Rz. 24

Ein passiver Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung stellt, nachdem technische Aspekte ausgeklammert wurden, dem Charakter nach eine Rückstellung für drohende Verluste (badwill) oder einen "Gewinn" aus Beteiligungserwerb (lucky buy) dar. Im ersten Fall darf er gem. § 309 Abs. 2 Nr. 1 HGB erst dann ergebniswirksam aufgelöst werden, wenn die zum Zeitpunkt des Erwerbs erwartete ungünstige Entwicklung der künftigen Ertragslage des Unternehmens tatsächlich eingetreten ist oder zu diesem Zeitpunkt erwartete Aufwendungen zu berücksichtigen sind (DRS 23.143). Vor allem mit Bezug auf das Realisations- und Vorsichtsprinzip ist davon auszugehen, dass eine Pflicht zur Auflösung besteht. Im zweiten Fall ist die erfolgserhöhende Auflösung des passiven Unterschiedsbetrages im Ergebnis gem. § 309 Abs. 2 Nr. 2 HGB erst dann erlaubt, wenn am Abschlussstichtag feststeht, dass er einem realisierten Gewinn entspricht, wobei auch hier davon auszugehen ist, dass eine Auflösungspflicht besteht. Während die Realisierung im Fall einer entsprechenden tatsächlichen Veräußerung an Konzernfremde zweifelsfrei ist, erscheint es zumindest fraglich, ob der passivische Unterschiedsbetrag auch bereits dann aufgelöst werden darf, wenn nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung aufgrund einer nachhaltig guten Ertragslage und erheblicher Gewinnthesaurierungen des Tochterunternehmens eine Gewinnrealisierung angenommen werden kann. Nach DRS 23.145 wird die Gewinnrealisation dann als gegeben angesehen, wenn auch die erworbenen Vermögensgegenstände realisiert (genutzt) werden. Daher ist ein lucky buy planmäßig über die gewichtete durchschnittliche Restnutzungsdauer der erworbenen abnutzbaren Vermögensgegenstände zu vereinnahmen. Eine vorzeitige Vereinnahmung darf nur bei wesentlichen Abgängen der zugrunde liegenden erworbenen abnutzbaren Vermögensgegenstände erfolgen. Sollte das Vermögen im Wesentlichen aus nicht abnutzbaren Vermögensgegenständen bestehen, so sollte analog eine Verteilung nach dem Verbrauch oder Abgang der nicht abnutzbaren Vermögensgegenstände erfolgen (DRS 23.146). Diese Vorgehensweise entspricht den Regelungen zum negativen Goodwill, die nach IAS 22.62 bis März 2004 galten; seitdem ist generell nach IFRS der Ansatz eines passivischen Unterschiedbetrags aus der Kapitalkonsolidierung ausgeschlossen.

 

Rz. 25

Technische passive Unterschiedsbeträge können dagegen in folgenden Fällen entstehen[1] und verlangen die dargestellte Auflösungssystematik:

  • Bei Auseinander fallen des Zeitpunkts der Entstehung des Mutter-Tochter-Verhältnisses (§ 290 Abs. 1 und 2 HGB) und des Zeitpunkts der erstmaligen Einbeziehung des TU in den KA (§ 301 Abs. 2 Satz 3 oder Satz 4 HGB) hat sich das zu konsolidierende EK des TU zwischen diesen Zeitpunkten aufgrund von Gewinnthesaurierungen erhöht. Der Unterschiedsbetrag ist unmittelbar erfolgsneutral im EK zu erfassen (DRS 23.148).
  • Innerhalb dieses Zeitraums sind in den VG und Schulden des TU neue stille Reserven und/oder stille Lasten entstanden, die per Saldo zu einer Erhöhung des neubewerteten zu konsolidierenden EK führen. Der Unterschiedsbetrag ist an den folgenden KA-Stichtagen nach Maßgabe der Fortschreibung der Konzernbuchwerte der erworbenen VG oder übernommenen Schulden des TU ertragswirksam aufzulösen (DRS 23.149).
  • Das Mutter-Tochter-Verhältnis wurde durch eine Sacheinlage begründet und die Beteiligung des MU wurde nach den Grundsätzen für die Bewertung von Sacheinlagen zulässigerweise mit AK unterhalb ihres beizulegenden Werts angesetzt. Ein ähnlicher Anwendungsfall ergibt sich für Anteile, die das MU im Rahmen eines Tauschs erworben hat. Soweit keine Auflösung im Rahmen der konzerneinheitlichen Bewertung im Rahmen der HB II erfolgt, ist eine erfolgswirksame Auflösung an den folgenden KA-Stichtagen nach Maßgabe der Fortschreibung der Konzernbuchwerte der erworbenen VG oder übernommenen Schulden des TU nötig (DRS 23.150).
 

Rz. 26

Ein negativer Unterschiedsbetrag ist nach IFRS 3.36 zunächst auf seine Existenz hin zu überprüfen, indem die (neubewerteten) Werte der übernommenen Vermögensgegenstände und Schulden noch einmal kritisch überprüft werden. Daran anschließend ist der bestätigte Betrag erfolgswirksam zu berücksichtigen und somit nicht auszuweisen.[2]

 

Rz. 27

Hinsichtlich des Ausweises des passivischen Unterschiedsbetrags darf keine Saldierung der Unterschiedsbeträge auf der Aktivseite mit solchen der Passivseite vorgenommen werden. Die Beträge sind getrennt in den Positionen GoF und passivischer Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung auszuweisen und im Konzernanhang zu erläutern.

[1] Vgl. DRS 23.147.
[2] Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS Kommentar, 20. Aufl. 2022, § 31 Rz. 156.

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