BMF, 2.7.2008, IV B 9 - S 7183/07/10001

Durch Art. 8 Nr. 4 Buchst. c und d des Jahressteuergesetzes 2008 (JStG 2008) vom 20.12.2007, BGBl 2007 I S. 3150 ist § 4 Nr. 23 UStG geändert und § 4 Nr. 25 UStG neu gefasst worden. Die Änderungen sind am 1.1.2008 in Kraft getreten (Art. 28 Abs. 4 JStG 2008).

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung der v.g. Steuerbefreiungsvorschriften Folgendes:

 

I. Neufassung des § 4 Nr. 25 UStG

 

1. Allgemeines

1

Durch die Neufassung des § 4 Nr. 25 UStG ist der Anwendungsbereich dieser Befreiungsvorschrift wesentlich erweitert worden. Nunmehr werden sämtliche Leistungen, die nach den Vorschriften des Achten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VIII – (Kinder- und Jugendhilfe) erbracht werden, unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit.

 

2. Begünstigte Leistungen

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Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 25 Satz 1 UStG umfasst die Leistungen der Jugendhilfe nach § 2 Abs. 2 SGB VIII und die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII.

3

Unter § 2 Abs. 2 SGB VIII fallen folgende Leistungen:

  1. Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes (§§ 11 bis 14 SGB VIII);
  2. Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie (§§ 16 bis 21 SGB VIII);
  3. Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Tagespflege (§§ 22 bis 25 SGB VIII);
  4. Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen (§§ 27 bis 35, 36, 37, 39, 40 SGB VIII);
  5. Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen (§§ 35a bis 37, 39, 40 SGB VIII);
  6. Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung (§ 41 SGB VIII).
 

3. Begünstigte Leistungserbringer

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Die vorgenannten Leistungen sind steuerfrei, wenn sie durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 69 SGB VIII) oder andere Einrichtungen mit sozialem Charakter erbracht werden. Der Begriff der „anderen Einrichtung mit sozialem Charakter„ entspricht der Formulierung der maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Grundlage (Art. 132 Abs. 1 Buchst. h Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie). Auf der Grundlage der dort eingeräumten Befugnis der Mitgliedstaaten sind insoweit anerkannt:

  1. von der zuständigen Jugendbehörde anerkannte Träger der freien Jugendhilfe (§ 75 Abs. 1 SGB VIII), die Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sowie die amtlich anerkannten Verbände der freien Wohlfahrtspflege gemäß § 23 UStDV;
  2. bestimmte weitere Einrichtungen soweit sie

    1. für ihre Leistungen eine im SGB VIII geforderte Erlaubnis besitzen. Insoweit handelt es sich um die Erlaubnistatbestände des § 43 SGB VIII (Erlaubnis zur Kindertagespflege), § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (Erlaubnis zur Vollzeitpflege), § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung, in der Kinder oder Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages betreut werden oder Unterkunft erhalten) und § 54 SGB VIII (Erlaubnis zur Übernahme von Pflegschaften oder Vormundschaften durch rechtsfähige Vereine);
    2. für ihre Leistungen einer Erlaubnis gemäß SGB VIII nicht bedürfen. Dies sind die in § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII geregelten Fälle der Vollzeitpflege sowie der Betrieb einer Einrichtung gemäß § 45 SGB VIII, allerdings nur, wenn es sich um eine Jugendfreizeiteinrichtung, eine Jugendausbildungseinrichtung, eine Jugendherberge oder ein Schullandheim i.S. des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII oder um ein landesgesetzlich der Schulaufsicht unterstehendes Schülerheim i.S. des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB VIII handelt. Ausgenommen sind somit die Einrichtungen i.S. des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB VIII, die außerhalb der Jugendhilfe liegende Aufgaben für Kinder oder Jugendliche wahrnehmen;
    3. Leistungen erbringen, die im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe (§ 69 SGB VIII), anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe (§ 75 Abs. 1 SGB VIII), Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts oder amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege gemäß § 23 UStDV vergütet wurden. Eine Vergütung durch die zuvor genannten Träger und Einrichtungen ist aber nur dann gegeben, wenn der Leistungserbringer von diesen unmittelbar bezahlt wird. Die Vergütung ist nicht um eine eventuelle Kostenbeteiligung nach §§ 90 ff. SGB VIII, z.B. der Eltern, zu mindern;
    4. Leistungen der Kindertagespflege erbringen, für die sie nach § 24 Abs. 5 SGB VIII vermittelt werden können. Da der Befreiungstatbestand insoweit allein darauf abstellt, dass die Einrichtung für die Kindertagespflege vermittelt werden kann, im Einzelfall also nicht vermittelt werden muss, greift die Steuerbefreiung somit auch in den Fällen, in denen die Leistung „privat” nachgefragt wird.

Der Begriff „Einrichtungen” umfasst dabei auch natürliche Personen.

 

4. Leistungsberechtigte/-adressaten

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Das SGB VIII unterscheidet Leistungsberechtigte und Leistungsadressaten. Leistungen der Jugendhilfe – namentlich im Eltern-Kind-Verhältnis – sind meist nicht personenorientier...

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