Rz. 618

Die Anfechtungsbefugnis verliert, wer sein Recht missbraucht. Eine Anfechtungsklage wird damit unbegründet.[1] Praktischer Hauptanwendungsfall sind Anfechtungsklagen, die ausschließlich erhoben werden, um sich den Lästigkeitswert der Klage "abkaufen" zu lassen, d. h. um einen individuellen Vorteil zu erzielen oder um die Anfechtungsklage in anderer Weise als Druckmittel einzusetzen.[2] Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Klage auf Gründe gestützt wird, die der Gesellschafter zuvor in eigenem Interesse ganz anders gesehen hat.[3]

 

Beweislast bei der Gesellschaft

Die Beweislast für eine eigennützige Interessenverfolgung, die den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs begründet, liegt bei der Gesellschaft.[4]

[1] BGH, Urteil v. 15.6.1992, II ZR 173/91, AG 1992, 448 [zur AG]; Bayer, in Lutter/Hommelhoff, Anh. § 47 Rn. 82; Wertenbruch, in MüKo-GmbHG, Anh. § 47 Rn. 279.
[2] BGH, Urteil v. 14.10.1991, II ZR 249/90, GmbHR 1992 S. 264 [zur AG]; Nicht missbräuchlich ist eine Klageerhebung allein deshalb, weil der Kläger für den später angefochtenen Beschluss gestimmt hat. Hinzu kommt u. U. ein Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter aus § 826 BGB, siehe OLG Frankfurt, Urteil v. 13.1.2009, 5 U 183/07, AG 2009 S. 200, 201; bestätigt durch BGH, Beschluss v. 10.8.2010, VI ZR 47/09, AG-Report 2010, R407 [jeweils zur AG]. Jedoch keine Ersatzpflicht gegenüber Dritten, z. B. für Schäden im Zusammenhang mit vertraglichen Beziehungen zur Gesellschaft, s. OLG Hamburg, Urteil v. 20.10.2010, 11 U 217/09, AG 2011 S. 301, 302. S. dazu auch Schatz, Der Missbrauch der Anfechtungsbefugnis durch den Aktionär und die Reform des aktienrechtlichen Beschlussmängelrechts, 2012 [jeweils zur AG].
[3] In einem konkreten Fall hatte ein Gesellschafter ein Übernahmeangebot hinsichtlich seines Geschäftsanteils mit der Begründung abgelehnt, dies sei zu niedrig, und sich danach gegen das gleiche, nach seiner Argumentation zu hohe Einziehungsentgelt für andere Gesellschafter zur Wehr gesetzt; siehe OLG Hamm, Urteil v. 18.1.1993, 8 U 90/92, GmbHR 1994 S. 256; Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 161.
[4] So etwa OLG Nürnberg, Urteil v. 20.9.2006, 12 U 5800/04, AG 2007 S. 295, 296. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten eines Aktionärs ist für jeden Einzelfall festzustellen, siehe KG, Urteil v. 29.10.2010, 14 U 96/09, AG 2011 S. 299, 300 [jeweils zur AG].

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