Rz. 76

Allgemeine, für alle Kaufleute geltende Bewertungsgrundsätze sind in § 252 HGB enthalten. Diese Vorschriften gelten auch für Kapitalgesellschaften, und zwar sowohl für große als auch für mittelgroße und kleine Kapitalgesellschaften.

  • Grundsatz der formellen Bilanzkontinuität (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB): Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahres müssen mit denen der Schlussbilanz des vorhergehenden Geschäftsjahres übereinstimmen.
  • Grundsatz der Unternehmensfortführung (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB): Für die einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden ist nicht vom Einzelveräußerungspreis oder Liquidationswert auszugehen, sondern die einzelnen Posten sind nach dem "Going-Concern-Prinzip" zu bewerten.
  • Grundsatz der Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB): Vermögensgegenstände und Schulden sind am Abschlussstichtag einzeln zu bewerten. Für die Bewertung gleichartiger Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens darf vom Grundsatz der Einzelbewertung abgewichen werden (§ 256 Satz 2 HGB i. V. m. § 240 Abs. 3 und 4 HGB) und auch die Bildung von Bewertungseinheiten[1] ist zulässig (§ 254 HGB).
  • Prinzip der vorsichtigen Bewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB): Alle vorhersehbaren Risiken und Verluste sind in der Bilanz zum Abschlussstichtag zu berücksichtigen, auch wenn sie sich noch nicht realisiert haben. Aus dem Vorsichtsprinzip folgt das Imparitätsprinzip,[2] wonach nicht realisierte Verluste auszuweisen sind, nicht realisierte Gewinne jedoch nicht.
  • Grundsatz der Periodenabgrenzung (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB): Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres sind unabhängig von dem Zeitpunkt der tatsächlichen Zahlungen zu bilanzieren.
  • Grundsatz der Bewertungsstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB): Die bei dem vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden sind beizubehalten.

Nicht gesetzlich geregelt ist der Grundsatz der Wesentlichkeit, der aber aus dem Bilanzgrundsatz der Klarheit und Übersichtlichkeit abgeleitet werden kann. Dieser Grundsatz besagt, dass Sachverhalte von untergeordneter Bedeutung, die keinen Einfluss auf das Jahresergebnis und den Aussagewert der Rechnungslegung haben können, nicht in dem Jahresabschluss darzulegen sind.[3]

 

Rz. 77

Die allgemeinen Bewertungsvorschriften der §§ 253 ff. HGB gelten für alle Unternehmen; die speziellen Bewertungsvorschriften für Kapitalgesellschaften wurden gestrichen. Für die Wertansätze der einzelnen Vermögensgegenstände im Rahmen der Zugangsbewertung gilt nach § 253 Abs. 1 Satz 1 HGB i. V. m. § 255 HGB die Bewertung mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten,[4] vermindert um Abschreibungen.[5] Verbindlichkeiten sind zu ihrem Erfüllungsbetrag und Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen.[6] Soweit sich die Höhe von Altersversorgungsverpflichtungen ausschließlich nach dem beizulegenden Zeitwert von Wertpapieren richtet, ist dieser Zeitwert anzusetzen, soweit er einen garantierten Mindestbetrag übersteigt (§ 253 Abs. 1 Satz 3 HGB). Nach § 253 Abs. 2 HGB sind Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen 7 Geschäftsjahre abzuzinsen. Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen oder vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen hingegen sind mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen 10 Geschäftsjahre abzuzinsen und dürfen pauschal mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen 10 Geschäftsjahre abgezinst werden, der sich bei einer angenommenen Restlaufzeit von 15 Jahren ergibt. Es ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Bilanzansatz und der Verpflichtung berechnet mit dem durchschnittlichen Marktzins der letzten 7 Geschäftsjahre anzugeben (§ 253 Abs. 6 HGB).[7]

 

Rz. 78

Im Rahmen der Folgebewertung nach § 253 Abs. 3 HGB sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von zeitlich begrenzt nutzbarem Anlagevermögen um planmäßige Abschreibungen zu vermindern. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind über die voraussichtliche Nutzungsdauer zu verteilen. Bei voraussichtlich dauernder Wertminderung sind – unabhängig davon, ob die Nutzung zeitlich begrenzt ist – außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, um das Anlagevermögen mit dem niedrigeren beizulegenden Wert anzusetzen. Ein Geschäfts- oder Firmenwert stellt nach § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB einen zeitlich begrenzt nutzbaren Vermögenswert dar, welcher um planmäßige Abschreibungen zu vermindern ist. Kapitalgesellschaften sowie die in § 264a HGB bezeichneten offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften müssen die angenommenen Nutzungsdauern erläutern (§ 285 Nr. 13 HGB). Wenn für selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände oder einen erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert keine Nutzungsdauer verlässlich bestimmt werden kann, ist eine pauschale Abschreibungsdauer von 10 Jahren zu verwenden (§ 253 Abs. 3 HGB).

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