Rz. 1619

Ein Gewinnabführungsvertrag setzt voraus, dass sich die Gesellschaft verpflichtet, ihren gesamten Bilanzgewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen (§ 291 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. AktG). Hat die Obergesellschaft nur Anspruch auf einen Teil des Gewinns, handelt es sich um einen bloßen Teilgewinnabführungsvertrag (§ 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG), auf den die Sonderregelungen des Gewinnabführungsvertrages keine Anwendung finden.[1] Ein Geschäftsführungsvertrag, bei dem die Gesellschaft ihr Unternehmen für Rechnung eines anderen Unternehmens führt, wird gem. § 291 Abs. 1 Satz 2 AktG wie ein Gewinnabführungsvertrag behandelt.

Diese Vertragsformen sind bei der GmbH ebenfalls anerkannt und wiederum in entsprechender Anwendung der aktiengesetzlichen Normen zu behandeln.

 

Rz. 1620

Sofern Minderheitsgesellschafter vorhanden sind und ein Ausnahmefall vorliegt, der diesen Minderheitenschutz erforderlich macht, muss der Gewinnabführungsvertrag folgende Merkmale (Mindestinhalt) aufweisen:

wobei auch hier die §§ 304, 305 AktG wie beim Beherrschungsvertrag nur dann analoge Anwendung finden, wenn eine entsprechende Mehrheitsklausel vorhanden ist und nicht alle Gesellschafter zustimmen.

 

Rz. 1621

Für die Rechtsfolgen bei Fehlen dieses Mindestinhaltes gelten die bereits oben zum Beherrschungsvertrag beschriebenen Regelungen (Anfechtbarkeit bei Fehlen von Ausgleichsregelungen; Anspruch auf angemessene Abfindung bei Fehlen der Abfindungsregelung).

Im Unterschied zum Beherrschungsvertrag besteht kein Weisungsrecht gem. § 308 AktG analog und bestehen folglich auch keine Schadensersatzpflichten bei rechtswidrigen Weisungen entsprechend §§ 309f. AktG.

 

Beispiel für einen Gewinnabführungsvertrag:

Muster IX, 2

 

Rz. 1622

Der Schutz der außenstehenden Gesellschafter richtet sich – wie beim Beherrschungsvertrag – nur unter den entsprechenden Voraussetzungen nach §§ 304f. AktG, wird aber im Regelfall durch das Einstimmigkeitserfordernis beim Zustimmungsbeschluss erreicht. Außerdem richtet sich die Sicherung der GmbH und ihrer Gläubiger nach den gleichen Vorschriften wie beim Beherrschungsvertrag (§§ 300ff. AktG analog). Aufgrund der Pflicht, Verluste gem. § 302 AktG (analog) auszugleichen, wird der Vertrag auch als "Ergebnisübernahmevertrag" bezeichnet, um zu verdeutlichen, dass die Obergesellschaft nicht nur Gewinne, sondern auch Verluste übernimmt.[2]

 

Rz. 1623

Der abzuführende Gewinn wird durch einen Höchst- und einen Mindestbetrag begrenzt. Einerseits begrenzt § 301 AktG (analog) die Gewinnabführung der Höhe nach: Vom Jahresüberschuss sind ein etwaiger Verlustvortrag aus dem Vorjahr und der nach § 268 Abs. 8 HGB ausschüttungsgesperrte Betrag abzuziehen. Mangels Bestehen einer gesetzlichen Rücklage bei der GmbH ist ein solcher Betrag, der gem. § 300 AktG in die gesetzliche Rücklage einzustellen wäre, nicht zu berücksichtigen. Andererseits darf die Gewinnabführung – soweit eine steuerliche Organschaft bezweckt wird – einen gewissen Mindestbetrag nicht unterschreiten. Denn gem. § 14 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 17 KStG dürfen Beträge aus dem Jahresüberschuss nur insoweit in die Gewinnrücklage (§ 272 Abs. 3 HGB) eingestellt und damit der Gewinnabführung entzogen werden, als dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet ist.

 

Rz. 1624

Darüber hinaus können gem. § 301 Satz 2 AktG analog Beträge, die in andere Gewinnrücklagen eingestellt worden sind, entnommen und als Gewinn abgeführt werden. Nach h. M. kann die Obergesellschaft dies nur verlangen, wenn ihr ein entsprechendes Recht im Vertrag eingeräumt wird.[3] Beträge, die als Kapitalrücklage i. S. v. § 272 Abs. 2 HGB ausgewiesen worden sind, können dagegen nicht in späteren Jahren als Gewinn an die Obergesellschaft abgeführt werden, weil § 301 Satz 2 AktG die Entnahme und Abführung abschließend nur für "andere Gewinnrücklagen" zulässt.[4]

 

Rz. 1625

In der Praxis kommt der Gewinnabführungsvertrag häufig aus steuer­lichen Gründen vor. Bei einer sog. "steuerlichen Organschaft" gem. §§ 14ff. KStG können die Gewinne und Verluste der Konzernunternehmen ("Organgesellschaften") miteinander auf der Ebene der Muttergesellschaft ("Organträger") verrechnet werden, um die Körperschaftssteuer zu reduzieren. Dies setzt insb. Folgendes voraus:

  • dem Organträger muss an der Organgesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte zustehen (finanzielle/organisatorische Eingliederung, § 14 Abs. 1 Nr. 1, i. V. m. § 17 KStG),
  • der Gewinnabführungsvertrag muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen sein und während der gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden (§ 14 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 17 KStG),[5]
  • die Gewinnabführung darf den in § 301 AktG genannten Betrag nicht überschreiten (§ 17 Satz 2 Nr. 1 KStG),
  • eine Verlustübernahme ist durch Verweis auf die Vorschrift des § 302 AktG in seiner jeweils gü...

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