Jeder, der ein Handelsgewerbe betreibt, ist nach § 1 Abs. 1 HGB Kaufmann. Da die Rechtswirkung der Kaufmannseigenschaft hier automatisch und unmittelbar allein durch das Betreiben eines Handelsgewerbes eintritt, spricht man von einem Ist- bzw. Musskaufmann.

Wichtig: Eine Eintragung in das Handelsregister ist zwar gesetzlich vorgeschrieben (§ 29 HGB), fehlt sie jedoch, ändert dies nichts an der Kaufmannseigenschaft. Die Eintragung hat in diesem Falle nur deklaratorische Wirkung.

Voraussetzung für die Istkaufmannseigenschaft ist das Vorliegen eines Handelsgewerbes. Nach § 1 Abs. 2 HGB ist Handelsgewerbe

  • jeder Gewerbebetrieb,
  • der nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

2.1 Gewerbebetrieb

Die Gerichte haben den handelsrechtlichen Gewerbebegriff definiert als

  • erkennbar planmäßige auf Dauer angelegte,
  • selbstständige und
  • auf Gewinnerzielung ausgerichtete oder jedenfalls wirtschaftliche Tätigkeit am Markt unter Ausschluss freiberuflicher, wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeit (z. B. Rechtsanwälte und Ärzte).

Eine plan- und berufsmäßige Ausübung liegt dann vor, wenn für Dritte erkennbar eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt, die auf eine gewisse Dauer angelegt ist.

Beispiel: Verkauft jemand nur gelegentlich und unregelmäßig Waren auf Internetversteigerungsplattformen, ist er noch kein Gewerbetreibender. Der Abgrenzung ist hier allerdings oft schwierig.

Der Begriff der Selbstständigkeit ist in § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB definiert: Selbstständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Gewerbetreibende muss darüber hinaus die Absicht haben, mit seiner Tätigkeit einen Gewinn zu erzielen. Ob er ihn tatsächlich erzielt oder nicht, berührt die Kaufmannseigenschaft nicht. Es genügt die Absicht.

2.2 Kaufmännischer Geschäftsbetrieb

Die zweite Voraussetzung für das Vorliegen eines Handelsgewerbes i. S. d. § 1 Abs. 2 HGB ist, dass das Gewerbe eine kaufmännische Einrichtung erfordert. Ob diese tatsächlich vorhanden ist, ist unerheblich. Grundsätzlich wird bei jedem Gewerbe zunächst vermutet, dass dessen Ausübung auch einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.

Achtung: Diese gesetzliche Vermutung der Kaufmannseigenschaft muss der Unternehmer im Streitfall widerlegen. Er muss also darlegen und beweisen, dass er gerade keinen kaufmännischen Geschäftsbetrieb eingerichtet hat und somit nicht als Kaufmann zu behandeln ist.

Eine kaufmännische Einrichtung liegt u. a. dann vor, wenn

  • es eine kaufmännische Buchführung und Bilanzierung gibt,
  • eine kaufmännische Bezeichnung (Firma) geführt wird,
  • die Vertretung kaufmännisch geregelt wird,
  • es eine kaufmännische Haftung gibt.

Ab wann ein Unternehmen die Grenze zu einem erforderlichen kaufmännischen Geschäftsbetrieb überschreitet, ist nicht starr festgelegt. Kriterien für die Art der Geschäftstätigkeit sind z. B. umfangreiche Werbung, Lagerhaltung in größerem Umfang, Inanspruchnahme von Krediten, vielfältiges Waren- oder Leistungsangebot. Der Umfang der Geschäftstätigkeit lässt sich ablesen aus dem Umsatzvolumen, Anlage- und Umlaufvermögen, Größe des Geschäftslokals u.Ä.

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