Alle Beteiligten sind Unternehmer, die selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig sind; dass es sich teilweise um ausländische Unternehmer handelt, ist dabei ohne Auswirkung. Alle Unternehmer handeln im Rahmen ihres Unternehmens.

T erfüllt die Voraussetzungen als Kleinunternehmer[1], da er im vorangegangenen Kalenderjahr (2019) einen Gesamtumsatz von nicht mehr als 22.000 EUR erzielt hat und im laufenden Kalenderjahr (2020) voraussichtlich nicht mehr als 50.000 EUR Gesamtumsatz erzielen wird. Da T auch nicht auf die Kleinunternehmerbesteuerung verzichten will, ist er in 2020 als Kleinunternehmer anzusehen.

 
Praxis-Tipp

Kleinunternehmereigenschaft in den Folgejahren

T ist in 2021 nicht mehr Kleinunternehmer, da er in 2020 den Gesamtumsatz von 22.000 EUR übersteigen wird. Soweit er aber in 2021 nicht mehr als 22.000 EUR Gesamtumsatz erzielen wird, könnte er in 2022 wieder die Kleinunternehmerbesteuerung anwenden. Falls er aber in 2020 auf die Kleinunternehmerbesteuerung verzichten sollte, würde er an dieses Wahlrecht 5 Jahre gebunden sein und könnte selbst bei Unterschreiten der Gesamtumsatzgrenze von 22.000 EUR in den Folgejahren vor Ablauf der Frist nicht wieder in die Besteuerung nach § 19 UStG zurückkehren.

T realisiert mit dem Einkauf der Klöppelspitzen einen innergemeinschaftlichen Erwerb, da Gegenstände aus einem anderen Mitgliedstaat nach Deutschland gelangen, der Erwerber ein Unternehmer ist, der den Gegenstand für sein Unternehmen bezieht und der Lieferer ein Unternehmer ist, der offensichtlich auch nicht als Kleinunternehmer anzusehen ist.[2] Grundsätzlich könnte zwar eine Ausnahme vom innergemeinschaftlichen Erwerb nach § 1a Abs. 3 UStG vorliegen, da T Kleinunternehmer ist. Da T aber die Erwerbsschwelle nach § 1a Abs. 3 Nr. 2 UStG überschreitet, kommt die Ausnahme hier nicht zur Anwendung.

 
Wichtig

Der Zeitpunkt ist entscheidend

Die Erwerbschwelle beträgt 12.500 EUR. Zwar hat T offensichtlich die Erwerbschwelle in 2019 nicht überschritten. Da aber die Bestellung schon im Dezember 2019 erfolgte, war aus der Sicht des Beginns des Kalenderjahrs 2020 zu erwarten, dass die Erwerbsschwelle in 2020 überschritten wird. In diesem Fall kann es nicht mehr zur Anwendung der Ausnahmeregelung nach § 1a Abs. 3 UStG kommen. Wenn die Bestellung der Ware z. B. erst im Februar 2020 erfolgt wäre, würde die Erwerbsschwelle in 2020 nicht als überschritten gelten, selbst wenn dann für mehr als 12.500 EUR eingekauft würde.

T realisiert damit einen innergemeinschaftlichen Erwerb, der in Deutschland – dem Land, in dem sich die Gegenstände am Ende der Beförderung oder Versendung befinden – steuerbar ist.[3] Eine Steuerbefreiung nach § 4b UStG ergibt sich nicht. Die Bemessungsgrundlage beträgt 15.000 EUR, sodass eine Erwerbsteuer i. H. v. (15.000 EUR × 19 % =) 2.850 EUR entsteht. T muss die Erwerbsteuer bei seinem Finanzamt anmelden. Ein Vorsteuerabzug ergibt sich für T nicht, da er als Kleinunternehmer vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.[4]

 
Praxis-Tipp

Verwendung der USt-IdNr.

Damit T die Ware von seinem Zulieferer – dem belgischen Unternehmer S – im Rahmen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung erhalten kann, muss er gegenüber dem S mit seiner (zutreffenden) deutschen USt-IdNr. auftreten.

T führt gegenüber M eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 UStG aus. Offensichtlich handelt es sich um eine Beförderungs- oder Versendungslieferung, da die Ware zum Abnehmer befördert oder versendet wird. Der Ort der Lieferung ist dort, wo die Warenbewegung beginnt – in München. Die Lieferung ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG in Deutschland steuerbar und unterliegt auch keiner Steuerbefreiung nach § 4 UStG. Da aber T Kleinunternehmer ist, wird die für die Lieferung geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben.[5] Allerdings darf T in seiner Rechnung gegenüber M keine Umsatzsteuer gesondert ausweisen.[6]

Die von T in seiner Rechnung fälschlicherweise ausgewiesene Umsatzsteuer schuldet er nach § 14c Abs. 2 UStG[7], solange er den gesonderten Steuerausweis gegenüber M nicht berichtigt hat. Die Umsatzsteuer entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG mit Ausgabe der Rechnung.

M bezieht die Ware als Unternehmer für sein Unternehmen und wäre deshalb grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt. Da es sich aber um einen unberechtigten Steuerausweis handelt – T schuldet die Umsatzsteuer nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften für seine Lieferung, sondern wegen des unberechtigten Steuerausweises –, kann M die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG abziehen. Er hat insoweit einen zivilrechtlichen Rückforderungsanspruch gegenüber T.

 
Wichtig

Kein Vertrauensschutz

Oftmals ist es in der Praxis schwer, bei Vorlage einer Rechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer zu erkennen, dass der leistende Unternehmer Kleinunternehmer ist und deshalb die Umsatzsteuer nicht gesondert ausweisen dürfte. Dies ist aber für den Vorsteuerabzug nach den derzeit geltenden Vorschriften unbeachtlich. Ein Vertrauensschu...

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