Natürlich ist es denkbar, dass die Regelbesteuerung im Laufe der Zeit "nachteilig" wird und ein Wechsel zur Kleinunternehmerregelung sinnvoll erscheint. In der Praxis gibt es jedoch mitunter Fälle, in denen eine Rückkehr zur Kleinunternehmer-Besteuerung nicht ohne Weiteres möglich ist, weil die 5-Jahres-Frist des § 19 Abs. 2 UStG "noch läuft", ohne dass dies den Beteiligten bewusst ist.

 
Praxis-Beispiel

"Versehentliche" Option

Frau Gehrich arbeitete in der Vergangenheit ausschließlich als freiberufliche Anwältin und erzielte Umsätze von rd. 100.000 EUR/Jahr. Nachdem sie das Angebot einer Anwaltskanzlei zur Festanstellung angenommen hatte, sank ihr freiberuflicher Umsatz deutlich. Er betrug in 2019 und 2020 nur noch 16.000 EUR. Für das Jahr 2020 reichte Frau Gehrich "aus Gewohnheit" eine Umsatzsteuererklärung ein, in der sie ihre Umsätze nach den Grundsätzen der Regelbesteuerung deklarierte. Für 2021 möchte sie zur Kleinunternehmerbesteuerung wechseln.

Das Finanzamt könnte hier die Auffassung vertreten, dass Frau Gehrich für das Jahr 2020 durch Abgabe der Umsatzsteuererklärung nach den Grundsätzen der Regelbesteuerung freiwillig auf die Anwendung der Kleinunternehmer-Besteuerung verzichtet hat.[1]

Der BFH hat allerdings mit Urteil v. 23.9.2020[2] entschieden, dass die "5-jährige Bindung" an die erstmalige Steuererklärung anknüpft, in der die allgemeinen Vorschriften (= Regelbesteuerung) angewandt wurden. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass nach Ablauf der Bindungsfrist von 5 Jahren der Steuerpflichtige konkludent mit der Abgabe der Steuererklärung unter Beachtung der Regelbesteuerung wiederum eine neue Bindungsfrist in Gang setzt.

[3]

[3] Beispiel nach Christ, Umsatzsteuer direkt digital Nr. 7/2017, S. 14, 17.

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