Nutzungs­möglichkeit für kleinere Kliniken

Die Nutzungsmöglichkeit des HR-Controllings soll beispielhaft an einem Fachkrankenhaus mit einer Kapazität von 100 Betten vorgestellt werden. Bei der untersuchten Klinik handelt es sich um eine Klinik in privater Trägerschaft mit 192 Mitarbeitern, die in zwei Fachabteilungen im Jahr 2010 rund 5.000 Patienten ambulant und stationär betreuten und dabei einen Umsatz von 19,9 Mio. EUR erzielten.

Insbesondere in kleineren Krankenhäusern stehen häufig nur wenige standardisierte Informationen regelmäßig zur Verfügung. Im vorliegenden Fall handelt es sich um folgende regelmäßig erfasste Daten:

  • Personalbestand in Vollkräften und Köpfen
  • Anzahl geleisteter Überstunden
  • Anzahl der Krankheitstage
  • Anzahl der Resturlaubstage

Diese Daten wurden bisher aus verschiedenen Quellen in unterschiedlichen Formaten generiert und z. T. nicht elektronisch übermittelt. So wurden die Krankheits- und Urlaubstage für Mitarbeiter im Pflegebereich gesondert erfasst. Das bedeutet, dass Informationen zunächst aufwendig zusammengestellt werden müssen, ehe sie in einheitlicher Form zur Verfügung stehen.

Gerade kleinere Kliniken scheuen den Aufwand der zusätzlichen Datenerhebung und -aufbereitung. Viele Leitungskräfte haben schon unliebsame Erfahrungen mit endlosen Tabellenkalkulationen gemacht, die sich neben unübersichtlichen Datenmengen vor allem durch ihre lesefeindliche Aufbereitung auszeichnen. So werden die Datenerhebung und die Interpretation häufig eher als zusätzliche Belastung anstatt als Werkzeug zur Unterstützung des Personalmanagements empfunden.

3.1 Die richtigen Kennzahlen erheben

Warnzeichen definieren, Handlungs­bedarf erkennen

Vorab sollte in interdisziplinären Projektgruppen geklärt werden, für welche Fragestellung bzw. welche Probleme der Vergangenheit Lösungen gesucht werden sollen. So kann der Aufwand der Datenerhebung begrenzt werden. Der Einsatz des HR-Controllings kann sich zunächst auf die Verbesserung des Recruiting-Prozesses oder den Abbau von Überstunden durch eine verbesserte Personaleinsatzplanung beschränken. Steht die Kostenreduktion für den Einsatz von Honorarkräften im Vordergrund[1], bilden die entsprechenden Kennzahlen eine wichtige Argumentationsgrundlage für eine Personalaufstockung. Mitunter lässt sich auch durch die Optimierung ressourcenaufwendiger Prozesse eine Reduktion des Einsatzes teurer Honorarkräfte z. B. im OP-Bereich erzielen. Voraussetzung hierfür ist eine Beteiligung der unterschiedlichen Fachdisziplinen bei der Interpretation der Daten und der Ableitung entsprechender Maßnahmen.

Die richtigen Daten für den richtigen Mitarbeiter

Im vorliegenden Fall lautet die Empfehlung für eine gezielte Personalbedarfsplanung, monatlich die folgenden Kennzahlen abteilungsspezifisch an die entsprechenden Mitarbeiter der Personalabteilung, an die Chefärzte und an die Pflegedienstleitung zu übermitteln:

  • Zur Personalbedarfsplanung: Personalbestand in Vollkräften [VK], Personalbestand nach Köpfen
  • zum Personaleinsatz: Arbeitsproduktivität je VK, Verteilung des Jahresurlaubs, Überstundenquote
  • zur Personalerhaltung und -bindung: Fehlzeitenquote

Dem Geschäftsführer, dem Personalleiter und dem Controller sollten die folgenden Kennzahlen zur Verfügung gestellt werden:

Monatlich:

  • zur Personalbedarfsplanung: Netto-Personalbedarf, Personalbestand [VK], Personalbestand [Köpfe]
  • zum Personaleinsatz: Arbeitsproduktivität je VK, Verteilung des Jahresurlaubs, Überstundenquote, Leasing- und Honorarmitarbeiterquote
  • zur Personalerhaltung und -bindung: Fehlzeitenquote

Quartalsweise:

  • zur Personalstrukturplanung: Qualifikationsstruktur
  • zur Personalentwicklung: Durchführungsquote der geplanten Weiterbildungen

Halbjährlich:

  • zur Personalbeschaffung: Frühfluktuationsrate
  • zur Personalerhaltung und -bindung: Fluktuationsquote

Jährlich:

  • zur Personalstruktur: Frauenquote, Schwerbehindertenquote, durchschnittliche Betriebszugehörigkeit, Durchschnittsalter der Belegschaft
  • zur Personalbeschaffung: Effizienz der Beschaffungswege, Dauer des Einstellungsprozesses, Personalbeschaffungskosten je Eintritt (ggf. auf aktuelle Maßnahmen bezogen)
  • zum Personaleinsatz: Teilzeitquote
  • zur Personalerhaltung und -bindung: Fluktuationskosten, Anzahl der durchgeführten Mitarbeitergespräche
  • zur Personalentwicklung: Personalentwicklungskosten-Anteil, Personalentwicklungskosten je Mitarbeiter, Weiterbildungszeiten pro Mitarbeiter, Weiterbildungskosten pro Teilnehmer
  • zur Personalfreisetzung: Anteil Freisetzungen an der Gesamtbelegschaft, Anzahl arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen im Zuge der Trennung von Mitarbeitern, Sozialplankosten pro Mitarbeiter, Abfindungsaufwand pro Mitarbeiter
  • zur Personalkostenplanung und -kontrolle: Personalaufwandquote, Personalintensität, Personalkosten je Vollkraft, Personalkosten je Stunde

Anhand der genannten Daten lassen sich krankenhausspezifische "Alarmkennzahlen" definieren, die eine frühzeitige Reaktion auf Fehlentwicklungen ermöglichen. Ein Anstieg der Fehlzeitenquote, der geleisteten Überstunden oder steigende Kosten für Honorarkrä...

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