Rz. 1643

Wie bereits oben dargelegt, legitimiert § 311 AktG die nachteilige Einflussnahme auf eine beherrschte AG/KGaA unter der Bedingung des späteren Ausgleichs. Diese Norm regelt die Zulässigkeit der Benachteiligung der Untergesellschaft, sofern im Gegenzug diese Nachteile ausgeglichen werden.

Für den umgekehrten Fall, wenn eine GmbH als Untergesellschaft beherrscht wird, wird eine analoge Anwendung dieser Vorschriften ganz überwiegend abgelehnt, da das GmbH-Recht ausreichende Schutzmechanismen biete und die Erteilung von Weisungen der Gesellschafter an Geschäftsführer bereits in § 37 Abs. 1 GmbHG gesetzlich geregelt ist.[1] Der herrschende Gesellschafter einer GmbH wird vielmehr in seinem Handeln von der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht beschränkt: Danach ist er verpflichtet, der Gesellschaft und den anderen Gesellschaftern keinerlei Nachteile zuzufügen, es sei denn, alle Gesellschafter erteilen ihre Zustimmung. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied zum Aktienrecht, der eine analoge Anwendung der §§ 311ff. AktG verbietet. Es herrscht ein striktes Benachteiligungsverbot (auch sog. "Schädigungsverbot"[2]). Für den Begriff des Nachteils kann auf die Definitionen des Aktiengesetzes zurückgegriffen werden, so dass die Grundsätze der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht in der Praxis zu vergleichbaren Ergebnissen wie die Vorschrift des § 311 AktG führen. Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der Nachteilhaftigkeit sind ferner der satzungsmäßige Zweck der Gesellschaft sowie der Unternehmensgegenstand.[3] Trotz einer Zustimmung der Gesellschafter zu einer benachteiligenden Maßnahme sind außerdem jedenfalls alle solchen Maßnahmen verboten, die eine Beeinträchtigung des Stammkapitals (§§ 30, 31 GmbHG) hervorrufen oder die Gesellschaft in ihrem Bestand gefährden.[4]

 

Rz. 1644

Kommt es dennoch zu benachteiligenden Maßnahmen seitens des herrschenden Gesellschafters, so kann durch den Geschäftsführer oder bei dessen Untätigbleiben auch durch die einzelnen Gesellschafter im Wege der Unterlassungsklage gegen die Maßnahme vorgegangen werden.[5] Ist über die Maßnahme im Rahmen einer Gesellschafterversammlung Beschluss gefasst worden, können die Minderheitsgesellschafter diesen Beschluss anfechten (§ 243 AktG analog).

 

Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abschließen

Um den aus der faktischen Beherrschung resultierenden Treuepflichten und den damit verbundenen Folgen zu entgehen, sollte ein herrschender Gesellschafter stets einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Gesellschaft schließen, wenn mehrere Gesellschafter an der GmbH beteiligt sind.

[1] Emmerisch, in Scholz, Anh. § 13 GmbHG Rn. 68 ff. m. w. N.; Beurskens, in Baumbach/Hueck, KonzernR, Rn. 15.
[2] BGH, Urteil v. 5.6.1975, II ZR 23/74, BGHZ 65 S. 15, 18 f.; auch "Schädigungsverbot", vgl. Liebscher, in MüKo-GmbHG, Anh. § 13 Rn. 403 ff.
[3] Habersack, in Emmerich/Habersack, Aktien-/GmbH-Konzernrecht, § 318 Anh. Rn. 23.
[4] Kiefner, in MüHa-GesR Band 3, § 68 Rn. 18.
[5] Kiefner, in MüHa-GesR Band 3, § 68 Rn. 18 f.

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