Zusammenfassung

 
Überblick

Weil Kleingewerbetreibende meist nicht gerade zu den lukrativsten Mandanten einer Steuerkanzlei zählen, steht auch die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG oftmals nicht im Fokus des Steuerberaters bzw. seiner Mitarbeiter. Dabei sind hier gezielte Gestaltungen möglich, die unter dem Strich zu deutlichen Ersparnissen führen können, z. B. die Gründung mehrerer Kleinunternehmer-Tochtergesellschaften. Ist ein Wechsel zur Regelbesteuerung wegen Überschreiten der Umsatzgrenzen zwingend, muss der Berater darauf achten, dass noch mögliche § 15a UStG-Korrekturen zugunsten des Mandanten ausgeschöpft werden. Auch steuerplanerisch ist die Kleinunternehmerregelung von Bedeutung, weil mit Hilfe einer Analyse recht genau ermittelt werden kann, ob sie für einzelne Mandanten unter dem Strich vorteilhaft ist.

1 Problematik

Nach § 19 Abs. 1 UStG ist die Steuer, die ein im "Inland" ansässiger[1] Kleinunternehmer für seine steuerpflichtigen Umsätze schuldet, unter bestimmten Voraussetzungen nicht zu erheben. Die Kleinunternehmerregelung kommt zur Anwendung, wenn der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz (gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens)[2] zuzüglich der darauf entfallenen Steuer (Bruttobetrachtung) im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird. Mit der Nichterhebung der Umsatzsteuer ist ein Verlust des Vorsteuerabzugs verbunden.[3] Wer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres neu aufnimmt, muss entsprechend der Zweckbestimmung der Norm die Grenze von 22.000 EUR beachten. Bei sich abzeichnenden "höheren" Vorsteuerbeträgen kann die Kleinunternehmerregelung nachteilig wirken, weshalb das Gesetz ausdrücklich eine Option zur Regelbesteuerung vorsieht, an die der Unternehmer dann 5 Kalenderjahre gebunden ist.[4] Weil diese Option nur bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung erklärt werden kann, ist diese Frist unbedingt zu beachten.

[2] Zur Bemessung der Umsatzgrenze bei der Lieferung von Gegenständen, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt haben, vgl. BFH, Urteil v. 26.9.2019, V R 27/19, BFH/NV 2020 S. 67.

2 Gestaltungsempfehlung

2.1 Vorteilhaftigkeit analysieren

Bei der Neuaufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen Tätigkeit, insbesondere aber bei Tätigkeiten, die nebenberuflich selbstständig ausgeübt werden, wird der steuerliche Berater oft mit der Frage konfrontiert, ob die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG (dauerhaft) sinnvoll ist. Die Entscheidung ist insbesondere deshalb nicht so einfach, weil damit der Verlust des Vorsteuerabzugs einhergeht. Für die Analyse des Einzelfalls sind

  • die Höhe der Vorleistungen,
  • die Zusammensetzung der Ausgangsleistungen hinsichtlich der Vorsteuerabzugsberechtigung der Kunden,
  • die jeweils anwendbaren Steuersätze und
  • der zusätzliche Aufwand infolge der Anwendung der Regelbesteuerung durch die Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen[1]

von Bedeutung.

Nach einer von Blank durchgeführten steuerplanerischen Analyse[2] kann die Entscheidung für die Kleinunternehmerregelung bereits bei Bruttoumsätzen von 15.000 EUR den Gewinn vor Ertragsteuern um bis zu 2.394,96 EUR erhöhen.

 
Wichtig

Standardempfehlung nicht immer möglich

Bei heterogener Kundenstruktur (vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer und Privatkunden) und bei einem bedeutenden Anteil an Vorleistungen, bei denen ein Vorsteuerabzug in Betracht kommen könnte, ist die Ableitung einer Handlungsempfehlung allerdings intuitiv nicht möglich. Allgemein lässt sich aber festhalten, dass die Kleinunternehmerregelung dann vorteilhaft ist, wenn die Bruttoumsätze gegenüber nichtvorsteuerabzugsberechtigten Kunden höher als die vorsteuerabzugsberechtigten Bruttovorleistungen sind.[3]

[1] Vgl. Blank, StuB 2017, S. 623, 624.
[2] Blank, StuB 2017, S. 623, 624.
[3] Vgl. Blank, StuB 2017, S. 623, 624.

2.2 Gezielt gestalten

Grundsätzlich ist zu beachten, dass es bei der Bestimmung des Rahmens des Unternehmens keine Teilbetriebe oder Ähnliches wie etwa bei der Einkommensteuer gibt. Zum umsatzsteuerlichen Unternehmen gehören sämtliche Betriebe oder beruflichen Tätigkeiten desselben Unternehmers.[1]

In den Rahmen des Unternehmens fallen deshalb nicht nur die Grundgeschäfte, die den eigentlichen Gegenstand der geschäftlichen Betätigung bilden, sondern auch die Hilfsgeschäfte, ohne dass es dabei auf deren Nachhaltigkeit ankommt (z. B. Verkauf von Anlagevermögen).

Es ist daher grundsätzlich nicht möglich, die Kleinunternehmerregelung für einzelne Unternehmensteile anzuwenden, sofern der Gesamtumsatz des Unternehmens die Grenzen des § 19 UStG übersteigt.[2] So kann z. B. ein freiberuflich tätiger Rechtsanwalt eine selbstständig ausgeübte Aufsichtsratstätigkeit nicht nach der Kleinunternehmerregelung abrechnen (lassen), wenn er mit seinen Gesamtumsätzen (Einnahmen als Rechtsanwalt und als Aufsichtsratsmitglied) die Grenzen überst...

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