3.1 Wann eine Pflichtmitgliedschaft besteht

Eine Pflichtmitgliedschaft ist die gesetzliche Verpflichtung für eine natürliche oder juristische Person, Mitglied einer Organisation zu werden. Die Pflichtmitgliedschaft ist nur in begründeten Fällen zulässig, da sie einen Eingriff in die Vertragsfreiheit darstellt.

Pflichtmitgliedschaften existieren vornehmlich in den folgenden Bereichen:

  • Freie Berufe: Rechtsanwaltskammern, Steuerberaterkammern, Wirtschaftsprüferkammer, Ärztekammer, Notarkammer, Architektenkammer, Landwirtschaftskammer usw.
  • Gewerbetreibende: Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer
  • Arbeitnehmerkammern im Saarland und Bremen.

3.2 Steuerberaterkammern – Pflichtmitgliedschaft

Die Steuerberaterkammer ist die örtlich zuständige Berufsvereinigung für Steuerberater. Steuerberaterkammern sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. In Deutschland existieren 21 Steuerberaterkammern, die zusammen die Bundessteuerberaterkammer bilden.

Aufgabe der Steuerberaterkammer ist die Kontrolle der Steuerberater. Im Fall des Vermögensverfalls muss sie die Zulassung widerrufen. In der Steuerberaterkammer besteht Pflichtmitgliedschaft.

Die Höhe des Beitrags setzen die einzelnen Steuerberaterkammern fest.

Besonderheiten bei Steuerberatungsgesellschaften

  • Gesellschafter dürfen nur Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer oder Steuerbevollmächtigte sein.
  • Mindestens ein Geschäftsführer muss Steuerberater mit Residenzpflicht am Sitz der Gesellschaft sein.

3.3 Rechtsanwaltskammern – Pflichtmitgliedschaft

Rechtsanwaltskammern sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie dienen der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft. Ziel ist die Sicherung der Anwaltschaft von staatlicher Einflussnahme.

Neben der Bundesrechtsanwaltskammer bestehen 28 regionale Rechtsanwaltskammern einschließlich der Rechtsanwaltskammer beim Bundesgerichtshof. An jedem Sitz eines Oberlandesgerichts gibt es eine Rechtsanwaltskammer.

Auch in der Rechtsanwaltskammer besteht Pflichtmitgliedschaft.

Pflichtmitglieder der Rechtsanwaltskammern sind die zugelassenen Rechtsanwälte, die Rechtsanwaltsgesellschaften und die Geschäftsführer der Rechtsanwaltsgesellschaften.

Die örtliche Mitgliedschaft richtet sich nach dem Ort der Rechtsanwaltszulassung bzw. dem Sitz der Gesellschaft.

3.4 Wirtschaftsprüferkammer- Pflichtmitgliedschaft und freiwillige Mitgliedschaft

Die Wirtschaftsprüferkammer ist eine Institution der beruflichen Selbstverwaltung. Sie ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie hat ihren Sitz in Berlin.

Es besteht Pflichtmitgliedschaft. Pflichtmitglieder sind

  • die bestellten Wirtschaftsprüfer,
  • die Mitglieder des Vorstands bzw. der Geschäftsführung von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften,
  • nach dem Partnerschaftsgesellschaftsgesetz verbundene Personen,
  • Geschäftsführer oder vertretungsberechtigte persönlich haftende Gesellschafter von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die nicht Wirtschaftsprüfer sind,
  • die anerkannten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie
  • vereidigte Buchprüfer und Buchprüfungsgesellschaften.

Freiwillige Mitglieder können werden die genossenschaftlichen Prüfungsverbände, die Sparkassen- und Giroverbände für die Prüfungsstellen sowie die überörtlichen Prüfungseinrichtungen für öffentliche Körperschaften.

3.5 Mehrfachbeitragspflicht bei Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern ist möglich

Ist ein Rechtsanwalt beispielsweise gleichzeitig Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer oder sogar beides, muss er doppelte bzw. 3-fache Pflichtbeiträge zahlen. Zur jeweiligen Berufskammer sind in diesem Falle die Beiträge ohne Anrechnung bzw. Aufteilung fällig.

3.6 Handwerkskammer – Pflichtmitgliedschaft

Sobald die gewerbliche handwerkliche oder handwerksähnliche Tätigkeit beim Ordnungsamt angemeldet ist, besteht Pflichtmitgliedschaft in der Handwerkskammer.

Eintragungspflichtig sind folgende gewerbliche Tätigkeiten:

  • zulassungspflichtige Handwerke – Vollhandwerke mit Meisterqualifikationspflicht,
  • zulassungsfreie Handwerke – Vollhandwerke ohne nachgewiesene Qualifikation sowie
  • handwerksähnliche Gewerbe.

Beitragspflichtig sind alle bei der Handwerkskammer eingetragenen natürlichen und juristischen Personen und Personengesellschaften. Die Verpflichtung zur Zahlung des Handwerkskammerbeitrags besteht unabhängig vom ausgeübten Gewerbe, der Betriebsgröße, der Rechtsform, der Anzahl der Mitarbeiter und der Umsatzhöhe.

3.7 Industrie- und Handelskammer – wann die Pflichtmitgliedschaft entsteht

Die Industrie- und Handelskammern sind berufsständische Körperschaften des öffentlichen Rechts. Alle Gewerbetreibenden und Unternehmen mit Ausnahme reiner Handwerksunternehmen, landwirtschaftliche Unternehmen und Freiberufler, die nicht ins Handelsregister eingetragen sind, gehören ihnen per Gesetz an. Die Pflichtzugehörigkeit tritt für Unternehmen ein, wenn sie zur Gewerbesteuer veranlagt werden und im Bezirk der betreffenden IHK eine Niederlassung, Betriebsstätte oder Verkaufsstelle unterhalten.

In Deutschland gibt es 79 Industrie- und Handelskammern.

Sog. Mischbetriebe sind sowohl in der IHK als auch in der Handwerkskammer Pflichtmitglieder. Unter Mischbetrieben versteht man beispielsweise Handwerksbetriebe, die auch ein Handelsgeschäft betreiben, wie z. B. ein Autohandel mit angeschlossener Werkstatt. Dieses Unternehmen ist mit dem Autogeschäft Mitglied in der IHK und mit dem handwerklichen Reparaturbetrieb Mitglied in der Handwerkskammer.

Die Pflichtmitgliedschaft wird s...

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