Leitsatz

Überlässt ein Mineralölunternehmen mit Zweigstellen im Fördergebiet Tankstellen, die es im Fördergebiet errichtet hat, Tankstellenverwaltern als selbstständigen Handelsvertretern zum Betrieb, sind die Tankstellen nicht – auch nicht teilweise – (Vertriebs-)Betriebsstätten des Mineralölunternehmens, sondern ausschließlich (Handels-)Betriebsstätten der Tankstellenverwalter.

Wirtschaftsgüter, die das Mineralölunternehmen nach dem 31.12.1992 und vor dem 1.1.1997 für die überlassenen Tankstellen angeschafft oder hergestellt hat, sind nicht zulagenbegünstigt, weil sie in einer von der Gewährung der Investitionszulage ausgeschlossenen Betriebsstätte des Handels verblieben sind.

 

Normenkette

§ 12 AO, § 2 Satz 1 Nr. 3 InvZulG 1993/1996

 

Sachverhalt

Eine Mineralölfirma errichtete und überließ Tankstellen im Fördergebiet an selbstständige Tankstellenverwalter. Sie unterhielt mit ihren Zweigbüros im Fördergebiet dort zwar Betriebsstätten.

Das Finanzamt lehnte jedoch die Zulagenbegünstigung ab, da die Tankstellen langfristig an die Tankstellenbetreiber als von der Begünstigung ausgeschlossene Händler überlassen wurden. Es anerkannte die Tankstellen auch nicht als begünstigte eigene (Vertriebs-)Betriebsstätten der Mineralölfirma, da sie den Tankstellenverwaltern als deren eigenständige Betriebsstätten zuzurechnen waren.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FA. Die Tankstellen sind keine Betriebsstätten der Mineralölfirma. Die langfristige Überlassung der Anlagen an die Tankstellenbetreiber ist zulagenschädlich, da die Tankstellen schwerpunktmäßig einer nicht begünstigten Branche, dem Handel, zugehören.

 

Hinweis

1. Vor dem 1.1.1993 begonnene Investitionen sind begünstigt, wenn sie während des dreijährigen Verbleibenszeitraums in einer, d.h. irgendeiner, Betriebsstätte im Fördergebiet verbleiben (§ 2 Satz 1 Nr. 2, § 3 Satz 1 InvZulG 1991). Die Überlassung oder Veräußerung begünstigter Wirtschaftsgüter an einen Dritten zur Nutzung ist daher unschädlich, sofern die Anbindung an eine Betriebsstätte – auch eines Dritten – im Fördergebiet erhalten bleibt.

2. Nach dem 31.12.1992 begonnene Investitionen sind nicht mehr begünstigt, wenn sie in Betriebsstätten u.a. des Handels investiert wurden (§ 3 Satz 2 InvZulG 1993, § 3 Satz 3 InvZulG 1996).

Wird ein begünstigtes Wirtschaftsgut langfristig an einen Dritten überlassen, bleibt der Anspruch auf die Zulage daher nur dann erhalten, wenn es sich um eine Betriebsstätte des Dritten handelt, die nicht zu einer Branche gehört, die nach § 3 Satz 2 InvZulG 1993 bzw. § 3 Satz 3 InvZulG 1996 von der Förderung ausgeschlossen ist. Denn nach der gesetzgeberischen Intention sollten bestimmte Branchen von der Förderung ausgenommen werden. Dem würde es widersprechen, wenn ein Investor durch die Weitergabe der Vergünstigung über das Nutzungsentgelt die Zulage mittelbar einer Branche zugute kommen lassen könnte, die der Gesetzgeber nicht begünstigen wollte.

3. Die tatbestandlichen Merkmale einer Betriebsstätte richten sich auch im Zulagenrecht nach § 12 AO. Voraussetzung ist demnach, dass die Anlage der Tätigkeit des Unternehmers unmittelbar dient. Verpachtet der Unternehmer Einrichtungen und Anlagen, unterhält er mit dem verpachteten Betriebsvermögen i.d.R. keine eigene Betriebsstätte. Bei Verpachtung besteht im Allgemeinen nur eine Betriebsstätte des Pächters, der in der gepachteten Anlage seinen Gewerbebetrieb ausübt.

Die mit der Verpachtung verbundenen Verwaltungsarbeiten oder auch Betretungs- und Kontrollrechte des Verpächters reichen für die Annahme einer Betriebsstätte des Verpächters am Ort des Pachtobjekts nicht aus.

Grundsätzlich kann eine Betriebsstätte auch in der Betriebsstätte eines Dritten als sog. Doppelbetriebsstätte begründet werden. Dies setzt jedoch voraus, dass der Unternehmer rechtlich befugt ist, die Einrichtung oder Anlage nach den Bedürfnissen seines Unternehmens zu nutzen, z.B. wenn er eigene Arbeitnehmer oder von ihm beauftragte Subunternehmer beschäftigt.

Diese Voraussetzungen liegen bei der Überlassung von Tankstellen an selbstständige Tankstellenbetreiber nicht vor. Denn die Tankstellenbetreiber sind selbstständige Handelsvertreter, auch wenn ihre Tätigkeit weitgehend reglementiert ist. Die Kontrollrechte der Mineralölfirma reichen zur Bejahung einer eigenen gewerblichen Tätigkeit in der jeweiligen Tankstelle nicht aus.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.6.2005, III R 47/03

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