Leitsatz

1. Erhält ein Kind, das ein Promotionsstudium in Großbritannien durchführt, von der ausländischen Universität ein Stipendium, das zu Einkünften führt, für die das Besteuerungsrecht Großbritannien zusteht, ist bei der Berechnung der nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG für den Kindergeldanspruch maßgeblichen Einkünfte und Bezüge des Kindes nur der Saldo aus den in Großbritannien erzielten Einnahmen und den damit in Zusammenhang stehenden Werbungskosten oder Betriebsausgaben bei den Bezügen anzusetzen.

2. Stehen die Aufwendungen für das Promotionsstudium in keinem Veranlassungszusammenhang mit Einkünften, für die Großbritannien das Besteuerungsrecht zusteht, können sie als vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn sie in einem Veranlassungszusammenhang mit einer künftigen Berufstätigkeit des Kindes im Inland stehen.

3. Stehen die Aufwendungen für das Promotionsstudium weder in einem Veranlassungszusammenhang zu gegenwärtigen noch zu künftigen Einkünften, ist das Stipendium insoweit bei der Bezügeberechnung unberücksichtigt zu lassen, als es für besondere Ausbildungszwecke bestimmt ist. Im Übrigen mindern die Aufwendungen die Einkünfte und Bezüge dann und insoweit, als sie als Werbungskosten zu berücksichtigen wären, wenn sie im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses angefallen wären.

 

Normenkette

§ 32 Abs. 4 Sätze 2 und 5 a.F., § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, Art. XVIII Abs. 2 Buchst. a, Art. XI Abs. 2 DBA-Großbritannien 1964/1970

 

Sachverhalt

Der Sohn S der Klägerin begann im Oktober 2007 ein Promotionsstudium in Großbritannien, für das ihm die Universität ein Stipendium in Höhe von umgerechnet 18.082 EUR (2008) und 2.657 EUR (Januar und Februar 2009) bewilligte, das steuerfrei ausgezahlt wurde.

Die Familienkasse lehnte die Kindergeldfestsetzung ab, weil die Einkünfte und Bezüge des S den Grenzbetrag überschreiten würden. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung ließ sie unberücksichtigt.

Das FG wies die Klage als unbegründet ab (FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31.5.2011, 4 K 331/09, Haufe-Index 3205049).

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache mit ausführlicher "Anleitung" zurück.

 

Hinweis

1. Ein ausländisches Stipendium ist im Rahmen der 2011 ausgelaufenen Grenzbetragsberechnung je nach seiner Ausgestaltung entweder bei den Einkünften oder bei den Bezügen zu erfassen.

2. Führt das Stipendium zu Einkünften, dann sind die damit in Zusammenhang stehenden Erwerbsaufwendungen abzuziehen. Der sich danach ergebende Saldo ist grundsätzlich bei den Einkünften zu erfassen oder, falls das deutsche Besteuerungsrecht aufgrund eines DBA ausgeschlossen ist, bei den Bezügen.

3. Ausbildungsaufwendungen können vorwegge­nommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben darstellen, soweit sie durch eine künftige Berufstätigkeit veranlasst sind. Die Verwaltung behandelt die Kosten eines Promotionsstudiums und der Promotion bei berufsbezogenem Veranlassungszusammenhang sogar dann als Erwerbsaufwendungen und nicht als Kosten eines Erststudiums i.S.v. § 12 Nr. 5 EStG, wenn ausnahmsweise kein berufsqualifizierender Studienabschluss vorangegangen ist.

4. Wenn die Aufwendungen für ein Promotionsstudium (ausnahmsweise) nicht durch gegenwärtige oder künftig angestrebte Einkünfte veranlasst und damit keine Erwerbsaufwendungen sind, können die für besondere Ausbildungszwecke bestimmten Teile des Stipendiums im Rahmen der Bezügeberechnung abgezogen werden. In Betracht kommen dafür z.B. Studiengebühren, Reisekosten bei einem Auslandsstudium, Kaufkraftunterschiede oder die Kosten einer Auslandskrankenversicherung.

5. Den Prüfungsmaßstab für den Abzug von Ausbildungskosten im Rahmen der Grenzbetragsberechnung bildet ein Ausbildungsdienstverhältnis. Da die Unterkunftskosten am Ausbildungsort grundsätzlich nicht berücksichtigt werden, ist nach bisheriger Rechtsprechung praktisch besonders bedeutsam, ob die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung vorliegen (vgl. z.B. BFH, Urteil v. 9.6.2011, III R 28/09, BFH/PR 2011, 384). § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG ist aber nicht unmittelbar anzuwenden, weil eine Hochschule kein Beschäftigungsort im Sinne ist (BFH, Urteil v. 19.9.2012, VI R 78/10, BFH/NV 2013, 123). Maßgeblich ist nunmehr, ob es sich um notwendige Mehraufwendungen handelt. Das ist der Fall, wenn der Studienort nicht der Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen ist und die Unterkunft dort zur Wohnung am Ort des Lebensmittelpunkts hinzukommt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 27.9.2012 – III R 13/12

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge