Leitsatz

Kosten für (unvermutete) Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Substanzschadens, der nachweislich erst nach Anschaffung des Gebäudes durch das schuldhafte Handeln eines Dritten verursacht worden ist, sind auch dann nicht den anschaffungsnahen Herstellungskosten i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG zuzuordnen, wenn die Maßnahmen vom Steuerpflichtigen innerhalb von drei Jahren seit Anschaffung zur Wiederherstellung der Betriebsbe­reitschaft des Gebäudes durchgeführt werden.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin erwarb eine vermietete und im Zeitpunkt des Gefahrübergangs mangelfreie Eigentumswohnung. Vor ihrem Auszug zerstörte die Mieterin mutwillig u.a. Türen und Bodenfliesen und verschwieg einen Wasserrohrbruch. Die Klägerin beseitigte auf ihre Kosten die Schäden. Das FA nahm insofern ­anschaffungsnahe Herstellungskosten an, da die 15 %-Grenze überschritten war. Das FG hat der Klage stattgegeben (FG Düsseldorf, Urteil vom 21.1.2016, 11 K 4274/13 E, Haufe-Index 9176263, EFG 2016, 630).

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte keinen Erfolg. Der BFH bejahte im Streitfall die Voraussetzungen für eine nach dem Erwerb eingetretene und von einem Dritten (Mieter) verursachte mutwillige Beschädigung der Mietsache, die nicht bei Erwerb angelegt gewesen sei. Eine Aufteilung der Aufwendungen sei nicht geboten. Selbst wenn der Gesamtaufwand teilweise auch für Maßnahmen angefallen sei, die unter § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG fielen, bestünden keine Anhaltspunkte, dass diese die Grenze von 15 % überschritten.

 

Hinweis

Um die Bedeutung der Entscheidung ermessen zu können, muss man zunächst rekapitulieren:

1. In drei Urteilen vom 14.6.2016 hat der BFH zuletzt den Anwendungsbereich von § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStGweit ausgedehnt. Darunter fallen nun – kurz gefasst – alle in den ersten drei Jahren anfallenden Aufwendungen für bauliche Maßnahmen mit zwei Ausnahmen: (1) Erweiterungen i.S.v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB. Sie führen zwar ohnehin zu Herstellungsaufwand, der nicht sofort abgezogen werden kann, erhöhen aber nicht die Bemessungsgrundlage für die 15 %-Grenze und (2) Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen. Die Gefahr, dass an sich sofort abziehbarer Erhaltungs- und Instandsetzungsaufwand nachträglich zu steuerlichen Herstellungskosten umqualifiziert wird, ist damit erheblich gestiegen (BFH, Urteile vom 14.6.2016, IX R 22/15, BFH/NV 2016, 1623, BFH/PR 2016, 361, BFHE 254, 251, BStBl II 2016, 999; IX R 25/14, BFH/NV 2016, 1617, BFH/PR 2016, 364, BFHE 254, 236, BStBl II 2016, 992; IX R 15/15, BFH/NV 2016, 1621, BFH/PR 2016, 365, BFHE 254, 246, BStBl II 2016, 996.

2. Der Besprechungsfall ist der erste, den der BFH nach diesen Grundsatzurteilen zum Thema entschieden hat, und er enthält eine wesentliche Fortentwicklung der Rechtsprechung. Der BFH hat die zunächst sehr hart erscheinende neue Rechtsprechung deutlich abgemildert und über den Wortlaut des Gesetzes hinaus eine nicht unerhebliche weitere Ausnahme geschaffen:

a) Zunächst wiederholt der BFH die unter 1. dargestellten neuen Grundsätze.

b) Sodann wendet er sich der Frage zu, ob Aufwendungen für anschaffungsnah durchgeführte Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, welche durch nach dem Erwerb eingetretene Schäden – im Sinne einer Kausalität – verursacht worden sind, vom Regelungsgehalt der Norm erfasst sein sollten und verneint sie. Der Wortlaut der Norm sei zu weit gefasst und müsse in diesem Sinne einschränkend verstanden werden. Der Gesetzgeber habe bei Einführung der Norm nur den Status quo aufrechterhalten wollen.

c) Vom Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG ausgenommen sind danach – über die bisherige Rechtsprechung hinaus – auch Aufwendungen zur Beseitigung von Schäden,

  • wenn der Schaden nach Erwerb des Gebäudes eingetreten und
  • auf das schuldhafte Verhalten eines Dritten zurückzuführen ist.

d) Obiter dictum: Unter die Norm fallen aber alle Aufwendungen zur Beseitigung

  • verdeckter Mängel und
  • erst nach Erwerb auftretender, aber altersüblicher Mängel und Defekte.

Diese sind im Zeitpunkt des Erwerbs bereits angelegt (Kausalität).

3. Aus Sicht der insbesondere von sog. Mietnomaden betroffenen Vermieter ist diese Abmilderung sicherlich zu begrüßen. Die Rechtsanwendung wird dadurch allerdings wieder erheblich komplizierter.

a) Schäden an Bauwerken und – noch problematischer – deren Ursachen müssen nun wohl auch im finanzgerichtlichen Verfahren aufgeklärt werden, was vermutlich – wie vor den Zivilgerichten – häufig nicht ohne Sachverständigengutachten zu leisten sein wird (Schimmel). Die Betroffenen sollten jedenfalls rechtzeitig Beweisvorsorge treffen (selbstständiges Beweisverfahren), denn beseitigte Mängel sind im Nachhinein nur schwer nachweisbar.

b) Unklar ist auch die Reichweite der neuen Ausnahme. Genügt es, wenn der Mieter oder ein anderer Dritter objektiv einen Schaden an der Wohnung verursacht hat, der über den vertragsgemäßen Gebrauch hinausgeht, oder ist zusätzlich Verschulden Voraussetzung (Kinder)...

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