Anfechtungs- und Verpflichtungsklage setzen grundsätzlich die vorherige Durchführung des Einspruchsverfahrens als Vorverfahren voraus.[1] Der Kläger muss somit zunächst Einspruch einlegen und kann erst nach Ergehen einer sein Begehren ganz oder teilweise zurückweisenden Einspruchsentscheidung Klage erheben. Ausnahmen hiervon bieten die Sprungklage und die Untätigkeitsklage, die aber sonst keine besonderen Klagearten darstellen, sondern Unterfälle der Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage sind.

Mit der Sprungklage kann das Einspruchsverfahren übersprungen werden[2], d. h. statt des Einspruchs kann sofort Klage erhoben werden. Erforderlich dazu ist aber die Zustimmung des beklagten FA innerhalb eines Monats nach Zustellung der Klage.[3] Trotz Zustimmung kann das FG noch bis 3 Monate nach Eingang der FA-Akten bei Gericht bzw. bis 6 Monate nach Klagezustellung die Klage an das FA zur Durchführung des Einspruchsverfahrens abgeben.[4] Um sich unnötige Arbeit zu ersparen, ist zu empfehlen, das Einverständnis des FA schon vor der Erhebung der Sprungklage einzuholen. Stimmt das FA nicht zu, wird die Klage als Einspruch behandelt, d. h., das FG gibt den Fall an das FA zur Nachholung einer Einspruchsentscheidung ab.[5] Die Sprungklage ist damit erledigt. Ergeht nunmehr eine (negative) Einspruchsentscheidung, kann dagegen wiederum Klage erhoben werden.

 
Praxis-Tipp

Zweckmäßigkeit der Sprungklage

Von der Sprungklage sollte nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn der Sachverhalt unstreitig ist und keine Chance besteht, dass das Finanzamt – z. B. wegen Bindung an Richtlinien – im Einspruchsverfahren nachgeben wird.[6]

Die Untätigkeitsklage kann erhoben werden, wenn das FA über einen Einspruch nicht innerhalb einer angemessenen Frist (i. d. R. 6 Monate) entschieden hat. Ziel der Untätigkeitsklage ist nicht die Verurteilung des FA zum Erlass einer Einspruchsentscheidung, sondern desjenigen, was mit dem Einspruch begehrt wird, d. h. die Änderung oder Aufhebung des angefochtenen Bescheids oder der Erlass eines vom FA abgelehnten Bescheids. Dementsprechend muss auch der Klageantrag wie bei einer "normalen" Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage gestellt werden. Falls keine sachlichen Gründe dagegen sprechen, wird das FA nunmehr über den Einspruch entscheiden. Wird dem Einspruch voll stattgegeben, erledigt sich das Klageverfahren. Wird der Einspruch ganz oder teilweise zurückgewiesen, geht die Untätigkeitsklage in eine normale Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage über, falls der Kläger die Klage aufrechterhalten will; andernfalls muss er sie zurücknehmen.

 
Achtung

Untätigkeitsklage – Untätigkeitseinspruch

Die Untätigkeitsklage ist nicht unmittelbar möglich, wenn es nicht um das Ausbleiben der Einspruchsentscheidung, sondern um die Verzögerung des Erlasses eines beantragten Verwaltungsakts geht (Unterlassen eines Verwaltungsakts). Hier müssen Sie zunächst Untätigkeitseinspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 AO wegen unangemessener Verzögerung der Entscheidung über den Erlass eines beantragten Verwaltungsakts erheben.[7] Die Untätigkeitsklage ist erst zulässig, wenn auch über diesen Einspruch unangemessen lange nicht entschieden worden ist ("doppelte Untätigkeit").

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