Rz. 1615

Entsprechend § 309 Abs. 2 AktG haften die gesetzlichen Vertreter der herrschenden Gesellschaft gegenüber der Untergesellschaft auf Schadensersatz, wenn sie bei der Erteilung von Weisungen die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters verletzen und der Untergesellschaft dadurch ein Schaden entsteht. Diese Haftung setzt voraus, dass die Weisung rechtswidrig war, d. h. die oben genannten Schranken nicht einhält:[1] So führen beispielsweise nachteilige Weisungen nicht zu einer Schadensersatzhaftung, wenn sie den Belangen des herrschenden Unternehmens i. S. v. § 308 Abs. 1 Satz 2 AktG dienen.

Daneben kommt eine Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung von Pflichten aus dem Beherrschungsvertrag in Betracht.

 

Rz. 1616

Der Anspruch kann nicht nur von der Untergesellschaft, sondern gem. § 309 Abs. 4 Satz 1 AktG analog auch von jedem Gesellschafter geltend gemacht werden, wobei diese nur Leistung an die Gesellschaft fordern dürfen (gesetzliche Prozessstandschaft).[2] Demgegenüber sind die Gläubiger der Gesellschaft gem. § 309 Abs. 4 Satz 3 AktG analog berechtigt, Zahlung an sich zu verlangen, soweit sie von ihr keine Befriedigung erlangen können. Ist das Insolvenzverfahren über die Untergesellschaft eröffnet, so übt der Insolvenzverwalter während dessen Dauer das Recht der Gesellschafter und der Gläubiger aus (§ 309 Abs. 4 Satz 5 AktG analog).

 

Rz. 1617

Gem. § 310 Abs. 1 Satz 1 AktG analog haften die Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft als Gesamtschuldner neben der herrschenden Gesellschaft und den Geschäftsführungsorganen, wenn sie ihre Pflicht, die Weisungen des herrschenden Unternehmens auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen und die Ausführung ggf. zu verweigern, verletzen. Da die Befolgung einer Weisung in die Zuständigkeit der Geschäftsführung fällt (vgl. § 308 Abs. 1 Satz 1 AktG analog), ist diese immer verpflichtet, die Rechtmäßigkeit der Weisung zu prüfen und im Falle der Rechtswidrigkeit ihre Befolgung zu verweigern. Der ggf. vorhandene Aufsichtsrat haftet neben der Geschäftsführung bei entsprechender Pflichtverletzung, § 310 Abs. 1 Satz 1 AktG analog.[3] Ist es entweder nicht offensichtlich oder nicht nachweisbar, dass der Weisung eine sachliche Rechtfertigung fehlt, so darf die Geschäftsführung die Weisung entsprechend § 308 Abs. 2 AktG befolgen; eine Schadensersatzpflicht ist ausgeschlossen.

 

Haftungsfreistellung

Um diesem Haftungsrisiko zu begegnen, kann im Beherrschungsvertrag eine Haftungsfreistellung zugunsten der Geschäftsführer der beherrschten Gesellschaft vereinbart werden.

(vgl. Muster IX, 1 in Ziff. 3)

 

Rz. 1618

Es lassen sich drei unterschiedliche Arten von Weisungen unterscheiden:

 
Art der Weisung Folgepflicht Schadensersatzhaftung
Rechtmäßige Weisung, die die Grenzen der gesetzlichen Regelungen und des Gesellschaftsvertrages einhält und – soweit nachteilhaft – aufgrund eines Interesses der Obergesellschaft gerechtfertigt ist. Ja keine
Nachteilhafte Weisung, die nicht sachlich gerechtfertigt ist. Dass der Obergesellschaft ein Interesse an der Weisung fehlt, ist aber für die Geschäftsführer der Untergesellschaft entweder nicht offensichtlich oder nicht nachweisbar. Ja der Geschäftsführung der Obergesellschaft
Weisung, die offensichtlich nicht durch ein Interesse der Obergesellschaft gerechtfertigt oder wegen Verstoßes gegen eine der Grenzen rechtswidrig ist. Nein, Geschäftsführung muss Ausführung der Weisung verweigern der Geschäftsführung der Ober- und der Untergesellschaft
[1] Koppensteiner, in KK-AktG, § 309 Rn. 11 m. w. N.
[2] Emmerich, in Scholz, Anh. § 13 GmbHG Rn. 184.
[3] Liebscher, in MüKo-GmbHG, Anh. § 13 Rn. 844.

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