Leitsatz

Ausschüttungsgleiche Erträge i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 2 InvStG bzw. § 39 Abs. 1 Satz 2 KAGG erhöhen nicht nachträglich die Anschaffungskosten des Investmentanteils und sind deshalb auch keiner Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG zugänglich.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Sätze 1 und 2 EStG, § 1 Abs. 3 Satz 3, § 2 Abs. 1, § 11 Abs. 1 InvStG, § 39 Abs. 1 Satz 2 KAGG, § 252 Abs. 1 Nr. 4, § 255 Abs. 1 HGB

 

Sachverhalt

Die Klägerin nahm auf Anteile an Publikums- und Spezialsondervermögen, die ihrem Umlaufvermögen zugeordnet waren (§ 340e, § 340f Abs. 1 Satz 1 HGB), Teilwertabschreibungen aufgrund dauerhafter Wertminderungen i.H.d. Unterschiedsbetrags zwischen dem Rücknahmepreis zum Bilanzstichtag und den Anschaffungskosten der Anteile vor. Zuvor hatte sie die ihr im Streitjahr und den Vorjahren nach § 2 Abs. 1 Satz 2 InvStG (bzw. § 39 Abs. 1 Satz 2 KAGG) als zugeflossen geltenden Erträge als nachträgliche Anschaffungskosten der Fondsanteile qualifiziert.

Das FA folgte dem nicht. Die Klage war erfolglos (Sächsisches FG, Urteil vom 20.8.2015, 1 K 1689/12, Haufe-Index 9197281, EFG 2016, 1003).

 

Entscheidung

Der BFH folgte den Ausführungen des FG und wies die Revision zurück.

 

Hinweis

1. Es geht um Besteuerungsfragen rund um Investmentanteile im Betriebsvermögen (Wertansatz, nachträgliche Anschaffungskosten, Rücknahmepreis, Ausgleichsposten bei ausschüttungsgleichen Erträgen).

2. Der Wertansatz der Anteile an einem Investmentfonds (eigenständige Wirtschaftsgüter) folgt zunächst allgemeinen Regeln (hier: Anschaffungskosten). Ob ein Teilwertansatz ("voraussichtlich dauernde Wertminderung") in der Sache überhaupt möglich war (die Anteile waren dem Umlaufvermögen zugeordnet, sie dienten damit Veräußerungszwecken!), konnte offenbleiben: Denn die ausschüttungsgleichen Erträge erhöhten die ursprünglichen Anschaffungskosten der Investmentanteile nicht, sodass sie keiner Abschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG zugänglich waren.

3. Sog. ausschüttungsgleiche Erträge des Fonds (§ 1 Abs. 3 Satz 3, § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG) werden steuerlich als Betriebseinnahmen (Erträge) erfasst, und zwar im Zeitpunkt eines fingierten Zuflusses (§ 2 Abs. 1 Satz 2 InvStG; ebenso: § 39 Abs. 1 Satz 2 KAGG). Damit geht es in der Sache um eine Gleichstellung zwischen Fonds- und Direktanlage.

Dies ist handelsbilanziell (Realisationsprinzip, § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) anders: Zwar wirken sich thesaurierte Erträge regelmäßig auf den Kurs des Investmentanteils aus, aber die Realisierung tritt erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Rückgabe ein (Gewinn i.H.d. Differenz aus dem Veräußerungserlös bzw. Rücknahmepreis einerseits und dem Buchwert des Investmentanteils andererseits).

Damit es in diesem Zeitpunkt nicht zu einer erneuten Besteuerung kommt, sind die ausschüttungsgleichen Erträge zum Ablauf des Geschäftsjahres, in dem sie nach § 2 Abs. 1 Satz 2 InvStG als zugeflossen gelten, festzuhalten (dazu dient in der Praxis ein aktiver Ausgleichsposten in der Steuerbilanz). Jedenfalls ist auch in § 8 Abs. 5 Satz 3 InvStG bezogen auf die Schlussbesteuerung von Investmentanteilen (ebenfalls zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung) vorgesehen, dass der Veräußerungserlös u.a. um die während der Besitzzeit als zugeflossen geltenden ausschüttungsgleichen Erträge zu mindern ist.

4. Dabei ist ein solcher Merkposten weder ein selbstständiges Wirtschaftsgut "Beteiligung an thesaurierten Erträgen" noch ist er (in Gestalt von nachträglichen Anschaffungskosten) Bestandteil des Wirtschaftsguts Investmentanteil.

Für nachträgliche Anschaffungskosten fehlt es an einem der Klägerin zuzurechnenden tatsächlichen Aufwand auf die von ihr gehaltenen Investmentanteile. Zwar werden die vom Fonds erwirtschafteten ausschüttungsgleichen Erträge regelmäßig reinvestiert und erhöhen damit das Vermögen des Fonds. Dieser Vermögenszuwachs wirkt sich aber allein auf den Wert der bereits bestehenden Anteile aus, ohne dass der Wertzuwachs Aufwand auf die bestehenden Investmentanteile darstellt. Im steuerlich fingierten Zufluss der ausschüttungsgleichen Erträge kann auch keine "Einzahlung" in das Sondervermögen gesehen werden, weil die Zuflussfiktion keinen rechtlichen Anspruch des Anteilseigners auf Ausschüttung der ausschüttungsgleichen Erträge begründet.

5. Es liegt auch keine fiktive Einlage vor: Die Reinvestition der ausschüttungsgleichen Erträge durch den Fonds mag zwar wirtschaftlich einer Ausschüttung der Erträge mit anschließender Einlage in den Fonds ähneln, der Anteilseigner hat aber im Zeitpunkt der Thesaurierung keinen Anspruch auf Ausschüttungen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.3.2017 – I R 73/15

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