Rz. 41

Für das Umsatzsteuerrecht legt § 3 Abs. 3 UStG fest, dass beim Kommissionsgeschäft zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vorliegt.[1] Bei der Verkaufskommission gilt der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer. Diese Vorschrift bestimmt damit jedoch nur, dass im Fall einer Verkaufskommission eine umsatzsteuerbare Lieferung zwischen Kommittent und Kommissionär vorliegt; eine Aussage darüber, wann diese Rechtsfolge eintritt, also über den Zeitpunkt der Lieferung, enthält § 3 Abs. 3 UStG nicht.

 

Rz. 42

Zwar hat bereits der Reichsfinanzhof angenommen, dass bereits mit der Übergabe der Sache an den Kommissionär eine Lieferung an diesen erfolge, jedoch wird diese bisher vielfach vertretene Rechtsauffassung seit dem BFH-Urteil v. 25.11.1986[2] nicht mehr aufrechterhalten.

 

Rz. 43

In diesem Urteil wird davon ausgegangen, dass die Übergabe des Kommissionsgutes an den Verkaufskommissionär keine Lieferung i. S. des § 3 Abs. 1 UStG darstellt. Der Kommittent überträgt dem Verkaufskommissionär – gewöhnlich – nur den Besitz an dem Kommissionsgut mit der Ermächtigung, hierüber in eigenem Namen nach § 185 Abs. 1 BGB zu verfügen.[3] Der Lieferungsbegriff des UStG ist jedoch nicht schon dann erfüllt, wenn lediglich das Recht, über einen Gegenstand zu verfügen, übertragen wird. Vielmehr ist erforderlich, dass die wirtschaftliche Substanz auf den Empfänger übergeht. Verfügungsmacht im Sinne einer Zuordnung der Substanz ist beim Kommissionär jedoch nicht gegeben.

 

Rz. 44

Etwas anderes ist – so die Urteilsbegründung weiter – durch § 3 Abs. 3 UStG nicht bestimmt. Die Bedeutung dieser Vorschrift ergibt sich vielmehr aus der Besonderheit des Kommissionsgeschäftes, die darin besteht, dass die im Innenverhältnis zwischen Kommittent und Kommissionär vereinbarte Geschäftsbesorgung durch das Auftreten des Kommissionärs nach außen im eigenen Namen verdeckt wird. Umsatzsteuerrechtlich wird die Lieferung des Kommissionsgutes an den Abnehmer entsprechend diesem Auftreten im eigenen Namen als Lieferung des Kommissionärs beurteilt; die Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär als Voraussetzung für die Lieferung des Kommissionärs an den Abnehmer wird durch § 3 Abs. 3 UStG fingiert. Da dies aber nur Bedeutung gewinnt im Zusammenhang mit der Lieferung des Kommissionsgutes an den Abnehmer, kann die Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär auch erst für diesen Zeitpunkt angenommen werden. Erst zu diesem Zeitpunkt ist der Abnehmer bestimmt; bis zu diesem Zeitpunkt bleibt es ungewiss, ob und an wen eine Lieferung erfolgt. Kommt das Ausführungsgeschäft nicht zustande, so hat der Kommissionär die Gegenstände, die er zur Ausführung der Kommission erhalten und nicht verwendet hat, gemäß § 667 BGB herauszugeben.

 

Rz. 45

Im Ergebnis ist somit festzustellen, dass eine umsatzsteuerlich relevante Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär erst im Zeitpunkt der Lieferung des Kommissionsgutes an den Abnehmer vorliegt, was auch noch mit Urteil des FG Rheinland-Pfalz[4] bekräftigt wurde. Dieser Rechtsauffassung hat sich auch die Finanzverwaltung in R 3.1 Abs. 3 UStAE angeschlossen.[5]

Entsprechendes gilt auch für Sicherungsgeschäfte. Der Sicherungsgeber führt mit der Übereignung beweglicher Gegenstände zu Sicherungszwecken unter Begründung eines Besitzmittlungsverhältnisses (§ 930 BGB) noch keine Lieferung an den Sicherungsnehmer aus. Zur Lieferung wird der Übereignungsvorgang erst mit der Verwertung des Sicherungsguts, gleichgültig, ob der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut dadurch verwertet, dass er es selbst veräußert, oder dadurch, dass der Sicherungsgeber es im Auftrag und für Rechnung des Sicherungsnehmers veräußert. Falls der Sicherungsgeber es übernimmt, das Sicherungsgut im eigenen Namen, aber für Rechnung des Sicherungsnehmers zu verkaufen, führt er an den Käufer eine entgeltliche Lieferung aus. Zudem greift § 3 Abs. 3 UStG ein; zwischen dem Sicherungsnehmer (Kommittent) und dem Sicherungsgeber (Kommissionär) liegt eine Lieferung vor, bei der der Sicherungsgeber (Verkäufer, Kommissionär) als Abnehmer gilt. Gleichzeitig erstarkt die Sicherungsübereignung zu einer Lieferung i. S. des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer. Es liegt ein Dreifachumsatz vor.[6]

 

Rz. 46

In dem oben genannten Urteil des FG Rheinland-Pfalz wird auch darauf hingewiesen, dass die zivilrechtliche Würdigung eines Geschäftes als Kommissionsgeschäft auch für die umsatzsteuerliche Beurteilung maßgeblich ist.

 

Rz. 47

Über ein Kommissionsgeschäft kann auch eine spezifische Steuerbefreiung "weitergereicht" werden. So können die Postagenturen, die die Briefmarken zum aufgedruckten Wert der Briefmarken an die Kunden im eigenen Namen und für Rechnung der Deutschen Post AG veräußern, hierfür die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8i UStG in Anspruch nehmen. Diese Beurteilung setzt voraus, dass die vertraglichen Vereinbarungen und die Abwicklung der Briefmarkenlieferungen tatsächlich zu einem Kommissionsgeschäft zwischen der Deutschen ...

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