Rz. 72

Nach § 314 Abs. 1 Nr. 21 HGB sind die Gründe dafür anzugeben, auf welchen Differenzen oder steuerlichen Verlustvorträgen die latenten Steuern beruhen und mit welchen Steuersätzen die Bewertung erfolgt ist. Dabei beschränkt sich die Angabepflicht nicht nur auf die in der Konzernbilanz ausgewiesenen Positionen. Vielmehr erwartet der Gesetzgeber, dass gerade wegen der nun doch weiter erlaubten Gesamtdifferenzbetrachtung anzugeben ist, aufgrund welcher Differenzen oder steuerlicher Verlustvorträge im Konzernabschluss ein Ausweis unterblieb. Im Konzernabschluss sind die aus § 274 HGB (Ebene Handelsbilanz I) sowie die im Rahmen der Aufbereitung i. S. d. Vereinheitlichung von Ansatz und Bewertung der Abschlüsse (Ebene Handelsbilanz II) stammenden aktiven latenten Steuern auf Einzelabschlussebene als Wahlrecht ausgestaltet, während die – nach Gesamtdifferenzenbetrachtung, d. h. Saldierung – passiven latenten Steuern ansatzpflichtig sind. Die bei der Neubewertungsmethode im Rahmen der Kapitalkonsolidierung anfallenden Steuerlatenzen sind dagegen nach § 306 HGB ansatzpflichtig. Aus diesem Konglomerat an latenten Steuern auf den verschiedenen Ebenen ergibt sich im Konzernanhang eine gegenüber der Darstellung im Einzelabschluss erweiterte Angabenotwendigkeit. Da das bilanzorientierte Bewertungskonzept zugrunde zu legen ist (§ 274 HGB), wäre eine Orientierung an den Berichterstattungspflichten nach IAS 12 wünschenswert. Um das vom Gesetzgeber eingeräumte Wahlrecht für die aktiven latenten Steuern nicht auszuhöhlen, ist jedoch davon auszugehen, dass auch weniger umfangreiche Erläuterungen als ausreichend anzusehen sein werden.[1] Mit dem BilRUG wurde die Angabepflicht mit § 314 Abs. 1 Nr. 22 HGB jedoch für Geschäftsjahre ab 2016 weiter verschärft. Berichtspflichtig sind quantitative Angaben zu den latenten Steuersalden und ihren Bewegungen im Geschäftsjahr, was insbesondere den Auf- oder Abbau einschließt. Allerdings sind diese Angaben auf die angesetzten latenten Steuerschulden begrenzt, weshalb der Gesetzgeber eine Trennung zu den unter Nr. 21 geforderten allgemeinen Angaben vorgenommen hat. Der Ansatz von latenten Steuerschulden ist auch dann gegeben, wenn ein Ausweis in der Konzernbilanz durch die Nutzung der Gesamtdifferenzbetrachtung nach § 298 Abs. 1 HGB i. V. m. § 274 Abs. 1 Satz 3 HGB auf der Passivseite verhindert wurde.[2] Diese Problematik der verschiedenen Darstellungsebenen greift das DRS im aktuellen DRÄS 11 zur Änderung von DRS 18 "Latente Steuern im Konzernabschluss" auf,[3] wobei eine vorgeschlagene Änderung der gesetzlichen Regelungen aus aktueller Sicht kaum Chancen auf eine Umsetzung haben dürfte.

Nicht angabepflichtig sind die ansatzfähigen aktiven latenten Steuern, die unter Nutzung des Ansatzwahlrechts des § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB nicht aktiviert wurden. Da zudem von Steuersalden im Plural gesprochen wird, ist von einer ausführlichen Darlegung der angesetzten aktiven und passiven latenten Steuern in Form von Salden und deren Veränderung auszugehen. Der Ausweis hat quantitativ im Konzernanhang zu erfolgen, auch wenn die Salden und deren Veränderung durch die Vorjahresangabe aus der Konzernbilanz ableitbar wären (insbesondere bei Nichtanwendung der Gesamtdifferenzbetrachtung). Eine Unterteilung der Salden in aus § 274 HGB und aus § 306 HGB stammende Beträge ist nicht notwendig. Eine weitere Aufgliederung der Veränderungen in Form einer Überleitungsrechnung nach IAS 12 ist wünschenswert, aber nicht verpflichtend.

[1] Vgl. IDW RS HFA 27.36; van Hall/Kessler, in Kessler/Leinen/Strickmann, Handbuch BilMoG, 2009, S. 408. Strenger sieht dies Krimpmann, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 11. Aufl. 2020, § 314 HGB Rz. 124 ff.
[2] Vgl. Rimmelspacher/Meyer, DB 2015, Beilage 6, S. 27.

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