Leitsatz

1. Aufwendungen für einen in die häusliche Sphäre eingebundenen Raum, der sowohl zur Erzielung von Einnahmen als auch zu privaten Wohnzwecken eingerichtet ist und entsprechend genutzt wird, können weder insgesamt noch anteilig als Betriebsausgaben berücksichtigt werden (Anschluss an den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 27. Juli 2015 Grs 1/14, BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265).

2. Ein mit Büromöbeln und einer Küchenzeile ausgestatteter Raum, der ausschließlich über einen dem Privatbereich zugehörigen Flur zugänglich ist, verfügt über kein betriebsstättenähnliches Gepräge.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 4, Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG (2007)

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein Steuerfachwirt, betrieb ein Büro für Buchführungs- und Schreibarbeiten. Er wohnte 2007 in einem rd. 73 qm großen Zweizimmerapartment mit teilweise offener Bauweise.

Das räumlich abgeschlossene Schlafzimmer umfasste 17,7 qm, der im Grundriss der Wohnung als Wohnzimmer ausgewiesene Raumteil 38 qm. Dieser war mit zwei Schreibtischen, zwei Computern, Regalschränken, Tischrechnern, zwei Druckern, einer Telefonanlage sowie einem Faxgerät ausgestattet und wurde für die gewerbliche Tätigkeit genutzt. Die rund 3,6 qm große Küche ragte in offener Bauweise in diesen als Büro genutzten Bereich hinein. Die restliche Wohnfläche entfiel auf den Flur (2,7 qm) und das Badezimmer (8,3 qm).

Außerhalb seiner Wohnung unterhielt der Kläger keinen betrieblich genutzten Raum. Das FA versagte den Betriebsausgabenabzug für die anteilige Miete und Nebenkosten für den von ihm als Büro genutzten Bereich in Höhe von 3.393,12 EUR.

Das FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 25.8.2010, 2 K 2331/09, Haufe-Index 2744270, EFG 2011, 1961) wies die Klage als unbegründet ab ...

 

Entscheidung

… und der BFH die Revision als unbegründet zurück.

 

Hinweis

Das Verfahren hatte bis zur Entscheidung des Großen Senats (BFH, Beschluss vom 27.7.2015, GrS 1/14, BFH/NV 2016, 447, BFH/PR 2016, 93) geruht. Dieses Urteil wendet den Beschluss des Großen Senats an.

1. Der BFH entschied nicht wie das FG nach dem im Zeitpunkt des FG-Urteils noch geltenden § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG i.d.F. des StÄndG 2007 vom 19.7.2006 (BGBl I 2006, 1652), sondern nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG i.d.F. des JStG 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I 2010, 1768), der gemäß § 52 Abs. 12 Satz 9 EStG i.d.F. des JStG 2010 erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2007 anzuwenden ist.

2. Häusliches Arbeitszimmer ist nach dem vorstehenden Beschluss des Großen Senats ein Raum, der seiner Ausstattung nach der Erzielung von Einnahmen dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt wird.

Ein häusliches Arbeitszimmer ist seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden und dient vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten. Ein solcher Raum ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet, wobei der Schreibtisch regelmäßig das zentrale Möbelstück ist.

3. Die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG gilt dagegen nicht für Räume mit einem betriebsstättenähnlichen Gepräge, da sich bereits aus ihrer Ausstattung (z.B. als Werkstatt, Notfallpraxis, Tonstudio) oder wegen ihrer Zugänglichkeit durch dritte Personen eine private Mitbenutzung ausschließen lässt (so Beschluss des Großen Senats vom 27.7.2015, a.a.O.).

Ein unbeschränkter Betriebsausgabenabzug schied im Streitfall danach aus, denn der als Büro genutzte Bereich war wegen seiner Ausstattung mit Büromöbeln kein betriebsstättenähnlichen Raum und auch nicht mit Außenwirkung für den Publikumsverkehr geöffnet. Es fanden dort zwar Besprechungen mit Auftraggebern statt, die allerdings den Flur durchqueren mussten, der auch den Zugang zu den privaten Räumlichkeiten (z.B. Schlafzimmer und Badezimmer) ermöglichte.

4. Der beschränkte Betriebsausgabenabzug für das häusliche Arbeitszimmer scheiterte daran, dass der Kläger den (u.a. mit Büromöbeln und einer Küchenzeile ausgestatteten) Raum in mehr als nur unter­geordnetem Umfang zu privaten Wohnzwecken (mit-)genutzt hatte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 08.09.2016, III R 62/11BFH, Urteil vom 8.9.2016 – III R 62/11

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