Grundsätzlich ist zu beachten, dass es bei der Bestimmung des Rahmens des Unternehmens keine Teilbetriebe oder Ähnliches wie etwa bei der Einkommensteuer gibt. Zum umsatzsteuerlichen Unternehmen gehören sämtliche Betriebe oder beruflichen Tätigkeiten desselben Unternehmers.[1]

In den Rahmen des Unternehmens fallen deshalb nicht nur die Grundgeschäfte, die den eigentlichen Gegenstand der geschäftlichen Betätigung bilden, sondern auch die Hilfsgeschäfte, ohne dass es dabei auf deren Nachhaltigkeit ankommt (z. B. Verkauf von Anlagevermögen).

Es ist daher grundsätzlich nicht möglich, die Kleinunternehmerregelung für einzelne Unternehmensteile anzuwenden, sofern der Gesamtumsatz des Unternehmens die Grenzen des § 19 UStG übersteigt.[2] So kann z. B. ein freiberuflich tätiger Rechtsanwalt eine selbstständig ausgeübte Aufsichtsratstätigkeit nicht nach der Kleinunternehmerregelung abrechnen (lassen), wenn er mit seinen Gesamtumsätzen (Einnahmen als Rechtsanwalt und als Aufsichtsratsmitglied) die Grenzen übersteigt.

Da bestimmte steuerfreie Umsätze bei der Berechnung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 3 UStG außen vor bleiben (z. B. aus Vermietung und Verpachtung oder aus heilberuflicher Tätigkeit), ist es insbesondere bei hauptberuflich umsatzsteuerfrei tätigen Unternehmern (z. B. Ärzten) denkbar, dass diese für einzelne umsatzsteuerpflichtige Leistungen (Erstellung bestimmter Gutachten u. a.[3]) die Kleinunternehmerregelung beanspruchen und deshalb insoweit nicht mit Umsatzsteuer belastet werden.[4] Auch bei den vor einigen Jahren publik gewordenen "Container-Fällen", in den Kapitalanleger nach Ansicht der Finanzverwaltung zum Unternehmer geworden sind, konnte die Kleinunternehmerregelung hilfreich sein.[5]

Personengesellschaften und Personenvereinigungen sind zwar bislang einkommensteuerrechtlich kein eigenes Steuersubjekt, im Umsatzsteuerrecht gelten sie jedoch als eigene Unternehmen.[6] Auch bei Personenidentität in den Gesellschaften können ggf. mehrere Unternehmen vorliegen mit der Folge, dass ggf. alle Unternehmen unter den Grenzen des § 19 Abs. 1 UStG bleiben und unterm Strich keine Umsatzsteuer abführen müssen.[7]

 
Praxis-Beispiel

Zwei identische Ferienhaus-GbR

Die Eheleute Clever sind Eigentümer von zwei Ferienwohnungen. Sie schließen zum Zwecke der Vermietung zwei GbR-Verträge, jedem der beiden gehört jeweils die ideelle Hälfte der Ferienwohnungen. Für beide Wohnungen werden getrennte Konten und Aufzeichnungen geführt und jede Wohnung ist über eine eigene Homepage buchbar.

Da die kurzfristige Vermietung von Wohn- und Schlafräumen grundsätzlich nicht umsatzsteuerbefreit ist und Ferienwohnungen regelmäßig nur von Privatpersonen gebucht werden, die in dieser Eigenschaft nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, besteht hier natürlich ein besonderes Interesse, die Umsatzsteuerbelastung zu vermeiden. Da im Beispiel zwei Gesellschaften vorliegen, wurde die Kleinunternehmergrenze des § 19 UStG quasi verdoppelt, sodass unter dem Strich fortlaufend Umsätze bis zu einer Höhe von 44.000 EUR (2 x 22.000 EUR) ohne Umsatzsteuerbelastung vereinnahmt werden können.[8]

Bevor die Entscheidung für eine solche Gestaltung getroffen wird, muss – wie eingangs erwähnt – natürlich deren Vorteilhaftigkeit untersucht werden. Stehen größere Vorsteuerbeträge auf dem Spiel, ist genau zu prüfen, ob eine Option zur Regelbesteuerung nicht doch die bessere Variante ist.

Im Beispiel ist es natürlich auch möglich, dass die Eheleute Clever zunächst von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen und im Vorfeld von sich abzeichnendem erhöhten Renovierungsbedarf der Wohnungen zur Regelbesteuerung optieren.[9]

Wer es mit der Verlagerung von Umsätzen auf mehrere Kleinunternehmer-Tochtergesellschaften "übertreibt", muss sich womöglich mit dem Vorwurf des Gestaltungsmissbrauchs auseinandersetzen.

Das FG Berlin-Brandenburg hat hierzu mit Urteil vom 21.6.2017 Folgendes entschieden:[10]

Verlagert ein Unternehmer Teile seiner umsatzsteuerpflichtigen Leistungen auf mehrere KG, an denen er jeweils beteiligt ist und weist er den einzelnen KG immer nur Umsätze in einer Höhe zu, welche jeweils die Kleinunternehmergrenze nicht überschreitet, kann nach den Umständen des Einzelfalls ein Gestaltungsmissbrauch vorliegen. In diesem Fall sind die Umsätze der KG nicht diesen, sondern dem dahinterstehenden Unternehmer zuzurechnen.

Geklagt hatte eine Steuerberatungsgesellschaft, die als Kommanditistin an 6 KG beteiligt war, die überwiegend laufende Geschäftsvorfälle buchten bzw. Lohnabrechnungen vornahmen.

Der BFH hat im Revisionsverfahren bestätigt, dass eine planmäßige Aufspaltung und künstliche Verlagerung von Umsätzen mit dem Ziel, die Kleinunternehmergrenze nicht zu überschreiten, missbräuchlich sein kann (bzw. ist).[11] Er hat sich damit unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Regelung für eine enge Auslegung ausgesprochen.

 
Praxis-Tipp

Außersteuerliche Gründe nennen!

Um dem Vorwurf eines Gestaltungsmissbrauchs erfolgreich zu begegnen, ist es erforderlich, dass dem Fina...

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