Rz. 9

Zum gleichen Endergebnis wie die originär abgeleitete führt aber auch die derivativ abgeleitete Kapitalflussrechnung, die nur auf Basis zweier aufeinanderfolgender Jahresabschlüsse erstellt werden kann. Dieses Verfahren ist sowohl unternehmensintern als auch -extern durchführbar.[1] Die Rechnung enthält aber im Einzelabschluss i. d. R. keine Zusatzinformationen, sondern stellt lediglich eine Umstrukturierung und Komprimierung der im Jahresabschluss gegebenen Informationen nach finanzwirtschaftlichen Gesichtspunkten dar.[2]

 

Rz. 10

Die derivative Ermittlung der Kapitalflussrechnung baut auf dem bereits erstellten Jahresabschluss auf. Hierfür muss gedanklich zunächst eine Veränderungsbilanz erstellt werden, die aus der Beständedifferenzenbilanz abgeleitet werden kann. Die Veränderungsbilanz resultiert aus den Salden der einzelnen Bestände zweier aufeinanderfolgender Stichtagsbilanzen. Diese Salden stellen zunächst einmal die sogenannte Beständedifferenzenbilanz dar.

 
Beständedifferenzenbilanz
Aktivzunahmen Passivzunahmen
Aktivabnahmen Passivabnahmen

Abb. 1: Schematische Darstellung der Beständedifferenzenbilanz

 

Rz. 11

Durch Umgliederung der negativen Beständedifferenzen auf die jeweils andere Seite der Bilanz ergibt sich ein Bewegungsbild,[3] wobei die ermittelten Bestandsdifferenzen als Mittelbewegungen interpretiert werden können, die die finanzwirtschaftlichen Vorgänge anzeigen. Die so erstellte Bewegungsbilanz kann vereinfacht wie folgt dargestellt werden:

 
Mittelverwendung Mittelherkunft
Aktivmehrungen Passivmehrungen
Passivminderungen Aktivminderungen

Abb. 2: Schematische Darstellung der Bewegungsbilanz

 

Rz. 12

Die Finanzflüsse sind jedoch noch nicht direkt aus der Bewegungsbilanz zu entnehmen, da beispielsweise Aktivminderungen auch durch nicht zahlungsbegleitete Abschreibungen verursacht sein können oder Passivminderungen statt Auszahlungen an Schuldner nicht zahlungsbegleitete Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen enthalten können. Es ist daher nötig, den in der Bewegungsbilanz unter Passivmehrung ausgewiesenen Jahresgewinn bzw. den unter Passivminderung ausgewiesenen Verlust durch die gesamten Positionen der Gewinn- und Verlustrechnung zu ersetzen, wobei zunächst die Aufwendungen als Mittelverwendung und die Erträge als Mittelherkunft klassifiziert werden.

 

Rz. 13

Bei ausreichender Detailliertheit der Untergliederung können jetzt die aus Abgrenzungsbuchungen resultierenden nicht zahlungsbegleiteten Vorgänge sowohl in der GuV als auch in der Bewegungsbilanz visualisiert werden. Da durch das System der doppelten Buchhaltung Kontenbewegungen stets Soll und Haben berühren, finden sich die zu eliminierenden nicht zahlungsbegleiteten Vorgänge sowohl auf der Mittelherkunfts- als auch auf der Mittelverwendungsseite. So stehen z. B. die o. g. aktivmindernden Abschreibungen, die zunächst fälschlich als Mittelherkunft interpretiert wurden, in der GuV unter den Aufwendungen, die zunächst als Auszahlungen und damit als Mittelverwendung klassifiziert wurden. Analog finden sich die Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen auf der Seite der Mittelherkunft und neutralisieren den Abbau der Rückstellungen als Mittelverwendung. Durch beidseitige Eliminierung dieser Vorgänge sind die tatsächlichen Finanzflüsse zu erhalten,[4] wobei die folgende Abbildung einen Überblick der Vernetzungen zwischen Erfolgs-, Bilanz- und Kapitalflussrechnung erlaubt.[5]

Abb. 3: Vernetzungen von Erfolgsrechnung, Bilanz und Kapitalflussrechnung

 

Rz. 14

Dabei sind auch zahlungslose Buchungen zwischen den Bestandskonten zu berücksichtigen. Dazu zählen etwa Buchungen im Zusammenhang mit der Abzinsung von Rückstellungen oder nur nach IFRS insbesondere die nicht zahlungsbegleiteten Wertänderungen der Vermögenswerte und Schulden, die ohne Beeinflussung der Gewinn- und Verlustrechnung direkt im Eigenkapital (sog. Other Comprehensive Income) erfasst sind.[6] Dies gilt insbesondere für die Bewertung von Wertpapieren nach IFRS 9 in der Kategorie erfolgsneutral zum beizulegenden Zeitwert im sonstigen Ergebnis, nach der Neubewertungsmethode nach IAS 16 und IAS 38 und für Cashflow-Hedges zum beizulegenden Zeitwert, für Währungsumrechnungsdifferenzen im Konzern bei Anwendung der modifizierten Stichtagskursmethode sowie für versicherungsmathematische Verluste und Gewinne aus der Bewertung von Pensionsverpflichtungen. Wertänderungen dieser Positionen sind pflichtgemäß erfolgsneutral im Eigenkapital zu erfassen.

 

Rz. 15

Die Berichtigung der Daten aus Bilanz und Erfolgsrechnung um zahlungsunwirksame Positionen kann sowohl direkt als auch indirekt geschehen. Bei der direkten Methode werden zur Ermittlung des Cashflows aus laufender Geschäftstätigkeit sämtliche Aufwendungen und Erträge, die beim Entstehen keinen Finanzmittelfluss bewirkt haben, eliminiert. Es werden demnach ausschließlich Erfolgsein- und Erfolgsauszahlungen erfasst und dargestellt. Bei der indirekten Erfassung werden die zahlungsunwirksamen Aufwendungen ausgehend von einer Gewinngröße addie...

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