Rz. 482

Die Bestellung eines Versammlungsleiters ist im GmbH-Recht nicht vorgesehen. Ein Versammlungsleiter ist nur dann zwingend, wenn die Satzung eine entsprechende Regelung enthält. Sieht die Satzung die Position eines Versammlungsleiters nicht vor, kann die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit einen Versammlungsleiter bestimmen. Die Position eines so bestimmten Versammlungsleiters ist allerdings eher schwach. Soll ein Versammlungsleiter das Recht haben, (auch und gerade in Streitfällen) Beschlüsse verbindlich festzustellen, bedarf es dazu einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag oder der Zustimmung aller anwesenden Gesellschafter (siehe dazu näher unten Rn. 491).

 

Rz. 483

Vor diesem Hintergrund sollte in jeden Gesellschaftsvertrag eine Regelung darüber aufgenommen werden, dass Gesellschafterversammlungen von einem Versammlungsleiter geleitet werden und wie der Versammlungsleiter bestimmt wird. In einfachen Fällen genügt die Bestimmung, dass die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit einen Versammlungsleiter wählt. Der Versammlungsleiter muss eine natürliche Person sein, die in der Lage ist, dem Verlauf der Versammlung zu folgen und ihren ordnungsgemäßen Ablauf zu ermöglichen. Kenntnisse der deutschen Sprache sind nicht erforderlich, wenn eine Simultan-Übersetzung gewährleistet ist.[1] Die Versammlungsleitung kann einer der anwesenden Gesellschafter übernehmen; denkbar ist aber auch, einen Geschäftsführer oder einen außenstehenden Dritten (etwa den Rechtsberater der Gesellschaft) mit der Versammlungsleitung zu beauftragen. Der Versammlungsleiter muss weder Gesellschafter sein noch einem ggf. bestehenden Aufsichtsrat angehören. Wird eine Gesellschafterversammlung notariell protokolliert, ist der protokollierende Notar von der Versammlungsleitung ausgeschlossen.[2]

 

Rz. 484

Bei zwei Gesellschaftern mit je 50 % der Stimmen empfiehlt sich, eine Regelung für den Fall aufzunehmen, dass eine Einigung über die Person des Versammlungsleiters nicht zustande kommt. Denkbar ist beispielsweise, dass die Gesellschafter sich bei der Versammlungsleitung abwechseln, dass stets der an Lebensjahren älteste Anwesende oder der älteste anwesende Geschäftsführer die Versammlungsleitung übernimmt.

 

Rz. 485

Für die Abwahl des Versammlungsleiters ist zu differenzieren:

  • Ist der Versammlungsleiter durch den Gesellschaftsvertrag bestimmt, kann er durch satzungsändernden Beschluss gem. § 53 Abs. 2 GmbHG oder - sofern der Gesellschaftsvertrag eine solche Möglichkeit einräumt – mit einfacher Mehrheit aus wichtigem Grund von der Gesellschafterversammlung abberufen werden;
  • Handelt es sich bei der Versammlungsleitung um ein im Gesellschaftsvertrag verankertes Sonderrecht eines Gesellschafters, so ist zur Abwahl dessen Zustimmung zwingend erforderlich[3] und
  • Hat die Gesellschafterversammlung den Versammlungsleiter gewählt, kann sie ihn mit einfacher Mehrheit auch wieder abwählen, ohne dass dafür ein Grund vorliegen müsste.

Ein Antrag auf Abberufung muss als Antrag zur Geschäftsordnung zur Abstimmung gestellt werden; unterlässt der Versammlungsleiter diese Abstimmung, sind die anschließend gefassten Beschlüsse nichtig oder zumindest anfechtbar.[4] Allerdings stellt auch die zu Unrecht erfolgte Abberufung des Versammlungsleiters einen Anfechtungsgrund dar.

 

Rz. 486

Die Aufgabe eines Versammlungsleiters besteht darin, die Gesellschafterversammlung zu eröffnen und zu schließen sowie die Beratung und Abstimmungen zu leiten. Ihm stehen alle Rechte zu, die erforderlich sind, um einen ordnungsgemäßen Ablauf der Gesellschafterversammlung zu gewährleisten.

 

Aufgaben des Versammlungsleiters

  • Eröffnung und Schließung der Gesellschafterversammlung;
  • Prüfung und Feststellung der Ordnungsmäßigkeit der Einberufung;
  • Zulassung oder Nichtzulassung von Teilnehmern;
  • Überprüfung von Vollmachten, Zulassung von Stellvertretern;
  • Prüfung von Stimmverboten;
  • Zulassung von Gästen;
  • Entscheidung über Tonband- und Filmaufzeichnungen;
  • Entscheidung über die Reihenfolge von mehreren Anträgen zum selben Tagesordnungspunkt;
  • Entscheidung über Vorverlegung oder Zurückstellung von Tagesordnungspunkten aus sachlichen Gründen;
  • Erteilung des Worts, ggf. Beschränkungen der Redezeit;
  • Zulassung von Fragen und Redebeiträgen in einer Fremdsprache;
  • Entscheidung über die Art der Abstimmung;
  • Ermittlung des Abstimmungsergebnisses und Berücksichtigung von Stimmverboten und Mehrheitserfordernissen;
  • Beschlussfeststellung;
  • Ordnungsmaßnahmen, z. B. Saalverweis bei Störungen, und
  • Protokollierung (falls nicht notarielles Protokoll erforderlich oder die Protokollierung in der Satzung gesondert geregelt ist).
 

Rz. 487

Wer die Leitung einer Gesellschafterversammlung übernimmt, sollte sich im Vorfeld mit den Rechten und Pflichten des Versammlungsleiters, mit den Tagesordnungspunkten und potenziellen Störungen vertraut machen.

 

Leitfaden ausarbeiten

Bei einem größeren Gesellschafterkreis und bei strittigen Tagesordnungspunkten sollte sich der Versammlungsleiter – wie bei einer Aktieng...

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