Rz. 1

Obwohl der Konzernabschluss lediglich Informationszwecken dient, sodass er etwa für die Fragen der Ausschüttungsbemessung nicht relevant ist, kann in der Praxis eine steigende Tendenz zur Betrachtung einzig des Konzerns beobachtet werden. Grund dafür ist, dass es sich bei der Konzernrechnungslegung um die gemeinsame Rechnungslegung einer Gruppe von Unternehmen handelt, die durch bestimmte rechtlich definierte Sachverhalte verbunden sind und die entsprechend der Einheitstheorie wie ein einziges, rechtlich und wirtschaftlich ganzheitliches Unternehmen abzubilden ist. Die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der einbezogenen Unternehmen ist so darzustellen, als ob diese Unternehmen insgesamt ein einziges Unternehmen wären. Dadurch wird der Tatsache Rechnung getragen, dass im Konzern Vermögens-, Rechte- und Erfolgsverlagerungen zwischen den einzelnen Konzernunternehmen möglich sind, sodass im Einzelabschluss eines konzernverbundenen Unternehmens die Gefahr besteht, dass die Erfolgs- und Finanzsituation unzutreffend dargestellt wird. Daher bietet erst der Konzernabschluss den über die Einzelabschlüsse hinausgehenden Einblick in die Vermögens-, Finanz- und Erfolgslage des Unternehmensverbundes in seiner Gesamtheit. Unter Beachtung der Rechnungslegungsbesonderheiten im Konzernabschluss und der spezifischen Möglichkeiten der Konzernbilanzpolitik ist eine Konzernabschlussanalyse im Prinzip in Anlehnung an die auf den Einzelabschluss bezogene Jahresabschlussanalyse durchzuführen. Allerdings sind bei dieser Analyse inhaltliche und methodenmäßige konzernspezifische Besonderheiten zu beachten, auf die sich im Folgenden beschränkt wird. Hinsichtlich der Bildung, Interpretation und Aussagekraft einzelner Kennzahlen sei auf die Literatur zur Einzelabschlussanalyse verwiesen.[1]

 

Rz. 2

Die Konzernrechnungslegungspflicht nach HGB bestimmt sich nach dem Konzept der möglichen Beherrschung und entspricht im Grundsatz der Regelung nach IFRS 10. Danach existiert ein sogenanntes Mutter-Tochter-Verhältnis bei einer Beherrschungsmöglichkeit (§ 290 Abs. 1 HGB), welche durch bestimmte konzerntypische Rechtspositionen, wie in § 290 Abs. 2 HGB beschrieben, begründet wird. Das Mutterunternehmen hat bei Überschreiten bestimmter Größenkriterien einen konsolidierten Jahresabschluss, einen sogenannten Konzernabschluss zu erstellen, in den grundsätzlich alle Tochterunternehmen unabhängig von ihrem Sitz einzubeziehen sind (§ 294 Abs. 1 HGB, IFRS 10.19 bzw. IFRS 10.B86); es gilt das Prinzip des Weltabschlusses. Nach § 297 Abs. 1 HGB besteht der Konzernabschluss aus einer Konzernbilanz, einer Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung, einer Konzern-Kapitalflussrechnung, einem Konzerneigenkapitalspiegel und einem Konzernanhang; eine Konzernsegmentberichterstattung ist möglich, ein Konzernlagebericht hat den Konzernabschluss zu ergänzen. Während kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen ihren Konzernabschluss zwingend nach IFRS erstellen und offenlegen müssen (§ 315e Abs. 1 HGB), besteht für nichtkapitalmarktorientierte Mutterunternehmen ein Wahlrecht, den Konzernabschluss entweder nach HGB oder IFRS zu erstellen und offenzulegen (§ 315e Abs. 3 HGB).

 

Rz. 3

Ungeachtet der wirtschaftlichen und rechtlichen Selbstständigkeit der einzelnen Konzernunternehmen wird der Konzern sowohl nach HGB als auch nach IFRS als eine Unternehmenseinheit betrachtet (sogenannte "Einheitstheorie"),[2] wobei die einzelnen Konzernunternehmen den Rang von unselbstständigen Betriebsabteilungen bekommen. Demnach ist der Konzernabschluss quasi ein Jahresabschluss der Unternehmenseinheit Konzern, in den die Jahresabschlüsse der einzubeziehenden Tochterunternehmen durch Konsolidierung einbezogen werden.[3] Diese ist notwendig, um die (möglichen) Mängel der Einzelabschlüsse konzernverbundener Unternehmen einzugrenzen.

 

Rz. 3a

Obwohl der Jahresabschluss einer Kapitalgesellschaft gem. § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln hat, ist davon auszugehen, dass zur Beurteilung der tatsächlichen Lage eines verbundenen Unternehmens die Einzelabschlüsse nicht ausreichen. Die auf Einzelunternehmen bezogene Rechnungslegung kann immer dann zu Fehlabbildungen führen, wenn das Unternehmen nicht isoliert, sondern im Verbund mit anderen Wirtschaftssubjekten handelt. So bedingt etwa die Bilanzierung von Vermögen zu Anschaffungskosten, dass der Preis für den Vermögensgegenstand in einem Prozess am Markt zustande gekommen ist und damit zumindest näherungsweise und zu dem Zeitpunkt der Transaktion als objektiver Wertmaßstab für den Gegenstand verstanden werden kann. Problematisch wird es jedoch immer dann, wenn Vermögensgegenstände zwischen 2 rechtlich zwar selbständigen, aber betriebswirtschaftlich verbundenen Unternehmen verkauft werden. Letztlich ist es für Unternehmen dann möglich, Gewinn, Vermögen und Finanzsituation sehr weitgehend in der Darstel...

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