Der Wechsel von der frühen in die späte Phase wird dadurch gekennzeichnet, dass neue Services (Features) eingeführt werden, die neben der Nutzergewinnung hauptsächlich die Generierung von Umsätzen verfolgen. Für ein wirtschaftlich erfolgreiches Start-up/Projekt ist dieser Schritt entscheidend. Häufig gibt es bei der Ermittlung des Einführungspreises bisher keine ähnlichen Services für einen Vergleich. Des Weiteren muss dieser Service neben neuen Nutzern vor allem die große Basis der bestehenden Nutzer ansprechen und zum Kauf anregen. Dadurch kann ein Umsatzwachstum erzielt werden, das größer als das Nutzerwachstum ist. Die Erwartung der Nutzer ist, dass ein digitales Produkt in kurzen Zyklen neue Features (Services) anbietet. Aus diesem Grund muss geplant werden, welche kostenpflichtigen Services nach 2-3 Zyklen im Preis sinken werden und welche Kernprodukte als Service (Feature) bei gleichbleibenden Preis fortbestehen werden. Ein in der frühen Phase erfolgreiches Start-up/Projekt wird ähnlich wie bei der Einführung des MVP mit mehreren Ideen versuchen, den Nutzern kostenpflichtige Services anzubieten.

  • Manche Services müssen angepasst werden,
  • einige schaffen es nicht, können aber noch als gebührenfreies Feature (Service) neue Nutzer bringen und
  • ein paar erzeugen die ersten Umsätze.

An dieser Stelle können B2C-Anwendungen neben kostenpflichtigen Features Werbung für die Umsatzgenerierung einbauen. In vielen B2C-Anwendungen ist die Werbung oder eine Gebühr der Nutzer für ein Zeitgewinn bei gleichzeitig werbungsfreien Services die Hauptumsatzquelle. Die Kunden im B2B-Geschäft werden nur kostenpflichtige Services kaufen, wenn sie ihre Wertschöpfung steigern, die Verfügbarkeit erhöhen, die Instandhaltungskosten senken oder ihre Geschäftsrisiken senken können. Die Nutzer müssen die Vorteile erkennen und messen können, um eine Gebühr für den Service zu zahlen.

Neben dem Wechsel von kostenfreien zu kostenpflichtigen Services müssen klassische Unternehmen mit digitalen Wachstumsprojekten und ihre Kunden einen weiteren größeren Wandel managen. Während in den herkömmlichen Geschäftsmodellen physische Produkte oder Service-Mitarbeiter gegen Preise durch das Werkstor der Kunden kamen, müssen die Kunden ihren Lieferanten für digitale unsichtbare Produkte Geld überweisen.

Im weiteren Verlauf der späten Phase nehmen die kostenpflichtigen Services (Features) und damit der jährlich generierte Umsatz kontinuierlich zu. Die Wachstumsrate der neuen Nutzer wird dadurch schwächer und schwächer. Gleichzeitig nimmt das Wachstum des Umsatzes kontinuierlich zu, so dass die Wachstumsrate des Umsatzes schließlich über den Nutzern liegt. Deshalb ist es wichtig zu entscheiden, wann die Basis der Nutzer groß genug ist, um kostenpflichtige Services einzuführen. Eine zu frühe Umstellung kann dazu führen, dass potenzielle Nutzer nicht mehr am digitalen Service (Feature) interessiert sind. Ein zu später Wechsel zu kostenpflichtigen Service könnte das Wachstum und den absoluten Umsatz pro Jahr negativ beeinflussen.

In dieser Phase werden zusätzlich zu den KPIs der frühen Phase die Nutzer gemessen, die einen kostenpflichtigen Service/Feature kaufen. Hier wird wieder der Customer Funnel verwendet, wann und warum ein Nutzer den Service nicht kauft. Neben den Usern muss jedoch kontrolliert werden, ob die angebotenen Leistungen zu einer Steigerung der Wertschöpfung führen. In der GuV werden die ersten Umsätze sichtbar. Die GuV gewinnt mehr an Bedeutung, aber die hohen Kosten für den Betrieb und die Innovationstätigkeiten für neue Services/Features beeinflussen den EBIT und den Cashflow weiterhin nachhaltig negativ.

 
Praxis-Beispiel

Facebook hat Nutzerbasis über 5 Jahre aufgebaut

Facebook hat 5 Jahre lang auf den Aufbau einer Nutzerbasis fokussiert. Erst zwischen 2009 (360 Mio. Nutzer) und 2010 (608 Mio. Nutzer) konnte es den Umsatz um das 2,5-fache steigern. In den weiteren 7 Jahren steigt der Umsatz mit einer höheren durchschnittlichen Wachstumsrate (CAGR) als die Nutzerzahlen. Facebook hat 5 Jahre gebraucht, um vom Start in die Monetisierungsphase einzutreten.

Abb. 6: Facebook hat sich 5 Jahre lang auf den Aufbau einer Nutzerbasis fokussiert – erst dann beginnt die Monetarisierung

In Abb. 7 werden Unternehmen gezeigt, die sich in der frühen Phase befinden und bereits teilweise in die Monetisierungsphase gewechselt haben. Die Jahreszahlen der Unternehmen, die es erfolgreich in die späte Phase geschafft haben, zeigen, dass ein Verbleib von 5-7 Jahren in der frühen Phase normal ist. Diese lange Zeit erfordert eine kontinuierliche Kapitalfinanzierung von Start-ups und Wachstumsprojekten durch Investoren.

Abb. 7: Wertschöpfung in digitalen Unternehmen besser verstehen: Bekannte Start-ups in den unterschiedlichen Phasen

Welche Kennzahlen für Investoren wichtig sind, um in dieses Projekt zu investieren oder aufzuhören, werden im Kapitel 3 beschrieben.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge