Leitsatz

Eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen – hier: Treibstoffkosten – schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode für die Bemessung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines betrieblichen Kfz aus.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2, § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 38 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin überließ zwei Angestellten (A und B) jeweils ein betriebliches Fahrzeug auch zur Nutzung für private Fahrten und dem Angestellten A zusätzlich für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (bis 2013) bzw. erster Tätigkeitsstätte (seit 2014). Beide Arbeitnehmer führten zum Nachweis des Verhältnisses der privaten Fahrten und im Fall des A auch der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte/erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten unstreitig ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch.

Das FA stellte jedoch im Rahmen einer LSt-Außenprüfung fest, dass die Klägerin bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils der außerdienstlichen Kfz-Nutzung nach der Fahrtenbuchmethode die Treibstoffkosten nach Durchschnittswerten bemessen hatte. Denn die Fahrzeuge waren an einer betriebseigenen Tankstelle betankt worden, die weder über eine Anzeige der Abgabemenge noch des Abgabepreises verfügte.

Das FA bemaß den geldwerten Vorteil für die außerdienstliche Kfz-Nutzung daraufhin nach Maßgabe der 1 %- und der 0,03 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG) und nahm die Klägerin mit Haftungsbescheid in Anspruch.

Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das FG teilweise statt. Es erachtete die Bemessung des geldwerten Vorteils nach der Fahrtenbuchmethode dem Grunde nach als zulässig, berechnete den geldwerten Vorteil gemäß § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG jedoch neu. Die Treibstoffkosten der überlassenen Pkw ermittelte es hierbei nach deren vom Fahrzeughersteller angegebenen Durchschnittsverbrauch im innerstädtischen Verkehr sowie anhand des durchschnittlichen Liter-Einkaufspreises des Kraftstoffes, der durch Einkaufsrechnungen nachgewiesen im Streitzeitraum für die betriebseigene Tankstelle angeschafft worden war (FG München, Urteil vom 16.10.2020, 8 K 611/19, Haufe-Index 14308314).

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hat der BFH die Vorentscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen.

 

Hinweis

1. Das FG hat die nicht einbehaltene und abgeführte LSt nebst Annexsteuern für den geldwerten Vorteil der außerdienstlichen Nutzung der betrieblichen Fahrzeuge durch die Arbeitnehmer A und B (Haftungsbetrag) zu Unrecht nach der Fahrtenbuchmethode (§ 8 Abs. 2 Satz 4 EStG) ermittelt. Die ursprüngliche Berechnung dieses geldwerten Vorteils durch das FA gemäß § 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG (1 %- und 0,03 %-Regelung) ist vielmehr zutreffend.

2. Nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG kann der Vorteil aus der außerdienstlichen Nutzung eines betrieblichen Kfz mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte entfallenden Teil der "gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen" angesetzt werden, wenn die durch das Kfz "insgesamt entstehenden Aufwendungen" durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ­ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

3. Ausweislich des Gesetzeswortlauts ist die Fahrtenbuchmethode daher nicht schon dann anzuwenden, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt wird, welches das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten nachweist. Denn § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG setzt weiter voraus, dass zum einen der Wert der Privatnutzung als Teil der gesamten Kfz-Aufwendungen angesetzt wird, und zum anderen, dass die durch Belege nachzuweisenden Kosten die durch das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen umfassen. Die Fahrtenbuchmethode gründet damit auf dem Zusammenspiel der Gesamtfahrleistung durch die im Fahrtenbuch selbst vollständig dokumentierten Fahrtstrecken einerseits und einer vollständigen Bemessungsgrundlage dafür andererseits, nämlich dem Ansatz der gesamten Kfz-Aufwendungen mittels belegmäßiger Erfassung der durch das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen (BFH, Urteil vom 20.3.2014, VI R 35/12, BFH/NV 2014, 1283).

4. Eine Schätzung von belegmäßig nicht erfassten Kosten der überlassenen Fahrzeuge schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode folglich aus. Dies gilt entgegen der Auffassung der Klägerin selbst dann, wenn aufgrund der gewählten Schätzungsgrundlagen oder eines "Sicherheitszuschlags" bei der Bemessung des Nutzungsvorteils nach der Fahrtenbuchmethode vermeintlich höhere Gesamtkosten angesetzt werden, als tatsächlich entstanden sind.

5. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist eine Ermittlung des geldwerten Vorteils nach der Fahrtenbuchmethode im Streitfall ausgeschlossen. Die Klägerin hat nicht sämtliche durch das jewei...

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