Leitsatz

1. Wird bei Umtauschanleihen die Option auf Aktienlieferung durch den Anleihegläubiger ausgeübt, ist die Anleiheverbindlichkeit gegen den Buchwert der abgegebenen Aktien auszubuchen. Sofern der Ansatz der Anleiheverbindlichkeit den Buchwert der Aktien übersteigt, entsteht ein Gewinn, der § 8b Abs. 2 KStG unterfällt.

2. Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 KStG kann die Anleiheverbindlichkeit wegen § 5 Abs. 1a EStG nicht mit einem über dem Nennwert liegenden Teilwert berücksichtigt werden, wenn in der Handelsbilanz eine Bewertungseinheit zwischen der Anleiheverbindlichkeit und im Bestand der Anleiheschuldnerin gehaltenen Aktien gebildet wurde.

3. Zur Gewinnrealisierung im Hinblick auf Aktien, die dem Optionsrecht von Umtauschanleihen unterliegen.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1a EStG, § 8b Abs. 2 KStG, § 2 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine Konzernobergesellschaft in Rechtsform der AG, war Schuldnerin einer Umtauschanleihe. Diese Anleihe hatte eine Laufzeit von drei Jahren und eine relativ niedrige Verzinsung. Zum Ende der Laufzeit war die Anleihe zurückzuzahlen. Alternativ hatten die Gläubiger das Recht, ihre Schuldverschreibungen zu einem fest vereinbarten, dem damaligen Kurswert der Aktien entsprechenden Umtauschkurs in Stückaktien einer konzernangehörigen AG einzutauschen. Bei Begebung der Anleihe befanden sich sämtliche Aktien dieser AG im Eigentum einer anderen, konzernangehörigen GmbH. Die Klägerin war berechtigt, die Schuldverschreibung bei einer dauerhaften Steigerung des Aktienkurses vorzeitig zu kündigen.

Nach Begebung der Umtauschanleihe kam es zu erheblichen, dauerhaften Kurssteigerungen. Die Klägerin nahm zunächst zum 31.12.2005 eine aufwandswirksame Aufstockung der Anleiheverbindlichkeit vor, weitere Kurssteigerungen führten zu einer weiteren Teilwertaufstockung. Mitte 2006 machte sie von ihrem vorzeitigen Kündigungsrecht Gebrauch. Die meisten Anleihegläubiger wählten daraufhin die Aktienlieferung anstelle der "Barzahlung". Zur Erfüllung der Aktienlieferverpflichtung hatte die Klägerin im Juni/Juli 2006 Aktien von der konzernangehörigen GmbH erworben. Diese GmbH wurde mit Verschmelzungsvertrag vom August 2006 auf die Klägerin verschmolzen. Im Zeitpunkt der Erfüllung des Aktienlieferungsanspruchs der Gläubiger löste die Klägerin in ihrer Bilanz die Anleiheverbindlichkeit erfolgswirksam auf. Zugleich buchte sie die zur Erfüllung des Umtauschrechts vorgesehenen Aktien zum Buchwert aus. In Höhe der Differenz zwischen der weggefallenen, mit dem Marktwert der Aktien zum Lieferzeitpunkt ausgewiesenen Anleiheverbindlichkeit und dem Buchwert der Aktien erklärte sie in ihrer Körperschaftsteuererklärung des Streitjahres 2006 einen außerordentlichen Ertrag und deklarierte diesen als gemäß § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei. Dem folgte das FA nicht. Es ging von einem geringeren steuerfreien Gewinn aus. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos (FG Köln, Urteil vom 18.1.2017, 10 K 3615/14, Haufe-Index 10881339, EFG 2017, 1012).

 

Entscheidung

Der BFH hat die von der Klägerin eingelegte Revision als unbegründet zurückgewiesen und das FG-Urteil im Ergebnis bestätigt.

 

Hinweis

1. Mit der Besprechungsentscheidung hat der BFH erstmalig zu Zweifelsfragen bei der bilanziellen Behandlung von Umtauschanleihen im Umfeld der Veräußerungsgewinnbefreiung gemäß § 8b Abs. 2 KStG Stellung genommen.

2. Dem Streitfall lag eine in 2004 erfolgte Begebung einer durchaus typischen Umtauschanleihe zugrunde. Eine solche – neudeutsch Exchangeable genannte – Anleihe ist dadurch gekennzeichnet, dass zum Ende der Laufzeit der Anleihebetrag zurückzuzahlen ist oder die Anleihegläubiger statt Geld die Lieferung von Aktien zu einem bei Begebung festvereinbarten, dem damaligen Kurswert entsprechenden Umtauschkurs verlangen können. Im Streitfall war die Anleihe relativ niedrig verzinst, bei einem Eintritt von Kurssteigerungen während der Laufzeit war mit einer Ausübung des Optionsrechts durch die Gläubiger zu rechnen, weil diese hiermit einen zusätzlichen Ertrag erzielen konnten. Um einen etwaigen Aktienlieferanspruch erfüllen zu können, muss der Anleiheschuldner solche Aktien entweder in einem eigenen Deckungsbestand halten oder er muss sich diese z.B. bei einer konzernangehörigen Gesellschaft beschaffen.

3. Steuerrechtlich sind die verschiedenen Vorgänge rund um die Begebung und "Rückzahlung" einer solchen Anleihe laut BFH wie folgt zu würdigen:

a) Die Aktienlieferung an die von der Option Gebrauch machenden Anleihegläubiger kann dem Grund nach einen gemäß § 8b Abs. 2 KStG steuerfreien Gewinn (z.B. i.H.v. 40) auslösen. Der BFH folgt in diesem Zusammenhang der ganz h.M., wonach die passivierte Anleiheverbindlichkeit (z.B. i.H.v. 100) gegen den Buchwert der im Deckungsbestand befindlichen Aktien (z.B. 60) auszubuchen ist.

b) Im Zeitpunkt der Begebung ist die Umtauschanleihe als einheitliche Verbindlichkeit mit dem Rückzahlungsbetrag zu passivieren (Passivposten), d.h. die Option wird nicht "irgendwie bilanziell ausg...

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