Kommentar

Mit Schreiben vom 8.2.2016 hat das BMF seine Aussagen zur Erwerbstätigkeitsprüfung bei volljährigen Kindern überarbeitet. Die gute Nachricht für Eltern: Bei mehraktigen Ausbildungen, konsekutiven Masterstudiengängen und studienintegrierten Ausbildungen zeigen sich steuerzahlerfreundliche Tendenzen.

Bis einschließlich 2011 konnten volljährige Kinder ihren Eltern nur dann einen Anspruch auf Kindergeld und Kinderfreibeträge vermitteln, wenn ihre Einkünfte und Bezüge maximal 8.004 EUR pro Kalenderjahr betrugen. Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 hat der Gesetzgeber diese Einkünfte- und Bezügegrenze mit Wirkung ab 2012 abgeschafft und stattdessen geregelt, dass volljährige Kinder nach dem Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur noch steuerlich bei den Eltern berücksichtigt werden, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgehen (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG).

Hinweis: Diese neue Erwerbstätigkeitsprüfung gilt unter anderem für volljährige Kinder, die noch nicht ihr 25. Lebensjahr vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) EStG) oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen können (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) EStG). Nicht durchzuführen ist die Prüfung hingegen bei Kindern, die ihr 21. Lebensjahres noch nicht vollendet haben und bei einer Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldet sind (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG) und bei behinderten Kindern, deren Behinderung vor dem 25. Geburtstag eingetreten ist (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG).

BMF aktualisiert Verwaltungsaussagen

Das BMF hat nun mit Schreiben vom 8.2.2016 seine Aussagen zur Erwerbstätigkeitsprüfung überarbeitet. Gegenüber dem ursprünglichen Anwendungsschreiben vom 7.12.2011 ergeben sich insbesondere folgende gelockerte Neuregelungen:

Anpassungslehrgänge als Berufsausbildung (Rz. 4)

Das BMF weist erstmalig darauf hin, dass auch solche Bildungsmaßnahmen als Berufsausbildung im Sinne der Erwerbstätigkeitsprüfung gelten, die amtlich festgestellte Unterschiede zwischen einem ausländischen Berufsabschluss und einem entsprechenden inländischen Berufsabschluss beheben sollen (z. B. Anpassungslehrgänge nach § 11 Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz). Sofern der im Ausland erworbene Berufsabschluss bereits eine erstmalige Berufsausbildung darstellt, ist diese erst abgeschlossen, wenn die inländische Anpassungsqualifizierung abgeschlossen ist. Erst ab diesem Zeitpunkt darf also in die Prüfung der Erwerbstätigkeit eingestiegen werden.

Erststudium erst mit Prüfungsergebnis abgeschlossen (Rz. 9)

Das BMF erklärt erstmalig, dass ein Studium in der Regel erst mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses abgeschlossen ist, sodass die Erwerbstätigkeitsprüfung erst ab diesem Zeitpunkt geprüft werden darf. Dieser Grundsatz gilt aber nur, wenn das Kind zwischen Prüfung und Bekanntgabe der Ergebnisse noch keiner Vollzeiterwerbstätigkeit in seinem angestrebten Beruf nachgegangen ist.

Aufnahme einer weiteren Ausbildung (Rz. 12a)

Nimmt das Kind nach einer mehrjährigen Berufstätigkeit eine weitere Ausbildung auf (z. B. Meisterausbildung nach Berufstätigkeit als Geselle), liegt aus steuerlicher Sicht eine Zweitausbildung vor, sodass der Umfang der Erwerbstätigkeit des Kindes für den Kindergeldanspruch geprüft werden muss.

Mehraktige und studienintegrierte Ausbildungen (Rz. 12b)

Mit Urteil vom 3.7.2014[1] hat der BFH entschieden, dass ein Bachelorstudent auch nach Abschluss einer studienintegrierten Ausbildung (und trotz einer Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden) noch bis zum Abschluss seines Bachelorstudiums steuerlich als Kind anerkannt werden kann. Nach Gerichtsmeinung hat das Kind mit Abschluss der studienintegrierten praktischen Ausbildung noch keine Erstausbildung im kindergeldrechtlichen Sinne absolviert, sodass noch keine Prüfung der Erwerbstätigkeit des Kindes vorgenommen werden darf. Das BMF übernimmt diese Rechtsprechungsgrundsätze und weist darauf hin, dass eine weiterführende Ausbildung (im Urteilsfall: Bachelorstudium nach Ausbildung zum Steuerfachangestellten) noch Teil einer Erstausbildung sein kann, sofern das Kind sein angestrebtes Berufsziel (nach objektiven Beweisanzeichen) noch nicht erreicht hat.

Hinweis: Diese "Verklammerung" von verschiedenen Ausbildungsabschnitten zu einer einheitlichen Erstausbildung und die damit einhergehende Verzögerung der Erwerbstätigkeitsprüfung gelingt allerdings nur, wenn beide Ausbildungsteile in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen (z. B. dieselbe Berufssparte betreffen) und zeitlich eng miteinander verknüpft sind (z. B. das Kind die Ausbildung zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufnimmt).

Das BMF verweist in diesem Zusammenhang auch auf das von der Finanzverwaltung anerkannte BFH-Urteil vom 15.4.2015[2], wonach die Familienkassen bzw. Finanzämter nicht nach jedem ersten berufsqualifizierenden Abschluss des Kindes in die Prüfung der Erwerbstätigkeit einsteigen dürfen. Nach Ansicht des BFH...

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