheidung der Frage, ob und in welcher Höhe die Kosten für das zweite Grabdenkmal abziehbar sind, bedürfe es weiterer Feststellungen des FG.

 

Hinweis

Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit den Voraussetzungen, unter denen die Aufwendungen für eine Zweitgrabstätte bei der Festsetzung der ErbSt als Nachlassverbindlichkeiten abziehbar sind, wenn der Erblasser nicht bereits selbst den Vertrag über deren Errichtung abgeschlossen hatte und es sich somit nicht um vom Erblasser herrührende Schulden i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG handelt. Er geht dabei auch auf die allgemeinere Frage ein, was unter einem angemessenen Grabdenkmal zu verstehen ist.

1. Die Abziehbarkeit der Aufwendungen für eine Zweitgrabstätte kann sich aus einer vom Erblasser verfügten Auflage ergeben. Gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG sind Verbindlichkeiten aus u.a. Auflagen vom Erwerb als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig.

a) Eine Auflage i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG ist gegeben, wenn der Erblasser den Erben oder einen Vermächtnisnehmer durch Testament zu einer Leistung verpflichtet, ohne einem anderen ein Recht auf diese Leistung zuzuwenden.

b) Die Auflage muss eine rechtliche Verpflichtung des Erben begründen. Dazu gehört bei einseitigen letztwilligen Verfügungen insbesondere die Wahrung der Form nach § 2231 BGB. Mündliche Anordnungen genügen auch erbschaftsteuerrechtlich nicht. Zwar sind auch unwirksame, insbesondere lediglich mündlich erteilte und deshalb formunwirksame Verfügungen von Todes wegen erbschaftsteuerrechtlich anzuerkennen, soweit sie gegenüber einem Dritten vollzogen werden. Das gilt aber nicht für die Auflage. Diese ist nach § 1940 BGB dadurch charakterisiert, dass der Erbe oder ein Vermächtnisnehmer zu einer Leistung verpflichtet ist, ohne dass der andere ein Recht auf die Leistung hätte. Es stünde deshalb in dessen Belieben, Ausgaben zu tätigen und sich darauf zu berufen, es handele sich um die Erfüllung einer – lediglich mündlich ausgesprochenen – Auflage.

2. Die Abziehbarkeit der Aufwendungen für eine Zweitgrabstätte kann sich auch aus § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG ergeben. Zu den Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal i.S. dieser Vorschrift können auch Aufwendungen für eine Zweitgrabstätte gehören, wenn die erste Ruhestätte nur als vorübergehende Grabstätte des Erblassers bestimmt war.

a) Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass zu den Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal i.S.d. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG nur die Aufwendungen für das zeitlich zuerst errichtete Grabdenkmal zählen. Denn der Beerdigungsakt findet seinen Abschluss mit der Herrichtung einer zur Dauereinrichtung bestimmten und geeigneten Grabstätte. Kosten, die nach Abschluss der Bestattung und Herrichten eines ersten Grabdenkmals entstehen, sind daher weder zivilrechtlich vom Erben zu tragen noch sozialrechtlich Bestattungskosten.

Allerdings sind Konstellationen denkbar, in denen entweder aufgrund der äußeren Umstände oder aufgrund des insofern maßgeblichen Willens des Verstorbenen hinsichtlich der Art und Weise s...

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