Leitsatz

1. Grundstücksveräußerungen sind erst dann Gegenstand eines selbstständigen gewerblichen Grundstückshandels und nicht mehr landwirtschaftliche Hilfsgeschäfte, wenn der Landwirt über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehende Aktivitäten entfaltet, die da­rauf gerichtet sind, den zu veräußernden Grundbesitz zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen (Anschluss an das Senatsurteil vom 08.09.2005, IV R 38/03, BStBl II 2006, 166).

2. Bedient sich der Landwirt zur Erschließung des Baugeländes eines Dritten, der Geschäfte dieser Art eigengewerblich betreibt, ist ihm ­dessen Tätigkeit als eigene zuzurechnen (Anschluss an das Senatsurteil vom 13.03.1969, IV R 132/68, BStBl II 1969, 483).

3. Aktivitäten eines Dritten sind dem Landwirt dagegen nicht zuzurechnen, wenn der Dritte die Erschließung und Vermarktung der Grundstücke aus eigener Initiative und auf eigenes Risiko durchführt und wenn sich die Mitwirkung des Landwirts im Wesentlichen da­rauf beschränkt, die gewerbliche Tätigkeit des Dritten zu ermöglichen.

 

Normenkette

§ 6b, § 6c, § 13, § 15 Abs. 2 EStG

 

Sachverhalt

Ein Landwirt hatte ca. 20 Bauplätze verkauft. Den Anstoß dafür hatten zwei Bauunternehmer gegeben, die für eine bisher landwirtschaftlich genutzte Fläche aus eigenem Antrieb ein Bebauungskonzept entworfen hatten. Die Bauunternehmer erreichten die Verabschiedung eines Bebauungsplans, aufgrund dessen sie dann die Erschließung durchführten. Der Landwirt sollte die Grundstücke nur in Abstimmung mit den Bauunternehmern verkaufen können und hatte aus dem festgelegten Quadratmeterpreis einen ebenfalls festgelegten Betrag für die Erschließung an die Bauunternehmer weiterzuleiten.

Das FA sah in den Aktivitäten des Landwirts einen Gewerbebetrieb, während der Landwirt für die erzielten Gewinne Rücklagen nach §§ 6b, 6c EStG in seinem landwirtschaftlichen Betrieb bilden wollte.

Das FG kam zu dem Ergebnis, die Grundstücksverkäufe seien gewerblich gewesen. Eine Rücklage könne nicht gebildet werden.

 

Entscheidung

Auf die Revision des Landwirts hob der BFH das FG-Urteil auf und verwies das Verfahren zurück. Der Landwirt sei nicht gewerblich tätig gewesen. Er könne deshalb Rücklagen nach §§ 6b, 6c EStG bilden. Hierfür seien noch tatsächliche Feststellungen vom FG zu treffen.

 

Hinweis

1. Der Grundstücksbedarf für neue Baugebiete wird häufig durch Umnutzung bisher land- und forstwirtschaftlicher Fläche befriedigt. Für den Landwirt bedeutet das meist ein ertragreiches Geschäft, da seine Grundstücke stark im Wert steigen. Verkauft der Landwirt allerdings nicht nur eine Gesamtfläche, sondern parzellierte Baugrundstücke, stellt sich sogleich die Frage, ob diese Verkäufe noch Teil des landwirtschaftlichen Betriebs oder ein gewerblicher Grundstückshandel sind.

Der Unterschied zwischen den beiden Alternativen besteht nicht nur in der GewSt-Belastung, sondern außerdem in der Möglichkeit, eine Rücklage nach § 6b bzw. § 6c EStG für den erzielten Gewinn zu bilden. Im gewerblichen Grundstückshandel entfällt die Rücklagenbildung, weil das Bauland dort zum Umlaufvermögen gehört.

Auch im Besprechungsfall hatte der Landwirt eine Gewinnrücklage im landwirtschaftlichen Betrieb gebildet, die das FA nicht anerkennen wollte.

2. Die Abgrenzung zwischen gewerblicher und noch landwirtschaftlicher Tätigkeit ist nicht im Sinn einer allgemein verbindlichen Checkliste möglich, sondern hängt immer von den Besonderheiten des Einzelfalls ab. Grundsätzlich aber gilt, dass die Veräußerung bisher landwirtschaftlich genutzter Grundstücke ein Hilfsgeschäft des landwirtschaftlichen Betriebs ist. Zum Gewerbebetrieb wird der Grundstücksverkauf erst, wenn der Landwirt Aktivitäten entfaltet, um den betreffenden Grundbesitz "zu einem Objekt anderer Marktgängigkeit zu machen".

Die reine Parzellierung eines Grundstücks ist dabei ebenso unschädlich wie die Wahrnehmung von Beteiligungsrechten in einem Verfahren zur Feststellung eines Bebauungsplans. Auch die passive Mitwirkung an einer von Dritten vorgenommenen Erschließung führt noch nicht zur Gewerblichkeit. Diese Betrachtung ist übrigens auch unabhängig von der Zahl der verkauften Parzellen.

Überschritten wird die Grenze, wenn der Landwirt selbst aktiv wird, indem er etwa einen Bebauungsplan initiiert, selbst erschließt oder bei der Vermarktung mit Profis der Baubranche zusammenarbeitet. Dabei ist dem Landwirt auch jede Aktivität zuzurechnen, die er von Dritten für sich erbringen lässt.

3. Im Besprechungsfall waren alle Aktivitäten von Bauunternehmern ausgegangen, die von der Initiative zur Aufstellung eines Bebauungsplans bis zur Erschließung und Festlegung der notariellen Grundstückskaufpreise alle Fäden in der Hand hielten. Deshalb war der BFH der Meinung, der Landwirt habe keine über den bloßen parzellierten Verkauf hinausgehende Aktivitäten entfaltet und sei somit kein gewerblicher Grundstückshändler. Der Verkauf von 20 Bauplätzen war also ein landwirtschaftliches Hilfsgeschäft.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 08.11.2007, IV R 35/06

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